Fußball
News melden
Nachrichten

Explosive Post bei Lidl und Wild: Gutachter entlastet Angeklagten und weckt viele Zweifel  (Update)

0 19

		Explosive Post bei Lidl und Wild:  Gutachter entlastet Angeklagten und weckt viele Zweifel  (Update)

Von Alexander Albrecht

Heidelberg. Wer hat denn nun am 15. Februar die Postfiliale in der Ulmer Rosengasse betreten und die explosiven Päckchen an drei Lebensmittelkonzerne aufgegeben? Der bisherige Prozessverlauf am Heidelberger Landgericht nährt Zweifel, dass es sich bei dem vermummten Mann um den angeklagten Klaus S. handelte. Auch der Anthropologie-Professor Wilhelm Rösing entlastet am Freitag den Rentner. Für sein Gutachten hat er zwei Aufnahmen von Überwachungskameras miteinander verglichen: Die eine zeigt den Paketbomber in der Post-Zweigstelle nahe des Münsters, die andere Klaus S. in der DHL-Zweigstelle im Stadtteil Wiblingen, wo er auch wohnt.

Rösings Fazit: "Beide sind höchstwahrscheinlich nicht identisch." Das, obwohl nur die Hälfte seiner 16 Unterscheidungskriterien "einigermaßen sicher" seien, wie der Sachverständige einräumt, und viele seiner Erkenntnisse auf subjektiven Erfahrungen beruhten. Manche seiner Kollegen trauten sich deshalb in ähnlichen Fällen nicht, eine Einschätzung abzugeben. Was die Untersuchung besonders schwierig machte: Der Paketbomber trug Brille, einen Schal, eine Schiebermütze und eine FFP2-Maske, die Mund und Nase verdeckte. In der Filiale war es dunkel, die Videoaufzeichnungen von damals sind unscharf.

Rösing will erkannt haben, dass sich Klaus S. leicht und federnd bewegt, der Paketbomber dagegen schwerfällig. Detail am Rande: Der Rentner engagiert sich ehrenamtlich für Behinderte – und schlüpfte schon in deren Rollen, um Handicaps aufzuzeigen. Einer wie er könnte also auch seinen Gang verändern. Abgesehen davon attestierte der Sachverständige Unterschiede bei den Ohren. Jene von Klaus S. seien länger, dagegen überrage der Paketbomber den Angeklagten bei der Körpergröße "um eine Handbreit". Und: Der "richtige" Täter habe ein breiteres Gesicht und abfallende Schultern. Nur in einem Punkt sieht Rösing Parallelen: "Beide haben einen Bauchansatz".

Die schriftliche Stellungnahme Rösings liegt den Verfahrensbeteiligten seit wenigen Wochen vor und gab letztlich den Ausschlag dafür, dass das Gericht Klaus S. vorzeitig aus der Untersuchungshaft entließ. Aus Sicht der Kammer bestand kein dringender Tatverdacht mehr.

Das Landeskriminalamt (LKA) in Stuttgart hält Rösings Expertise in einer Erwiderung ebenso für fragwürdig wie die Hamburger Anthropologin Sabine Ohlrogge, die im Auftrag der Staatsanwaltschaft ein "Gegengutachten" erstellt hat. Der Vorsitzende Richter Markus Krumme hält Rösing die wesentlichen Passagen aus den zwei Stellungnahmen vor. Das LKA verweist auf die "Hell-Dunkel-Unterschiede" in den Videos.

Deshalb könne Rösing nicht belegen, dass der Paketbomber im Vergleich zum Angeklagten weiße Haare habe. Ohlrogge stört sich unter anderem an der Aufnahmeposition der Kameras, den Ausführungen zum Gang der Männer und der schlechten Bildqualität. Ihrer Meinung nach gibt es sogar Merkmale, die sich ähnelten.

Rösing kontert, man dürfe die vielen Hinweise auf fehlende Übereinstimmungen nicht unter den Tisch fallen lassen. Das reicht Oberstaatsanwalt Lars-Jörgen Geburtig nicht. Er sagt: Der Mann in der Postfiliale in der Ulmer Rosengasse wollte nicht erkannt werden und hätte sich verstellen können. Rösing will das nicht ausschließen. "Darauf kann ich reinfallen", meint er. Aber auch: "Ohrläppchen kann man nicht verstellen."

In seiner Einlassung zu Beginn des Verhandlungstages kritisiert Jörg Becker, der Verteidiger von Klaus S., die Staatsanwaltschaft. Diese habe nach der Haftentlassung beim Gericht beantragt, den Angeklagten dauerhaft zu observieren und außerhalb seiner Wohnung abzuhören. Das habe die Kammer abgelehnt. Doch statt die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen, hätten die Ankläger weiter ermittelt und das "Gegengutachten" auf den Weg gebracht. Becker rief die Staatsanwaltschaft dazu auf, wieder ihrem Anspruch als "objektivste Behörde der Welt" gerecht zu werden.

Update: Freitag, 22. Oktober 2021, 18.15 Uhr


Gutachter entlastet Angeklagten

Heidelberg. (dpa) Unterschiede beim Gang und bei der Breite und Höhe des Gesichts und den Ohrläppchen: Im Prozess um explosive Postsendungen an mehrere Lebensmittelfirmen in Baden-Württemberg und Bayern hat ein Sachverständiger der Verteidigung erhebliche Zweifel an der Täterschaft des 66 Jahre alten Angeklagten geäußert. Der sei nicht die Person, die auf Aufnahmen in einer Poststelle in Ulm zu sehen sei, sagte der anthropologische Gutachter am Freitag vor dem Landgericht Heidelberg. "Beide sind höchstwahrscheinlich nicht identisch." Die Staatsanwaltschaft und die Nebenklage zweifelten hingegen die Aussagen des Experten an.

Der Angeklagte ist auf freiem Fuß, weil kein dringender Tatverdacht mehr besteht. Er hatte zum Prozessauftakt die Tat bestritten. Der Gutachter sollte im Auftrag der Verteidigung nach einem Abgleich von Körpermerkmalen feststellen, ob ein Video aus der Überwachungskamera den Angeklagten zeige. Basis ist die Aufnahme eines Mannes in einer Poststelle, in der die Paketbomben aufgegeben worden waren. Dieser habe einen langsamen und schwerfälligen Gang, sagte der Sachverständige. "Der Angeklagte hat einen leichten und geraden Gang." Er sei federnd unterwegs. Außerdem habe er gerade Schultern. Der Mann auf dem Video, der eine FFP2-Maske, eine Brille, einen Schal und eine Kappe trug, habe hingegen abfallende Schultern. Beide hätten einen leichten Bauchansatz.

Der Staatsanwalt zweifelte die Aussagen des Sachverständigen an. "Der Mensch in der Postfiliale will nicht erkannt werden", sagte er. Außerdem könne er sich verstellen. Der Gutachter räumte dies ein und sagte: "Da kann ich darauf reinfallen." Aber Ohrläppchen könne man nicht verstellen. Hier gebe es Unterschiede bei den Ohrtrichtern. Auch der vorsitzende Richter fragte kritisch nach. "Wie kann man die Breite eines Gesichts beurteilen? Der Postkunde trägt eine Maske." Der Sachverständige sagte, er treffe seine Einschätzungen gleichfalls aufgrund von Erfahrungen.

Der Richter zitierte eine andere Expertin, die meinte, dass das Bildmaterial nicht gut genug sei für Aussagen über einen Identitätsausschluss. Ihrer Meinung nach gebe es eher Merkmale, die sich ähnelten. Der Gutachter der Verteidigung meinte hingegen, so viele Hinweise auf die fehlende Übereinstimmung der beiden Männer dürfe man nicht einfach unter den Tisch kehren. Vor der Vernehmung des Experten hatte ein Polizist aus Ulm ausgesagt. Er berichtete von der Festnahme des Mannes. Dieser habe schon damals erklärt, dass er unschuldig sei und sich nichts vorzuwerfen habe.

Der 66-Jährige wurde Mitte Februar festgenommen. Die Anklage wirft dem Mann das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, gefährliche Körperverletzung und versuchte schwere Körperverletzung vor. Sie ging bislang davon aus, dass er die Sprengvorrichtungen selbst gebaut hat. Der Rentner habe Geld von den Firmen erzwingen wollen.

Die Serie der explosiven Postsendungen hatte am 16. Februar in Eppelheim begonnen. Dort war in der Warenannahme des Getränkeherstellers ADM Wild ein Mann durch eine Verpuffung verletzt worden, als er ein Paket annahm. Am Folgetag kam es beim Öffnen eines Briefes in der Lidl-Zentrale in Neckarsulm zu einer Explosion mit drei Verletzten. Ein drittes Paket, das an den Babynahrungshersteller Hipp im oberbayerischen Pfaffenhofen an der Ilm adressiert war, wurde in einem Paketverteilzentrum am Flughafen München abgefangen.

Update: Freitag, 22. Oktober 2021, 14.41 Uhr


Die Konzerne wurden vor den Anschlägen erpresst

Von Alexander Albrecht

Heidelberg. Zwei Paketbomben sind Mitte Februar bei ADM Wild in Eppelheim und in der Neckarsulmer Lidl-Zentrale explodiert. Vier Menschen verletzten sich schwer. Eine dritte, an Hipp gerichtete Sendung, konnten die Ermittler gerade noch rechtzeitig abfangen. Ein Beamter des Landeskriminalamts (LKA) hat jetzt vor dem Heidelberger Landgericht ausgesagt, dass die Unternehmen zuvor erpresst worden waren. Danach meldete sich 2019 beziehungsweise 2020 ein Unbekannter per E-Mail bei den Konzernen. Und drohte damit, in Köln, Berlin und Mainz vergiftete Produkte der Firmen zu verbreiten, an zwei Standorten in Unterkünften für Geflüchtete.

Damit dies nicht passiere, verlangte die Person von den Unternehmen, jeweils einen Millionenbetrag auf ein angegebenes Bitcoin-Konto zu überweisen. Die Konzerne gingen nicht auf die Forderungen ein – und der Unbekannte setzte seine Drohungen nicht in die Tat um. Die Verbindung zu den Sprengstoffanschlägen zog das LKA daraus, dass sich an den Bomben Metallplättchen befanden, in die ein Zahlencode eingeritzt war. Ein Teil des Codes entsprach der Nummer des Bitcoin-Kontos.

Und dieses soll nach Überzeugung der Ermittler Klaus S., der Angeklagte im laufenden Paketbomben-Prozess, oder ein eventueller Komplize eröffnet haben. Die Beamten fanden heraus, dass der Rentner aus Ulm mit seiner Frau in Köln und Berlin in Hotels eincheckte, die nicht weit von den Orten entfernt lagen, wo die vergifteten Lebensmittel verbreitet werden sollten. Nach Angaben des LKA-Manns hatte der Erpresser angekündigt, Capri-Sun-Beuteln das Heroin-Ersatzmittel Methadon oder Glykole – reizen Schleimhäute sehr stark und verursachen schlimme Schäden – beizumischen. Und ein Paket mit den Trinktüten auf der Treppe einer Asylunterkunft abzulegen.

Klaus S., der sich jahrelang in der Flüchtlingsarbeit engagierte, gab an, damals auf der Reise zum Urlaubsort an der Mosel mit seiner Frau in Köln einen Zwischenstopp eingelegt zu haben. Das lässt sich nachweisen – nicht aber, dass er an der Unterkunft war. Und abgesehen davon: Zu diesem Zeitpunkt lag die Erpressungsmail schon ein Jahr zurück.

In Berlin buchten die Eheleute – ebenfalls zeitlich versetzt – ein Zimmer in einem Hotel, ihre Handydatenspur ließ sich ansonsten aber nur auf einen chinesischen Supermarkt lokalisieren. Und Mainz? Wie der LKA-Mann sagt, liegt die die Stadt auf der ICE-Strecke zwischen München und Dortmund. Auf der Trasse gebe es verschiedene Ankerpunkte von Klaus S., zum Beispiel Ulm. In der Postfiliale seiner Heimatstadt soll er am 15. Februar die Päckchen an die Konzerne versandt haben. Doch auch dafür fehlen handfeste Beweise. Seine Handydaten zeigten für diesen Tag an, dass Klaus S. am Morgen einkaufen, mit dem Auto bei der Werkstatt und schließlich im Wald spazieren war. In den für den Tatablauf entscheidenden Folgestunden lag das Smartphone bei ihm zu Hause im Ulmer Stadtteil Wiblingen. Und dort will sich auch der Angeklagte aufgehalten haben – allerdings gibt es niemanden, der das bezeugen kann.

Jörg Becker, einer der beiden Verteidiger von Klaus S., hält die von den Ermittlern hergestellten Verbindungen seines Mandanten zu den Erpressungen und den drei Städten für konstruiert. Außerdem habe der Rentner noch nie Bitcoins genutzt, was sich anhand der Daten auf seinem beschlagnahmten Laptop und dem Tablet auch belegen ließe.

An den drei Päckchen mit den Bomben hatten mehrere Katzenhaare angehaftet. Klaus S. hat keine Katzen, deshalb entnahmen Polizisten Haare von sechs Vierbeinern aus dem Umfeld des Ulmers und ließen diese beim LKA unter die Lupe nehmen. Das Ergebnis: Bei drei Katzen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Haare mit denen der Verpackungen übereinstimmen. Kann.

Klar ist dagegen eines: Die sichergestellten Metallteile an den Bomben sind mit ein und demselben Werkzeug bearbeitet worden. Deshalb beschlagnahmten die Ermittler bei der Durchsuchung des Hauses von Klaus S. mehrere unterschiedliche Zangen. Doch auch in diesem Fall landete die Polizei keinen Treffer.

Update: Montag, 18. Oktober 2021, 21.30 Uhr


Ein Schal gibt Rätsel auf

Trug der Angeklagte früher ein auffälliges Kleidungsstück?

Heidelberg. (alb) Im Heidelberger Paketbombenprozess haben am Freitagnachmittag frühere Arbeitskollegen des angeklagten Rentners und ein Modellsammler ausgesagt. Ein Mann, der mit dem heute 66-Jährigen bei einem Fahrzeughersteller in Ulm zusammengearbeitet hatte, belastete Klaus S. Er könne sich zu "hundert Prozent" an den dicken, beigen Schal mit dem auffälligen Muster erinnern, den der Täter bei der Aufgabe der explosiven Päckchen an die Lebensmittelkonzerne ADM Wild, Lidl und Hipp trug.

Videokameras fingen die Szene in einer Ulmer Postfiliale ein. Den Schal will der Zeuge auch bei Klaus S. gesehen haben – allerdings bereits 2012. Sechs Jahre später ging der Angeklagte in den Ruhestand. Zwei weiteren Ex-Kollegen sagte das Kleidungsstück dagegen nichts. Der Schal war bei der Durchsuchung des Hauses von Klaus S. nicht gefunden worden. Ein vierter ehemaliger Kollege gab bei der Polizei an, die Art und Weise, wie der Mann bei der Post das Porto und einen Schokoriegel bezahlte, habe ihn an den Angeklagten erinnert.

Für Lacher sorgte der Zeuge, als er auf Nachfrage meinte: "Mir hat er noch kein Geld zugeschoben." Auch ein Mann, der wie Klaus S. Modelle sammelt, war sich bei seiner polizeilichen Vernehmung noch ganz sicher, den Schal bei dem Rentner gesehen zu haben. Vor Gericht verneint er dies.

Update: Sonntag, 17. Oktober 2021, 19.56 Uhr


Es riecht nach Freispruch im "Paketbomben-Prozess"

Von Alexander Albrecht

Heidelberg/Eppelheim. Hunde mögen noch so ein feines Näschen haben – dass die Tiere aber die Duftspur des im Fahrzeug transportierten Angeklagten von Ulm über Heidelberg bis ins Mannheimer Gefängnis nachschnüffeln können, halten zwei Gutachter am Freitag für Humbug. Die Sachverständigen zerstören vor Gericht die Aussagekraft des Einsatzes sogenannter Mantrailer-Hunde einer privaten Trainerin nach den Sprengstoffanschlägen auf die Lebensmittelkonzerne ADM Wild in Eppelheim und die Neckarsulmer Lidl-Zentrale.

Damit fällt eine der wichtigsten Säulen der Anklage in sich zusammen – und Klaus S. darf nach seiner vorzeitigen Haftentlassung darauf hoffen, auch nach dem Urteil ein freier Mann zu bleiben. Das Landeskriminalamt (LKA) hatte mehr als 30 Tage nach der Aufgabe der explosiven Post in einer Ulmer Postfiliale Mitte Februar die Mantrail-Hunde der Trainerin, im Hauptberuf Anästhesistin, an einem Wattestäbchen schnuppern lassen. Darauf befand sich eine Geruchsprobe des Klebebands einer an Lidl gerichteten Bombe. Fingerabdrücke oder DNA-Spuren des angeklagten Rentners fanden sich darauf nicht.

Die Tiere wurden an neuralgischen Punkten zwischen Ulm und Mannheim "ausgesetzt" und nahmen die mutmaßliche Fährte auf. Kai-Uwe Goos, Professor für Umweltchemie in Leipzig, stört sich schon daran, dass zwischen der Tat und dem Einsatz so viel Zeit verstrichen ist. "Alte Spuren sind auf keinen Fall abzuarbeiten", sagt er. Wissenschaftlichen Studien zufolge seien Erkenntnisse maximal in den ersten 36 bis 48 Stunden zu erwarten. Zudem seien der Beutel und darin das Röhrchen mit dem Wattestäbchen aus Plastik gewesen. "Das ist immer geruchsdurchlässig, außerdem können sich Geruchsmoleküle aus der Umwelt auf das Stäbchen setzen", so Goos, und die Probe verfälschen.

Nach Ansicht des Sachverständigen habe es bei der Spurensuche "gravierende Defizite" gegeben. So hätte es Goos für zwingend erforderlich gehalten, dass an den Einsatzorten der Tiere zur Kontrolle auch falsche Fährten gelegt worden wären. Stattdessen habe man die Hunde an Orten loslaufen lassen, von denen man wusste, dass sich der Angeklagte dort aufhielt oder sie vom Polizeitransporter mit dem 66-Jährigen passiert wurden.

"Unprofessionell und grob fehlerhaft" nennt es der Wissenschaftler, dass die Trainerin die Belastbarkeit der Ergebnisse nicht durch mit den Ermittlern vereinbarte Experimente überprüft, ja die Hunde nicht einmal auf die aktuelle Einsatzsituation vorbereitet habe. Die Frau verwies vor Gericht auf die große Erfahrung ihrer Tiere. Goos beanstandet, dass in ihrer Referenzliste kein Paketbombenfall aufgelistet ist. Und: "Das Training muss kontinuierlich weitergehen." Außerdem liefen die Hunde Gefahr, sich falsche Taktiken anzueignen. Die Vierbeiner waren nach erfolgreichen "Trails" – also erschnüffelten Referenzpunkten – von der Trainerin mit einem "Leckerli" belohnt worden.

Goos fiel beim Studium der Videoaufzeichnungen auf, dass diese teils geschnitten wurden und dann die Beteiligten in einer anderen Position zeigten. "Irritiert" hat ihn auch der ständige Blick der Tiere zu ihrem Frauchen. Ebenfalls nicht überzeugend findet der Gutachter die Zertifikate, die ein ehemaliger Ermittler von Scotland Yard der Trainerin für ihre Hunde ausgestellt hatte. Der Mann habe sich lediglich Videos angeschaut und sei einmal mitgelaufen. Eigentlich müsse die Trainerin erneut seriös geprüft werden.

Mantrailing ist umstritten. Laut Goos sei sich die Szene in Deutschland zumindest einig, dass Einsätze mehr als zwei Wochen nach der Tat und das von der Trainerin praktizierte "Cartrailing" zu keinen verwertbaren Resultaten führe.

Zu den Kritikern zählt auch der zweite gehörte Sachverständige: Hans-Jörg Schalkowski, Hauptkommissar im Ruhestand, war jahrzehntelang Diensthunde-Ausbilder bei der Polizei. Was Menschen das Auge ist, ist bei Hunden die Nase. Nur dass die Tiere viel besser riechen als Menschen sehen können. "Dagegen sind wir fast blind", so Schalkowski.

Es gehe darum, dass der Hund aus einer Vielzahl von Gerüchen denjenigen identifiziere, der auf die Spur eines Verdächtigen führe. Das sei nur in einem engen Zeitraum machbar. Als er noch im Dienst war, habe er eine Suche 48 Stunden nach einem Verbrechen abgelehnt. "Das ist dann schlicht nicht mehr möglich", sagt der Gutachter und übt scharfe Kritik an der kommerziellen Hundeführerin. Deren Tiere seien zu oft abgelenkt worden. Darüber hinaus habe es sich um Rüden gehandelt mit ausgeprägter Neigung, "willig" auf Frauchen oder Herrchen zu reagieren. Die Trainerin habe die Hunde "fast emotionslos" geführt, und selbst dann noch, als sie bereits müde gewesen seien. Die Tiere waren von der Firmenchefin und, zeitlich versetzt, ihrer Kollegin begleitet worden. Deshalb geht Schalkowski davon aus, dass sich die Hunde gegenseitig nachschnüffelten.

Update: Freitag, 15. Oktober 2021, 19.24 Uhr


Beim Paketbomben-Prozess ging es um tierische "Sonderermittler"

Von Alexander Albrecht

Heidelberg/Eppelheim. Mantrailer-Hunde sind Schnüffler auf vier Pfoten, leisten mit ihrem feinen Geruchssinn fast Unglaubliches und erweisen der Polizei wertvolle Dienste. Um den Einsatz der tierischen "Sonderermittler" dreht sich am Freitag der Paketbomben-Prozess vor dem Heidelberger Landgericht. Die Richter sehen zwar keinen dringenden Tatverdacht mehr bei dem Angeklagten und hoben deshalb den Haftbefehl gegen ihn auf – das ist aber keineswegs ein vorgezogener Freispruch. Das Verfahren geht in vollem Umfang weiter, und es ist nicht auszuschließen, dass der Rentner Klaus S. am Ende wegen Sprengstoffanschlägen auf ADM Wild in Eppelheim und die Lidl-Zentral in Neckarsulm mit vier Verletzten für schuldig befunden und verurteilt wird.

Dass der 66-Jährige der Paketbomber sein könnte, dafür liefern fünf Beamte des Landeskriminalamts (LKA) Hinweise. Knapp sechs Wochen nach der Aufgabe der explosiven Post in einer Ulmer Postfiliale am 15. Februar waren die Ermittlungen der Behörde ins Stocken geraten. Die Beamten hatten sich von Klaus S. in der Mannheimer Justizvollzugsanstalt einen gebrauchten Socken besorgt und lassen zwei Diensthunde daran schnüffeln. Doch die Vierbeiner können die Fährte nicht aufnehmen: einer verläuft sich, der andere bricht ab.

Das LKA wendet sich daher an eine Frau aus der freien Wirtschaft, die mit ihren Mantrailer-Hunden deutschlandweit die Polizeiarbeit unterstützt. Sie soll beim nächsten Verhandlungstag am kommenden Montag aussagen. Die Tiere schnüffeln nicht an dem Socken, der drei Tage im Kofferraum eines Beamten bleiben wird – sondern an einem Wattestäbchen mit einer Geruchsprobe. Die entnimmt ein Kollege von der Spurensicherung vom Klebeband einer an Lidl gerichteten Unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtung, kurz USBV, wie die Bombe im Polizeijargon heißt. Warum nicht der Socken, wo doch schon klar ist, dass auf der USBV nur Fingerabdrücke eines Mitarbeiters des Neckarsulmer Konzerns und keine DNA-Spuren zu finden waren? "Weil wir unvoreingenommen an die Sache herangehen wollten", argumentiert ein Sachbearbeiter des Landeskriminalamts.

Insgesamt vier Tiere der Hundetrainerin nehmen an verschiedenen Abschnitten die Fährte auf. Die Touren werden per Video aufgezeichnet, über GPS-Daten wollen zwei Polizeiteams ein Bewegungsprofil des Paketbombers erstellen. Und tatsächlich: Die Hunde springen an. Einer führt den Tross von einer Mannheimer Tankstelle zum zwei Kilometer entfernten Gefängnis, wo der frühere Elektrotechniker einsitzt. Und nicht nur das: Er schnüffelt sich durch das viergeschossige Gebäude und macht genau an der Zelle von Klaus S. Halt. Ein weiterer Hund steuert von der Heidelberger Altstadt das Justizgebäude und im Landgericht exakt den Saal und den Stuhl an, auf dem der Angeklagte beim Hafttermin Platz genommen hatte. "Ich kann mir nicht erklären, wie die Tiere das machen, aber wir arbeiten damit", sagt ein LKA-Polizist. "Mantrailing" sei für die Ermittlungsarbeit ein Baustein von vielen.

Doch es gibt auch Zweifel. Die Verteidiger von Klaus S. und die Gutachter wundern sich, warum zwei Hunde rund 30 Meter vor dessen Reihenhaus im Ulmer Stadtteil Wiblingen nicht weiterliefen, wie ein LKA-Mann berichtet. Sein Kollege, der umfangreiche Videomaterial der "Trails" ausgewertet und für das Gericht zusammengestellt hat, räumt ein, dass der Einsatz eines der beiden Tiere ausgerechnet in dieser "heißen Phase" nicht gefilmt wurde. Bei seiner Begründung schlagen die Gutachter die Hände vors Gesicht. Die Hundetrainerin habe darum gebeten, "Fiete" nicht aufzunehmen, weil sie den jungen Vierbeiner bei den Touren eigentlich nur testen wollte.

Und: Während der Fahrten zu den Abschnitten schalteten die Beamten die Kamera ebenfalls ab. "Wenn man böswillig wäre, könnte man vermuten, dass sie da Dinge besprochen haben, die wir nicht hören sollen", sagt der Vorsitzende Richter Markus Krumme. Ein Gutachter, Professor für Umweltchemie, fordert von dem Ermittler, man möge ihm doch das komplette Rohmaterial zur Verfügung stellen. Der zweite Experte, ein früherer Kriminalbeamter, hat die vorgelegten Videos studiert und die Stimme eines Ermittlers aufgeschnappt, der über eine WhatsApp-Livegruppe gesprochen habe. Seltsam: Niemand der geladenen LKA-Leute will diese Gruppe kennen.

Für unseriös halten die Anwälte von Klaus S. die praktizierten Car-Trails, also dass Hunde mutmaßlich – wie in diesem Fall – eine Duftspur verfolgen können, die von einer Person in einem Fahrzeuge hinterlassen wurde. Eher halten es die Verteidiger für möglich, dass sich die Gerüche des Wattestäbchens mit jenem des Sockens vermischt haben. Außerdem seien die Hunde viel zu spät nach den Anschlägen losgeschickt worden.

Steffen Lindberg und Jörg Becker beantragen zudem, vier ehemalige Arbeitskollegen von Klaus S. in den Zeugenstand zu rufen. Sie könnten beweisen, dass ihr Mandant selbst an kalten Wintertagen recht frisch angezogen war – und nie einen beigen Schal mit Wikinger-Muster trug, den der Paketbomber um den Hals hatte, als er die Ulmer Postfiliale betrat und die Päckchen an die Lebensmittelkonzerne aufgab.

Update: Freitag, 8. Oktober 2021, 21.57 Uhr


Angeklagter Rentner aus Untersuchungshaft entlassen

Von Alexander Albrecht

Heidelberg/Eppelheim. "Die Anklage stand von Anfang an auf tönernen Füßen", sagt Jörg Becker am frühen Montagabend der RNZ. Deshalb zeigt sich der Anwalt gar nicht so sehr überrascht, dass sein Mandant, der Angeklagte im aktuell laufenden Paketbomben-Prozess, zwei Stunden zuvor und nach knapp acht Monaten hinter Schloss und Riegel aus dem Gefängnis entlassen worden ist.

Das Heidelberger Landgericht hat den Haftbefehl gegen den 66-jährigen Klaus S. aufgehoben. Der Rentner und frühere Elektroinstallateur soll laut Staatsanwaltschaft am 15. Februar in einer Ulmer Postfiliale drei Päckchen mit selbst gebastelten Sprengsätzen aufgegeben haben – zwei davon detonierten an den beiden Folgetagen. In den Poststellen von ADM Wild in Eppelheim und des Lidl-Konzerns in Neckarsulm wurden mehrere Mitarbeiter verletzt.

Der Paketbomber war in der Postfiliale gefilmt worden, allerdings vermummt mit Schiebermütze, Brille, Corona-Schutzmaske und einem dicken weißen Schal um den Hals. Klaus S. streitet die Tat ab, und auch die Verteidiger Becker und Steffen Lindberg sind überzeugt, dass der falsche Mann auf der Anklagebank sitzt. An einem der letzten Verhandlungstage haben die Anwälte erfolgreich beantragt, einen Professor für Anthropologie an der Universität Ulm als Gutachter zu laden. Der Experte könne dank seiner technischen Hilfsmittel beweisen, dass der Kopfumfang und die hängende Schulter von Klaus S. nicht zu dem Mann auf dem Video der Überwachungskamera passe. Er sei zudem in der Lage, verzerrende Faktoren in den Aufnahmen zu berücksichtigen. So seien die Bilder seitlich "gestaucht".

Inzwischen liegt die Stellungnahme auch dem Gericht vor. "Das Gutachten zeigt, dass der Mann auf dem Video mit großer Wahrscheinlichkeit nicht unser Mandant sein kann", sagt Becker. Dies habe die Kammer zum Anlass genommen, den Haftbefehl außer Kraft zu setzen. Noch im Sommer waren Becker und Lindberg beim Landes- und Oberlandesgericht mit ihrem Antrag gescheitert, das Hauptverfahren gegen Klaus S. erst gar nicht zu eröffnen.

Der bisherige Verlauf zeigt, wie brüchig die Indizienkette der Ermittler ist. So ziehen laut Becker zwei noch nicht gehörte Gutachter die "Mantrail"-Ergebnisse des Landeskriminalamts (LKA) in Zweifel. Die Behörde hatte einen privaten Hundebesitzer engagiert und dem Tier eine Geruchsprobe von einem der Päckchen vorgelegt. Zu diesem Zeitpunkt habe die Tat aber bereits sechs Wochen zurückgelegen, erklärt der Anwalt, der das Vorgehen und die zeitliche Distanz als unseriös wertet. Und Becker fragt sich, warum das LKA seiner "Super-Recognizerin" – eine Beamtin mit dem Talent, sich Gesichter besonders gut einzuprägen – lediglich Aufnahmen von Klaus S. gezeigt hat, und nicht, wie üblich, "von mehreren älteren Herrn", so Becker.

Die Ermittler waren davon ausgegangen, dass die "Spezialpäckchen" aus besonderem Material, in denen die Bomben abgeschickt wurden, nicht im Handel erhältlich sind. 16 Exemplare wurden bei Klaus S. gefunden. "Vom gleichen Typ", wie Becker sagt, "aber mit unterschiedlichem Produktionsdesign". In vier der Päckchen soll der Angeklagte Modell-Busse, die er leidenschaftlich sammle, verschickt haben, sagt der Anwalt. Konkret: von der Postfiliale im Ulmer Stadtteil Wiblingen, wo Klaus S. im eigenen Häuschen wohnt.

Das Geschäft, in der die explosive Post abgegeben wurde, befindet sich dagegen im Zentrum der Donaustadt. Ein Mitarbeiter dieser Filiale hatte vor Gericht den Paketbomber auf 1,80 Meter geschätzt, Klaus S. ist deutlich kleiner. Becker und Lindberg fanden zudem heraus, dass die Päckchen sehr wohl auch im Einzelhandel zu erstehen waren. Mehr als 30 000 Exemplare gingen alleine bis zu den Anschlägen über den Ladentisch. Und ein Motiv haben die Ermittler bei Klaus S. auch noch nicht gefunden, nur ein fehlendes Alibi. Der Prozess gegen den Ulmer wird am Freitag fortgesetzt.

Update: Montag, 4. Oktober 2021, 21.36 Uhr


Angeklagter könnte Täter sein

Heidelberg. (alb) Im Prozess um die Sprengstoffanschläge auf die Wild-Werke in Eppelheim und die Lidl-Zentrale in Neckarsulm hat am Freitag eine Erkennungsspezialistin der Polizei ausgesagt. Die sogenannte Super-Recognizerin kann Menschen auf Überwachungskameras wiedererkennen – selbst dann, wenn das Material unscharf ist oder die Gesichter teilweise verdeckt sind.

So wie bei dem Mann, der im Februar drei explosive Päckchen in einer Ulmer Postfiliale aufgegeben hatte. Zentrale Aussage der Beamtin: Die Person könnte der Angeklagte sein. Die Polizistin sagte nach Angaben von Prozessbeteiligten, sie habe sich die Videoaufnahmen genau angesehen und mit anderen Aufnahmen des tatverdächtigen Rentners Klaus S. verglichen. Dabei stellte sie Parallelen am Ohr fest – das ist das einzige Merkmal, das von der Kamera in der Postagentur eingefangen worden war.

Auch der watschelnde Gang und die Statur würden zu dem mutmaßlichen Paketbomber passen. Ein Mitarbeiter der Filiale, der den Rentner am Schalter bedient hatte, schätzte die Größe des Angeklagten jedoch auf "circa 1,80 Meter". Tatsächlich ist Klaus S. wesentlich kleiner. Die Kammer war von den Ausführungen der Beamtin nicht restlos überzeugt und stellte kritische Fragen. Und die Richter entsprachen dem Antrag der Verteidiger von Klaus S., einen Anthropologen als Gutachter zu laden.

Update: Freitag, 17. September 2021, 20.30 Uhr


Körpergröße wirft Fragen auf

Ein Mitarbeiter einer Postfiliale schätzte den Kunden mit explosiven Päckchen auf rund 1,80 Meter. Der Angeklagte ist aber viel kleiner.

Von Alexander Albrecht

Heidelberg. Mehr watschelnd als laufend kommt der Mann am Tresen einer Ulmer Postagentur an. Aus zwei Jutetaschen zieht er drei Päckchen. Mit der linken Hand unterschreibt der Kunde, seltsam ungelenk wirkend, jeweils ein Absendeformular, das ihm der Angestellte reicht. Und noch etwas ist komisch: Immer wieder schiebt er einen Zehn-Euro-Schein zu dem Mitarbeiter – dabei sind die Päckchen ausreichend mit Briefmarken frankiert. Schließlicht kauft der vermummte Mann mit der Schiebermütze, Brille, Corona-Schutzmaske und dem dicken weißen Schal um den Hals einen Nugat-Riegel. Und verabschiedet sich.

An den beiden Folgetagen, am 16. und 17. Februar, explodieren in den Poststellen der Eppelheimer Wild-Werke und der Neckarsulmer Lidl-Zentrale zwei der aufgegebenen Sendungen mit selbst gebastelten Sprengsätzen, vier Menschen verletzen sich. Ein drittes, an den Lebensmittelkonzern Hipp gerichtetes Päckchen, kann noch rechtzeitig von den Behörden abgefangen und entschärft werden. Tatverdächtig und vor dem Heidelberger Landgericht angeklagt ist der 66-jährige Klaus S. aus Ulm.

Doch die Indizienkette ist dünn – und der am Mittwoch als Zeuge geladene Angestellte der Postfiliale nährt eher Zweifel an der Schuld des Rentners. Er hat die Größe des Kunden bei der polizeilichen Vernehmung damals mit "circa 1,80 Meter" angegeben, wie ihm der Vorsitzende Richter Markus Krumme vorhält. Die beiden müssen sich also auf Augenhöhe begegnet sein.

Der Filialmitarbeiter gibt seine Größe mit 1,84 Meter an, und der Boden im Laden ist eben. Stimmen die Angaben, kann Klaus S. nicht die Person auf dem Video der Überwachungskamera und den Fahndungsfotos sein. Der Angeklagte ist auffällig klein, misst maximal 1,60 Meter. Und er ist Rechtshänder – wobei die krakeligen, völlig unleserlichen und nicht verwertbaren "Unterschriften" mit der linken Hand auch eine Finte gewesen sein könnten. Als Absender waren drei erfundene Frauen mit Adressen in Studentenwohnheimen notiert.

Dennoch sind die Ermittler überzeugt, dass der Ulmer der "Paketbomber" ist. Schließlich hat er zur Tatzeit kein Alibi und konnten sich frühere Arbeitskollegen an den weißen Schal mit dem einprägsamen Muster erinnern, den der Mann früher häufig im Winter getragen haben soll. Die Kriminalbeamten stützen die Vorwürfe zudem auf das Verpackungsmaterial, das es nicht im Handel zu kaufen gebe und Adressetiketten, die bei der Durchsuchung des Hauses von Klaus S. entdeckt wurden. Die gleichen, die auf den Päckchen klebten. Worin die Besonderheit besteht, werden die Ermittler voraussichtlich im Oktober vor Gericht erklären.

Die Verteidiger Steffen Lindberg und Jörg Becker beantragen, einen Professor für Anthropologie an der Universität Ulm als Gutachter zu laden. Der Experte könne dank seiner technischen Hilfsmittel beweisen, dass der Kopfumfang und die hängende Schulter von Klaus S. nicht zu dem Mann auf dem Video der Überwachungskamera passe. Er sei zudem in der Lage, verzerrende Faktoren in den Aufnahmen zu berücksichtigen. So seien die Bilder seitlich "gestaucht".

Ein bereits vom Gericht bestellter Gutachter könne diese Auswertung nicht leisten, argumentiert Becker. Als untauglich und nicht zielführend hält der Anwalt die Einschätzung einer "Super-Recoginizerin" des Landeskriminalamts (LKA) Baden-Württemberg, die Klaus S. offenbar im Vorfeld belastet hat und noch aussagen wird.

"Super-Recognizer" sind Menschen, die sich überdurchschnittlich gut Gesichter einprägen und diese wiedererkennen können. Laut einem "Spiegel"-Bericht konnten solche Spezialisten des baden-württembergischen Innenministeriums nach den Ausschreitungen und Plünderungen in Stuttgart im vergangenen Jahr die Gesichter jedes zweiten Tatverdächtigen aus dem Gedächtnis abrufen.

Zu Beginn des Verhandlungstags am Mittwoch schildert ein unter anderem auf Raumexplosionen spezialisierter Elektrotechniker im Kriminaltechnischen Institut des LKA die Parallelen beim Aufbau der Paketbomben. Eine passende Bastelanleitung dafür habe er bei einer Internetrecherche nicht gefunden. Er vermutet, dass für den Bau "bestimmte Fachkenntnisse" erforderlich seien. Die hätte Klaus S. höchstwahrscheinlich. Vor seinem Ruhestand 2018 arbeitete er als Elektroinstallateur. Der Prozess bleibt spannend.

Update: Mittwoch, 15. September 2021, 21.21 Uhr


Ein Lidl-Mitarbeiter berichtet vor Gericht über den Anschlag

Der 34-Jährige wurde am linken Auge verletzt, erlitt Verbrennungen an den Oberschenkeln und leidet bis heute unter Tinnitus. Seine Lebensfreude habe er "komplett verloren".

Von Alexander Albrecht

Heidelberg. Ein ganz normales Päckchen, ohne verdächtige Fettflecken, undeutlicher Schrift oder "seltsamen" Briefmarken. Es fehlt lediglich der Hinweis auf die konkrete Abteilung im Haus, ein Ansprechpartner. Deshalb will der Mitarbeiter in der Poststelle der Lidl-Zentrale in Neckarsulm das Kuvert mit einem Cuttermesser öffnen und den Inhalt ins Fach des zuständigen Ressorts legen. Wahrscheinlich eine Kundenreklamation, glaubt er, wie fast immer in solchen Fällen. Routine.

Der 34-Jährige legt das Messer zur Seite und klappt das Kuvert leicht mit dem Finger auf. "Dann ging es schon los", sagt der als Zeuge geladene Mann vor dem Heidelberger Landgericht aus. Und lässt die dramatischen Minuten Revue passieren. Das Päckchen explodiert. Der Mitarbeiter geht intuitiv in die Hocke, seine Hose platzt wegen der Druckwelle auf. Schnell herbeieilende Haustechniker bringen ihn in den Erste-Hilfe-Raum. Dort fragt er nach einem Stück Traubenzucker. "Ich dachte, dass ich gleich umkippe", erinnert sich der Zeuge.

Ruhig und sachlich spricht er über die Folgen: "Mein linkes Auge wurde so stark beschädigt, dass ich viel früher als üblich grauen Star bekommen werde. Ich hatte Verbrennungen an beiden Oberschenkeln, die Narben hinterlassen haben. Und einen Tinnitus, ein ständiges Piepen im Ohr, das sich bis heute nicht wesentlich gebessert hat." Als viel schlimmer empfindet der 34-Jährige die psychischen Konsequenzen des Anschlags am 17. Februar. "Ich war ein Gute-Laune-Mensch und habe meine Lebensfreude komplett verloren", sagt er. Nachts wachte er häufig schweißgebadet nach realistisch anmutenden Albträumen auf. Erst mit psychotherapeutischer Hilfe werde es "langsam besser". Inzwischen befindet sich der Mitarbeiter in der Wiedereingliederungsphase – in der Stiftung des Lebensmittelkonzerns, nicht mehr in der Poststelle. "Wenn ich nur daran denke, bekomme ich Schweißausbrüche", gesteht der Zeuge.

In der Poststelle ist damals zufällig auch eine Anwältin des Konzerns. Sie erleidet ein Knalltrauma, erholt sich aber. Einem weiteren Angestellten der Poststelle, der zu einem späteren Zeitpunkt aussagen wird, soll der Anschlag ähnlich schwer zusetzen wie seinem Kollegen, sagt die Opfer-Anwältin Anke Stiefel-Bechdolf. Auf der Anklagebank sitzt Klaus S., der nach Überzeugung der Ermittler auch die am 16. Februar bei den Wild-Werken in Eppelheim detonierte Paketbombe in einer Ulmer Postfiliale aufgegeben haben soll.

Eine an das Lebensmittelunternehmen Hipp gerichtete Sendung konnte rechtzeitig abgefangen werden. Der 66-Jährige bestreitet die Vorwürfe. Die explosive Post konnte laut den Aussagen von Kriminalbeamten dank der Notizen eines Lageristen und eines in der Paketzentrale aufgenommenen Fotos mit einem der Päckchen darauf zurückverfolgt werden. Denn die Ermittler stießen dadurch auf den Code der Ulmer Filiale, von wo aus die Sendungen mit erfundenen Absendern auf die Reise geschickt wurden.

Update: Montag, 13. September 2021, 20 Uhr


Mutmaßlicher Paketbomber sieht sich als Justizopfer

Der 66-jährige Rentner aus Ulm bestreitet die Vorwürfe. Die Anklage stützt sich bislang auf Indizien. Ein bei dem Anschlag verletzter Arbeiter leidet bis heute.

Von Alexander Albrecht

Heidelberg/Eppelheim. Natürlich steht keinem Angeklagten seine mutmaßliche Straftat auf der Stirn geschrieben – auch Klaus S. nicht. Dass der Mann von kleinem Wuchs und dem spärlichen, grauen Haupthaar sein Gesicht hinter einem Aktendeckel versteckt, hat mit dem großen Medieninteresse am Mittwochvormittag im Heidelberger Landgericht zu tun. Alle Augen richten sich auf den Rentner aus Ulm, der Paketbomben an drei Lebensmittelfirmen geschickt haben soll. Die große Frage in dem Prozess ist: Reichen die Indizien für eine Verurteilung aus – oder ist Klaus S. womöglich unschuldig?

*

Sicher ist, dass ein Herr am 15. Februar gegen 14 Uhr eine Postfiliale betritt. Die unscharfen Aufnahmen der Überwachungskamera zeigen einen Mann mit weißem Schal und einem Muster darauf, dunkler Schiebermütze und einer FFP-2-Maske, die Mund und Nase verdeckt. Der Vermummte legt drei Pakete mit explosivem Inhalt auf den Tisch, aufgegeben an den Eppelheimer Capri-Sun-Hersteller Wild, den Discounter Lidl in Neckarsulm und den Babynahrungsproduzent Hipp im oberbayerischen Pfaffenhofen. Absender sind "Maria Schwarz", "Doris Merkel" und "Christine Müller". Sie wohnen angeblich in Studentenwohnheimen in München, Ulm und Augsburg. Die Ermittler finden später heraus: Die Frauen existieren gar nicht.

An den beiden Folgetagen detonieren die Sendungen bei Wild und Lidl, insgesamt vier Angestellte verletzen sich. Das dritte Paket kann in einem Paketverteilungszentrum am Flughafen München abgefangen und entschärft werden. Als Sprengstoff soll dem Täter eine Masse gedient haben, die er durch Abschaben von Zündholzköpfen gewann. Keine der Sendungen enthält ein Erpressungsschreiben oder eine Forderung – dafür entdecken Polizisten bei der Durchsuchung des Hauses von Klaus S. 13 Zentralfeuerkartuschen mit unterschiedlichem Kaliber sowie zwei Zentralfeuerpatronen, wie Oberstaatsanwalt Lars-Jörgen Geburtig verliest. Der Ankläger wirft dem 66-jährigen Klaus S. das Herbeiführen von Sprengstoffexplosionen sowie gefährliche und versuchte schwere Körperverletzung vor. Er habe in Kauf genommen, dass Menschen Gliedmaßen, Sehvermögen und Gehör verlieren. Dafür drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft.

Der Ulmer widerspricht vehement und verliest eine Erklärung im Stakkatostil mit vielen Ich-Botschaften. "Ich bin nicht die von Ihnen gesuchte Person", "Ich habe niemals in meinem Leben irgendjemanden etwas zu Leide getan", "Ich habe nie diesen Schal, diese Brille und die Mütze, die auf dem Video zu sehen sind, besessen", "Ich bin unschuldig und hoffe auf Gerechtigkeit" und "Ich bin zur fraglichen Zeit zu Hause gewesen". Abschließend attackiert der Angeklagte die Behörden. Er fände es grausam, wie die deutsche Justiz versuche, "mit viel Aufwand und Energie mein Leben zu zerstören". Punkt. Das muss reichen, Klaus S. lässt keine Rückfragen zu und will sich während des gesamten Verfahrens nicht mehr äußern.

Im Dunkeln liegt, was ihn zu den Anschlägen getrieben haben könnte. In seiner Biografie findet sich nicht mal ein Ansatz für ein Motiv. Geboren in Ulm, Realschulabschluss, Elektroinstallateur bei einem großen Fahrzeughersteller gelernt und der Ausbildungsfirma bis zum Ruhestand vor drei Jahren treu geblieben, ein eigenes Reihenhaus im Stadtteil Wiblingen. Eine klassisch-schwäbische Schaffe-schaffe-Häusle-Biografie eben. Klaus S. engagiert sich aber auch ehrenamtlich – für behinderte Menschen und Bootsflüchtlinge aus Vietnam, unter denen sich seine spätere Frau befindet. "Wir haben großes Vertrauen zueinander", schildert er die Beziehung. Und seit 20 Jahren hat Klaus S. eine Dauerkarte für die Heimspiele der Ulmer Spitzenbasketballer. Die gesamte Persönlichkeit ihres Mandanten passe nicht zu der eines kaltblütigen Erpressers, sind die Verteidiger Steffen Lindberg und Jörg Becker überzeugt.

Auch hätten Klaus S. keine Geldsorgen geplagt. Und: Der auffällige Schal, an den sich angeblich frühere Arbeitskollegen des Rentners erinnern konnten, sei nicht bei der Hausdurchsuchung gefunden worden und es gebe andere Zeugen, die das Kleidungsstück nie bei Klaus S. gesehen haben wollen. Oder die DNA-Spuren, die an den Bomben sichergestellt wurden, aber nicht vom Angeklagten stammen können.

"Unser Mandant hätte nie vor Gericht gestellt werden dürfen", bilanziert Lindberg nüchtern. Es existieren jedoch auch Ermittlungsansätze, die für Klaus S. als Täter sprechen könnten. So kann niemand bezeugen, dass er sich am 15. Februar in seinem Haus aufgehalten hat. Verdächtig sind aus Sicht der Fahnder zudem die in der Wohnung entdeckten Packsets und Adressetiketten – die gleichen, die auf den Paketen klebten.

Als ob es ihn gar nichts angehen würde, starrt Klaus S. unentwegt auf den Tisch der Anklagebank, als das Gericht den ersten Zeugen hört. Der Logistikarbeiter in der Poststelle der Wild-Werke braucht eine Weile, bis er sprechen kann und fängt zu weinen an. "Da war die Hölle los", sagt der 44-Jährige leise und wischt sich die Tränen aus den Augen.

Zum Verhängnis wurde ihm ein Päckchen, so groß etwa wie eine Büchersendung. Es war nur allgemein an das Unternehmen adressiert. Er habe es deshalb – wie immer in solchen Fällen – öffnen wollen, um der Rechnung oder dem Lieferschein die richtige Abteilung zu entnehmen, erklärt der Mann. Dann passierte es. "Ich habe gedacht, ich fliege 20 Meter hoch – alles war schwarz vor Rauch", erinnert sich der Schwetzinger.

Noch heute ist er gezeichnet von den Folgen der Paketbombe, geht zum Psychologen, bekommt Medikamente. Er berichtet von einer Panikattacke, Rauschen im Ohr, Schwindel. Obwohl ihm sein Arbeitgeber einen anderen Posten angeboten habe, arbeite er seit Mitte Mai wieder in der Poststelle. "Ich liebe diesen Platz – ich will ihn behalten", sagt der Angestellte. "Aber es ist alles nicht so einfach für mich."

Für den Prozess sind elf weitere Verhandlungstage bis Mitte November angesetzt und fünf Zeugen geladen. Nächster Termin ist an diesem Freitag, 10. September, 8.30 Uhr.

Update: Mittwoch, 8. September 2021, 20 Uhr


"Da war die Hölle los"

Prozessbeginn: Die Staatsanwaltschaft wirft dem Elektriker vor, selbstgebaute Paketbomben an drei Unternehmen verschickt zu haben, um Geld zu erpressen.

Heidelberg. (dpa) Das Paket, das ihm zum Verhängnis werden sollte, hatte der Mann erst einmal beiseitegelegt. Es war nur allgemein an die Getränkefirma ADM Wild in Nordbaden adressiert. Als der Mitarbeiter der Poststelle die restlichen Sendungen sortiert hatte, öffnete er das Päckchen. So groß wie eine Büchersendung. Es explodierte.

"Da war die Hölle los", sagt der 44-Jährige am Mittwoch vor dem Landgericht Heidelberg - rund sieben Monate später. Es sei alles schwarz und voller Rauch gewesen. Bis er sich zu der Aussage durchringen kann, muss er mehrmals tief einatmen, sich Tränen aus den Augen wischen. Noch heute ist er gezeichnet von den Folgen der Paketbombe, geht zum Psychologen, bekommt Medikamente. Er berichtet von einer Panikattacke, Rauschen im Ohr, Schwindel, Schlafstörungen.

Fotos aus dem Krankenhaus direkt nach dem Vorfall zeigen Wunden an Kopf und Händen. Fotos der Kriminaltechnik das teilweise zerfetzte Paket. Metallteile und Spülschwämme schauen heraus. Das Kartonteil mit dem Adressaufkleber habe man erst Tage später bei einer Nachuntersuchung gefunden, sagt ein Polizeibeamter als Zeuge aus.

Für die Tat verantwortlich sein soll ein 66-jähriger Rentner. Zwei weitere selbstgebaute Pakete hat er den Vorwürfen zufolge an die Lidl-Zentrale in Neckarsulm bei Heilbronn und an den oberbayerischen Babynahrungshersteller Hipp in Pfaffenhofen an der Ilm adressiert. Drei Menschen wurden bei Lidl verletzt, als der Sprengsatz dort detonierte. Das Paket an Hipp wurde rechtzeitig abgefangen.

Doch beim Prozessauftakt bestreitet der gelernte Elektriker jeden Zusammenhang mit der explosiven Post. "Ich bin nicht die von Ihnen gesuchte Person", sagt der Deutsche. Er sei nicht derjenige auf einem Video aus einer Ulmer Postfiliale, in der die drei Sendungen aufgegeben worden waren. Zu dem Zeitpunkt sei er zu Hause gewesen.

Er habe auch noch nie anderen Menschen Schaden zugefügt, beteuert der Mann, der zwischen seinen Verteidigern noch kleiner wirkt, als er ohnehin ist. Während der Wild-Mitarbeiter aussagt, starrt er nur auf den Boden, würdigt den Mann keines Blickes. Die Haare grau, oben lichter, hinten länger. Der Justiz wirft der 66-Jährige vor, ihn mit großem Aufwand "zerstören" zu wollen. "Ich hoffe auf Gerechtigkeit."

Darüber hinaus äußert sich der Rentner nur zu seinem Werdegang und betont dabei vor allem sein soziales Engagement - worüber er auch seine Frau kennenlernte. Sie kauften ein Reihenhaus. Fragen werde er keine beantworten, kündigt ein Anwalt an. Nur diese eine Erklärung.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, gefährliche Körperverletzung und versuchte schwere Körperverletzung vor. Er habe in Kauf genommen, dass Menschen schwer verletzt werden, sagt der Oberstaatsanwalt. Dass sie Gliedmaßen, Sehvermögen und Gehör verlieren. Bei dem Mann zu Hause sei Munition gefunden worden, die er nicht besitzen durfte. Die Pakete sollen mit Drohungen weiterer Gewalttaten gegen Mitarbeiter und/oder Kunden versehen gewesen sein. Das alles, um von den Firmen Geld zu erpressen? Bis zu 15 Jahre Haft drohen dem Rentner.

Beim Getränkehersteller Wild in Eppelheim fragte die Polizei am 16. Februar auch nach früheren Drohungen, nach frustrierten und gefeuerten Mitarbeitern, erläutert ein Beamter vor Gericht. Kein Zusammenhang. Einen Tag später kommt die Meldung über den Sprengsatz bei Lidl. Da ahnen sie: Es handelt sich nicht um einen Einzelfall.

Über Sendungsnummern gelangen die Ermittler an Fotos von den Paketen aus einem Verteilzentrum, wie einer von ihnen berichtet. Darauf zu sehen als Absender: Namen von Frauen, gut leserlich gedruckt. Doch die Genannten gibt es nicht. Die Adressen hingegen schon. Sie gehören den Angaben nach zu Studentenwohnheimen in Ulm, Augsburg und München.

Auf diesem Wege finden die Polizisten auch heraus, dass nicht nur die zwei Pakete aufgegeben wurden, sondern auch das dritte an Hipp. "Das war dann das zweite Mal, wo das Adrenalin so richtig hochgegangen ist", sagt einer der Beamten im Zeugenstand. Dank Verzögerungen beim Postdienstleister hatte es sein Ziel noch nicht erreicht. Es wird im Paketverteilzentrum am Flughafen München abgefangen und entschärft.

Immer wieder versuchen Verbrecher gewaltsam hohe Geldbeträge von Unternehmen zu fordern: Im April 2018 etwa mussten ein 50-Jähriger und seine Lebensgefährtin für neun beziehungsweise acht Jahre und neun Monate ins Gefängnis, weil sie in Nordrhein-Westfalen vor Lidl-Filialen drei Rohrbomben gezündet und insgesamt elf Millionen Euro gefordert hatten. Im Juni 2020 wurde ein 56-jähriger Erpresser zu zehneinhalb Jahren Haft verurteilt. Er hatte mit vergifteter Babynahrung fast zwölf Millionen Euro von mehreren Lebensmittelunternehmen in Friedrichshafen am Bodensee verlangt.

Für das aktuelle Verfahren sind elf Fortsetzungstermine bis Mitte November geplant. 47 Zeugen und 3 Sachverständige sind geladen.

Update: Mittwoch, 8. September 2021, 10.40 Uhr


Sprengstoffanschläge vor Gericht

Heidelberg/Eppelheim. (lsw/alb) Für Anschläge mit selbstgebauten Sprengsätzen auf Lebensmittelunternehmen muss sich ein 66-Jähriger ab Mittwoch vor dem Heidelberger Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Elektriker vor, dass er Geld erpressen wollte. Mehrere Menschen waren durch die explosiven Postsendungen verletzt worden. Die Anklage lautet auf Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, gefährliche Körperverletzung und versuchte schwere Körperverletzung. Dem Ulmer droht eine Freiheitsstrafe von bis zu 15 Jahren. Für das Verfahren sind nach Angaben des Gerichts elf Fortsetzungstermine bis Mitte November geplant. Die Kammer habe 47 Zeugen und drei Sachverständige geladen.

Am 16. Februar hatte die Serie der explosiven Postsendungen in Eppelheim begonnen. Dort war in der Warenannahme des Getränkeherstellers ADM Wild ein Mann durch eine Verpuffung verletzt worden, als er ein Paket annahm. Laut Gericht erlitt er leichte Hautverletzungen sowie ein Knalltrauma und soll wegen anhaltender Beschwerden weiterhin arbeitsunfähig sein. Einen Tag später explodierte ein Brief beim Öffnen in der Lidl-Zentrale in Neckarsulm im Kreis Heilbronn. Drei Menschen wurden verletzt. Ein Mitarbeiter wurde dem Gericht zufolge am linken Auge, an beiden Händen und an den Beinen verletzt. Zudem habe er ein Knalltrauma und einen starken Tinnitus erlitten. Die beiden Kollegen sollen ebenfalls mit Knalltraumata verletzt worden sein.

Ein drittes Paket, das an den Babynahrungshersteller Hipp im oberbayerischen Pfaffenhofen an der Ilm adressiert war, wurde in einem Paketverteilzentrum am Flughafen München abgefangen und entschärft. Den Angaben nach soll der Mann die drei Pakete am 15. Februar in einer Postannahmestelle in Ulm aufgegeben haben. Der Mann soll die Sprengvorrichtungen laut Staatsanwaltschaft selbst gebaut haben. Um die Sprengstoffmasse herzustellen, schabte der Angeklagte demnach Zündholzköpfe ab. Die Post habe er unter Androhung weiterer Gewalttaten gegen Mitarbeiter und/oder Kunden an die Unternehmen geschickt. Er habe in Kauf genommen, dass Menschen beim Öffnen der Pakete durch die Explosionen verletzt würden. Auf diese Weise habe der Mann Geld von den Firmen erzwingen wollen.

Mehr als 100 Beamte des Landeskriminalamts Baden-Württemberg ermittelten zwischenzeitlich. Kurz nach den Anschlägen nahm die Polizei den Tatverdächtigen aus dem Raum Ulm fest. Er sitzt seither in Untersuchungshaft. Bei einer Durchsuchung seines Wohnhauses hätten Beamte Munition entdeckt, teilte das Gericht weiter mit.

Update: Sonntag, 5. September 2021, 20 Uhr


Rätsel um Motiv des mutmaßlichen Paket-Bombers

Von Carsten Blaue

Ulm/Heidelberg. Die Taten hatten Mitte Februar für Aufsehen und Verunsicherung bei Firmen der Lebensmittelbranche in der Region gesorgt. Erst erhielt der Eppelheimer Aromenhersteller ADM Wild eine explosive Postsendung, deren Öffnung eine Verpuffung auslöste. Tags darauf ging in der Zentrale des Discounters Lidl in Neckarsulm ein Brief hoch. Ein drittes Paket, adressiert an den Babynahrungshersteller Hipp im oberbayerischen Pfaffenhofen, konnte aufgrund der Ermittlungen zu den zwei ersten Anschlägen abgefangen werden. Ab 8. September muss sich ein 66 Jahre alter Mann vor dem Heidelberger Landgericht für die Taten verantworten. Der Elektriker sitzt derzeit in Untersuchungshaft.

Die Staatsanwaltschaft Heidelberg wirft ihm das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, gefährliche Körperverletzung und versuchte schwere Körperverletzung vor. Bei einer Verurteilung drohen dem Mann laut der Ermittlungsbehörde bis zu 15 Jahre Haft. Die Verpuffung in Eppelheim hatte einen Mitarbeiter verletzt; es hieß seinerzeit, er habe ein Knalltrauma erlitten. Bei der Explosion in Neckarsulm zogen sich drei Arbeitnehmer Verletzungen zu. Einer von ihnen musste mit einem Rettungshubschrauber in ein Krankenhaus geflogen werden. Derweil brachten die Rettungskräfte die rund 100 Lidl-Mitarbeiter aus dem Gebäude in Sicherheit.

Nach den Taten vom 16. und 17. Februar hatten die Ermittlungsbehörden eine 100-köpfige Sonderkommission aus Beamten des Landeskriminalamts sowie der Polizeipräsidien Heilbronn, Mannheim und Ulm eingerichtet. Die Vermutung, dass beide Taten zusammenhängen, erhärtete sich schnell. Ebenso zügig konnte die Soko einen Erfolg vermelden. Schon in der Nacht zum 18. Februar lokalisierten sie das Sprengstoffpaket für Hipp im Paketzentrum des Flughafens von München. Dieses wurde unschädlich gemacht.

Die weiteren Ermittlungen zum Versandweg sowie zum Verpackungsmaterial der explosiven Post führte die Beamten in den Raum Ulm und auf die Spur des 66-Jährigen. Was die Verpackung so ungewöhnlich machte und warum sie so gezielt zu dem Mann führte, sagten die Ermittlungsbehörden zu keinem Zeitpunkt. Bekannt wurde nur, dass man das verwendete Material nirgendwo kaufen kann. Jedenfalls nahmen Spezialkräfte den mutmaßlichen Täter bereits am Abend des 19. Februar in seinem unauffälligen Reihenhaus in einem Ulmer Ortsteil fest. Dabei leistete der Verdächtigte keinen Widerstand. Ab dann schwieg der Rentner zu den Vorwürfen; über sein Motiv konnte man also nur spekulieren. Jedoch fanden die Beamten Beweismittel bei der Durchsuchung der Wohnräume des Mannes, der zuvor noch nie polizeilich in Erscheinung getreten war.

Die Sonderkommission ging davon aus, dass er keine weiteren Brief- oder Paketbomben in Umlauf gebracht hatte. Und sie konnte zurückverfolgen, dass die drei gefährlichen Postsendungen in einer Postagentur in der Ulmer Innenstadt aufgegeben worden waren, und zwar laut Angaben der Heidelberger Staatsanwaltschaft am 15. Februar. Diese hat die Ermittlungen gemeinsam mit dem Landeskriminalamt von Anfang an geleitet.

Für den Prozess gegen den 66-Jährigen sind insgesamt zwölf Verhandlungstage angesetzt.

Update: Mittwoch, 11. August 2021, 20.03 Uhr


Mutmaßlichem Paketbomber drohen bis zu 15 Jahren

Heidelberg. (dpa) Der mutmaßliche Paketbombenattentäter aus Ulm muss sich bald vor dem Landgericht Heidelberg verantworten. Die Verhandlung beginne am 8. September, teilte eine Sprecherin des Landgerichts am Mittwoch mit. Die Staatsanwaltschaft Heidelberg wirft dem 66-Jährigen das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, gefährliche Körperverletzung und versuchte schwere Körperverletzung vor. Ihm droht den Angaben zufolge eine Freiheitsstrafe von bis zu 15 Jahren. Der Elektriker sitzt in Untersuchungshaft. Über den Prozessauftakt hatte zuerst die "Südwest Presse" berichtet.

Die Serie der explosiven Postsendungen hatte am 16. Februar in Eppelheim begonnen. Dort war in der Warenannahme des Getränkeherstellers ADM Wild ein Mann durch eine Verpuffung verletzt worden, als er ein Paket annahm. Am Folgetag kam es beim Öffnen eines Briefes in der Lidl-Zentrale in Neckarsulm zu einer Explosion mit drei Verletzten. Ein drittes Paket, das an den Babynahrungshersteller Hipp im oberbayerischen Pfaffenhofen an der Ilm adressiert war, wurde in einem Paketverteilzentrum am Flughafen München abgefangen und entschärft.

Update: Mittwoch, 11. August 2021, 10.16 Uhr


66-Jähriger nun angeklagt

Heidelberg. (dpa) Nach Anschlägen mit selbstgebauten Sprengsätzen auf süddeutsche Lebensmittelunternehmen will die Staatsanwaltschaft einen 66-Jährigen dafür vor Gericht zur Verantwortung ziehen. Mehrere Menschen waren durch die explosiven Postsendungen im Frühjahr verletzt worden. Die Heidelberger Ermittler gehen davon aus, dass der Mann Geld erzwingen wollte. Wann der Prozess beginnt, ist offen.

Die Serie der explosiven Postsendungen hatte am 16. Februar in Eppelheim (Rhein-Neckar-Kreis) begonnen. Dort war in der Warenannahme des Getränkeherstellers ADM Wild ein Mann durch eine Verpuffung verletzt worden, als er ein Paket annahm. Am Folgetag kam es beim Öffnen eines Briefes in der Lidl-Zentrale in Neckarsulm (Kreis Heilbronn) zu einer Explosion mit drei Verletzten. Ein drittes Paket, das an den Babynahrungshersteller Hipp im oberbayerischen Pfaffenhofen an der Ilm adressiert war, wurde in einem Paketverteilzentrum am Flughafen München abgefangen und entschärft.

Beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg ermittelte eine Sonderkommission mit zeitweise mehr als 100 Beamten. Kurz nach den Anschlägen nahm die Polizei den Tatverdächtigen aus dem Raum Ulm fest. Er sitzt seither in Untersuchungshaft.

Die Staatsanwaltschaft Heidelberg hat den 66-Jährigen nach Angaben vom Dienstag nun wegen des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion, der gefährlichen Körperverletzung und der versuchten schweren Körperverletzung angeklagt. Ihm droht den Angaben zufolge eine Freiheitsstrafe von bis zu 15 Jahren. Das Landgericht Heidelberg muss jetzt entscheiden, ob und wann es einen Prozess ansetzt.

Wie die Ermittler mitteilten, hatte der Mann die Sprengvorrichtungen selbst gebaut. Um die Sprengstoffmasse herzustellen, soll er Zündholzköpfe abgeschabt haben. Zu den Mengen machte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft keine Angaben. Die Post habe der Angeklagte unter Androhung weiterer Gewalttaten gegen Mitarbeiter und/oder Kunden an die Unternehmen geschickt. So habe er Geld erzwingen wollen.

Der Beschuldigte habe in Kauf genommen, dass Menschen beim Öffnen der Pakete durch die Explosionen verletzt würden. "Insbesondere soll er damit gerechnet haben, dass durch die Detonation wichtige Organe im Gesichtsbereich dauerhaft beeinträchtigt und Teile der Hände, insbesondere Finger, durch die Explosion so stark verletzt würden, dass sie nicht mehr gebrauchsfähig sind, wie dies typischerweise beim Öffnen von Brief- und Paketbomben passieren kann", hieß es.

Update: Dienstag, 25. Mai 2021, 15.40 Uhr


66-Jähriger noch immer in U-Haft

Heidelberg. (cab) Der 66 Jahre alte Rentner aus dem Raum Ulm, der verdächtigt wird, im Februar an die Firmen ADM Wild, Lidl und Hipp explosive Pakete verschickt zu haben, sitzt weiterhin in U-Haft. Das teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Heidelberg auf RNZ-Anfrage mit. Demnach gilt der "dringende Tatverdacht" gegen den Mann noch immer. Gewissheit scheint es aber auch nach gut fünf Wochen noch nicht zu geben. Die Ermittlungen würden andauern, "um den Tatverdacht im Sinne einer bestmöglichen Beweislage zu erhärten", so der Sprecher. Die bisherige Dauer des Verfahrens sei daher keinesfalls ungewöhnlich. Wann die Ermittlungen abgeschlossen sein könnten, ließ der Sprecher offen.

Update: Donnerstag, 25. März 2021, 19.30 Uhr


Ermittler setzten Belohnung aus

Heidelberg. (dpa) Dreieinhalb Wochen nach den Anschlägen auf süddeutsche Lebensmittelunternehmen mit explosiven Postsendungen suchen die Ermittler nach weiteren Zeugen. Es sei eine Belohnung von 5000 Euro ausgesetzt worden, teilten das Landeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft Heidelberg am Freitag mit. Man erhoffe sich Hinweise zu dem Mann, der die Pakete in Ulm aufgegeben habe. Eine Überwachungskamera hatte die Szene aufgezeichnet.

Kurz nach den Anschlägen war ein Rentner festgenommen worden. Nach Überzeugung der Ermittler hat er die explosiven Pakete verschickt. "Der dringende Tatverdacht besteht weiter", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Der Mann, der die Pakete aufgegeben habe, habe aber eine Maske, einen Schal und eine Mütze getragen. Daher sei nicht ausgeschlossen, dass es sich etwa um einen Gehilfen handle.

"Wir wollen die Beweislage so gut gestalten wie möglich", sagte der Sprecher. Der Rentner bestreitet die Taten demnach weiterhin. Auch das Motiv sei unklar. Er sitzt in U-Haft.

Die Serie hatte am 16. Februar in Eppelheim (Rhein-Neckar-Kreis) begonnen. Dort war in der Warenannahme eines Getränkeherstellers ein Mann durch eine Verpuffung verletzt worden, als er ein Paket annahm. Am Folgetag kam es beim Öffnen eines Briefes in der Lidl-Zentrale in Neckarsulm (Kreis Heilbronn) zu einer Explosion mit drei Verletzten. Ein drittes Paket, das an den Babynahrungshersteller Hipp adressiert war, wurde in einem Paketverteilzentrum am Flughafen München abgefangen und entschärft.

Update: Freitag, 12. März 2021, 11.19 Uhr


Tatmotiv bleibt rätselhaft

Heidelberg. (dpa/lsw) Zwei Wochen nach den Anschlägen mit explosiven Postsendungen gegen süddeutsche Lebensmittelunternehmen gibt der Fall den Ermittlern weiter Rätsel auf. Der beschuldigte Rentner bestreite die Tat weiter, teilte die Staatsanwaltschaft Heidelberg mit. Es gebe derzeit keine "auf Tatsachen gegründete Annahmen, was das Tatmotiv anbelangt". Nach Überzeugung der Ermittler hat der 66-Jährige die Sprengstoffpakete an einer Ulmer Postannahmestelle abgegeben. Er sitzt in U-Haft.

Die Serie hatte vor zwei Wochen in der Warenannahme eines Getränkeherstellers in Eppelheim (Rhein-Neckar-Kreis) begonnen. Dort war ein Mann durch eine Verpuffung verletzt worden, als er ein Paket angenommen hatte. Am Folgetag kam es beim Öffnen eines Briefes in der Lidl-Zentrale in Neckarsulm (Kreis Heilbronn) zu einer Explosion mit drei Verletzten. Ein drittes verdächtiges Paket, das an den Babynahrungshersteller Hipp adressiert war, wurde in einem Paketverteilzentrum beim Flughafen München abgefangen und entschärft.

Update: Dienstag, 2. März 2021, 08.48 Uhr


Rentner bestreitet die Vorwürfe

Heidelberg/Ulm. (cab) Der 66 Jahre alte Rentner aus Ulm, der explosive Postsendungen an die Firmen ADM Wild, Lidl und Hipp verschickt haben soll, bestreitet die Taten. Das teilte die Heidelberger Staatsanwaltschaft am Freitag auf RNZ-Anfrage mit. Zudem würden Hinweise aus der Bevölkerung vorliegen, die derzeit geprüft würden, so Erster Staatsanwalt Thomas Bischoff.

Weitere Fragen seien Gegenstand noch laufender Ermittlungen, deren Ergebnis er nicht vorgreifen wolle – etwa zur Art des Sprengstoffs oder ob die Mitarbeiterin der Ulmer Postagentur bei der Abgabe der Päckchen in Gefahr war, weil diese schon dort hätten explodieren können. Auch die persönlichen Hintergründe oder mögliche Motive des Verdächtigten sind noch völlig unklar.

Update: Freitag, 26. Februar 2021, 13.16 Uhr


Nach Festnahme - Video zeigt Mann bei Übergabe 

Heidelberg/Ulm. (cab) Noch immer hat sich der 66 Jahre alte Rentner aus dem Ulmer Kloster-Stadtteil Wiblingen nicht zu den Vorwürfen gegen ihn geäußert. Das Landeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft Heidelberg glauben, dass er es war, der vergangene Woche drei explosive Päckchen an die Firmen ADM Wild in Eppelheim, Lidl in Neckarsulm und Hipp in Pfaffenhofen verschickt hat. Am Donnerstag haben die Ermittlungsbehörden ein Video veröffentlicht. Sie sind sich sicher, dass es den Mann dabei zeigt, wie er die Päckchen am Montag, 15. Februar, in einer Postannahmestelle in der Ulmer Rosengasse abgibt und bezahlt.

Die Videoüberwachung der Abgabestelle hatte alles aufgezeichnet. Zu sehen ist ein Mann mit einem grauen, knielangen Mantel samt Gürtel, dunkler Mütze, schwarzen Handschuhen, einem weißen Mund-Nase-Schutz sowie einer Brille und einem auffällig gemusterten, weißen Schal. Sein Gang wirkt etwas tapsig. Die 100-köpfige Sonderkommission erhofft sich aufgrund des 21 Sekunden langen Mitschnitts weitere Hinweise auf den mutmaßlichen Täter, der die Postsendungen in zwei weißen Stofftaschen an den Schalter brachte. Dabei setzen die Ermittler vor allem auf die Ulmer Bevölkerung, denn sie wollen wissen, wer den Mann im Stadtgebiet an jenem Montag gesehen oder bemerkt hat. Für die Sonderkommission ist auch wichtig, ob er zu Fuß unterwegs war, mit dem Fahrrad oder vielleicht sogar mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Oder ob ihn jemand begleitete. Nicht zuletzt erhoffen sich die Ermittlungsbehörden neue Anhaltspunkte aufgrund des auffälligen Schals.

Der 66-Jährige hatte sich am vergangenen Freitag widerstandslos in einer unauffälligen Wiblinger Reihenhaussiedlung festnehmen lassen. In seinem Haus sicherten die Beamten weitere Spuren. Das Verpackungsmaterial der Päckchen hatte die Ermittler auf seine Spur gebracht.

Info: Das Überwachungsvideo ist im Internet unter https://fahndung.polizei-bw.de abrufbar. Auch eine Hotline hat die Sonderkommission eingerichtet unter der Telefonnummer 0 800 / 503 503 533.

Update: Donnerstag, 25. Februar 2021, 09.19 Uhr


Verpackung führte auf die Spur des verdächtigen Rentners

Bereits am Freitagabend wurde 66-jähriger Verdächtiger festgenommen. Er sitzt derzeit in Untersuchungshaft und soll sich zu den Tatvorwürfen noch nicht geäußert haben.

Ulm/Heidelberg. (dpa) Nachdem Sprengstoffpakete bei drei süddeutschen Lebensmittelunternehmen für große Aufregung gesorgt haben, stehen die Ermittler vor einem Rätsel. Wie die Staatsanwaltschaft in Heidelberg mitteilte, hat sich ein Rentner auch Tage nach seiner Festnahme am vergangenen Freitag nicht zu den Anschuldigungen gegen ihn geäußert. Die Behörden halten ihn für den Täter, der die explosive Post an drei Lebensmittelunternehmen gesendet haben soll. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft vom Dienstag waren es Ermittlungen zur Art der Sprengstoffpakete, die auf die Spur des Rentners führten.

Die drei Postsendungen waren demnach zeitgleich in derselben Postannahmestelle in Ulm aufgegeben worden. Zwar seien alle dabei angegebenen Absender fiktiv gewesen, jedoch habe man den tatsächlichen Absender über die Art des Verpackungsmaterials ermitteln können, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft mit. "Bei diesem Material habe es sich um eine von Privatpersonen verhältnismäßig selten genutzte Art der Verpackung gehandelt", fügte er hinzu. Ermittler hätten herausgefunden, dass der Rentner sich solche Verpackungen kurz vor der Tat beschafft habe.

Die Serie hatte am vergangenen Dienstag in der Warenannahme eines Getränkeherstellers in Eppelheim begonnen. Dort wurde ein Mann durch eine Verpuffung verletzt, als er ein Paket annahm. Am Mittwoch kam es beim Öffnen eines Briefes in der Lidl-Zentrale in Neckarsulm zu einer Explosion mit drei Verletzten. Ein drittes verdächtiges Paket, das an den Babynahrungshersteller Hipp adressiert war, wurde in der Nacht zu Donnerstag in einem Paktverteilzentrum beim Flughafen München abgefangen und entschärft.

Update: Dienstag, 23. Februar 2021, 14.28 Uhr


Der Rentner schweigt immer noch

Heidelberg/Ulm. (cab) Auf RNZ-Anfrage hat sich die Staatsanwaltschaft zu den Ermittlungen gegen einen 66-jährigen Rentner aus dem Raum Ulm geäußert, der seit Freitag in Untersuchungshaft sitzt. Er wird verdächtigt, explosive Postsendungen an den Eppelheimer Aromenhersteller ADM Wild, die Zentrale des Discounters Lidl in Neckarsulm sowie an den Babynahrungshersteller Hipp in Pfaffenhofen verschickt zu haben. Noch immer habe sich der Mann nicht zu den Vorwürfen geäußert, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Montag.

So sei das Tatmotiv weiterhin unklar. Auch gebe es keine Hinweise auf politische Aktivitäten des Rentners. Die Päckchen, die er laut des Sprechers in einer Postannahmestelle in der Ulmer Rosengasse abgegeben hatte, waren etwa 30 Zentimeter lang, 20 Zentimeter breit und wenige Zentimeter hoch.

Das Päckchen an Hipp war in München abgefangen und entschärft worden. Die beiden anderen detonierten in Eppelheim und Neckarsulm. Bei ADM Wild war ein Mitarbeiter verletzt worden, als das Päckchen in seinen Händen explodierte. Er erlitt ein Knalltrauma. Bei Lidl hatten sich drei Mitarbeiter Verletzungen zugezogen. Hier ging das Päckchen beim Öffnen hoch. Über die Bekleidung der Verletzten hinaus habe es keine Sachschäden gegeben, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft Heidelberg, welche die Ermittlungen einer 100-köpfigen Sonderkommission gemeinsam mit dem Landeskriminalamt Stuttgart leitet. Es seien insbesondere die Ermittlungen zur Art der Sprengstoffpakete gewesen, welche im Verlauf des 19. Februar auf die Spur des Beschuldigten geführt hätten, so der Sprecher. "Alle drei Postsendungen wurden zeitgleich in derselben Postannahmestelle in Ulm aufgegeben. Zwar waren die auf ihnen angegebenen Absender allesamt fiktiv, jedoch konnte der wahre Absender über die Art des Verpackungsmaterials ermittelt werden. Bei diesem Material handelt es sich um eine von Privatpersonen verhältnismäßig selten benutzte Art der Verpackung. Der Polizei gelang es, festzustellen, dass der Beschuldigte sich solche Verpackungen kurz vor der Tat beschafft hatte", so der Sprecher. Er bestätigte, dass zwei der fiktiven Absender "Merkel" und "Schwarz" lauteten. Zudem seien dazu Absenderadressen in Ulm, München und Augsburg angegeben worden.

Der gegebene dringende Tatverdacht gegen den Rentner laute auf Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und versuchter schwerer Körperverletzung, sowie versuchtes Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit versuchter schwerer Körperverletzung. Der mögliche Strafrahmen für die beiden vollendeten Taten reiche von einem bis 15 Jahren Freiheitsstrafe, so der Sprecher. Die Ermittlungsbehörden würden weiterhin mit Hochdruck an der vollständigen Aufklärung der Straftaten arbeiten. "Wann die Ermittlungen abgeschlossen sind, kann derzeit nicht zuverlässig gesagt werden."

Update: Montag, 22. Februar 2021, 18.56 Uhr


Rentner soll explosive Pakete verschickt haben - Tatmotiv weiter unklar

Von Violetta Heise und Carsten Blaue

Ulm/Heidelberg. Erst der Eppelheimer Aromenhersteller ADM Wild, dann Lidl in Neckarsulm und schließlich der Babynahrungshersteller Hipp im bayerischen Pfaffenhofen: Drei Firmen der Lebensmittelbranche wurden zu Zielscheiben von Attacken mit explosiven Postsendungen. Jetzt sitzt ein 66-Jähriger in U-Haft. Er soll der Absender sein. Doch noch immer sind viele Fragen offen.

Zunächst kann auch die 100-köpfige Ermittlungsgruppe unter Federführung des Stuttgarter Landeskriminalamts (LKA) und der Staatsanwaltschaft Heidelberg etwas durchatmen. Sie hat einen Rentner aus dem Raum Ulm dingfest gemacht. Spezialkräfte sollen ihn bereits am Freitagabend an seinem Wohnsitz festgenommen haben. Dabei habe der Mann keinerlei Widerstand geleistet, hieß es. Er soll der Absender der Sprengladungen sein. Doch was könnte den 66-Jährigen dazu bewogen haben, die Lebensmittelfirmen zu attackieren und damit Menschenleben zu gefährden? Und warum waren es ausgerechnet Lidl, Hipp und ADM Wild, deren Standorte zumindest keinen räumlichen Bezug zueinander haben?

Darüber herrschte auch am Wochenende noch Ungewissheit, zumal es im Vorfeld auch keine Drohungen oder Erpressungsversuche gegeben haben soll. Der bislang nicht polizeibekannte Mann habe sich zu den Vorwürfen noch nicht geäußert, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung des LKA und der Staatsanwaltschaft. Das Tatmotiv sei weiterhin unklar, sagte am Montag ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Heidelberg. 

Auch deren Angaben, wie sie dem Verdächtigen auf die Schliche gekommen sind, beschränken sich auf das Nötigste.

Es hieß lediglich, insbesondere die Ermittlungen zum Versandweg und zur Art der Sprengstoffpakete hätten die Sonderkommission im Laufe des Freitags auf die Spur des Tatverdächtigen gebracht. Jedoch sollen die Sprengstoffpäckchen, über deren Größe, Beschaffenheit und Aussehen ebenfalls noch nichts mitgeteilt wurde, mit fiktiven Absendern beschriftet gewesen sein.

Ferner ist offen, welcher Sprengstoff verwendet wurde und welche Spur an den detonierten Päckchen für Lidl und ADM Wild die Ermittler so schnell zu einer Postfiliale in der Innenstadt von Ulm führte. Hier sollen die Postsendungen für den Versand durch den Paket- und Briefexpressdienst DHL abgegeben worden sein. Auch das Päckchen für Hipp, das in der Nacht zum Donnerstag in einem Paketverteilzentrum beim Flughafen von München abgefangen und entschärft werden konnte.

In ihrer Mitteilung vom Samstag gingen die beiden Ermittlungsbehörden nicht davon aus, dass der Mann noch weitere gefährliche Briefe oder Pakete in Umlauf gebracht hat. Auch in Neckarsulm war die Erleichterung groß, dass der Verdächtige gefasst wurde. So schnell habe er gar nicht damit gerechnet, gab Oberbürgermeister Steffen Hertwig zu. Er hoffte, dass die Gefahr jetzt gebannt sei. Dennoch herrschte am Wochenende noch erhöhte Alarmbereitschaft wegen weiterer Päckchen mit möglicherweise explosivem Inhalt.

So wurde am Samstagvormittag gegen 10 Uhr ein verdächtiges Paket im DHL-Verteilzentrum in Leimen gestoppt. Dieses war aufgefallen, weil es Verfärbungen der Hülle aufwies. Das Paketzentrum wurde geräumt. Polizei, Rettungskräfte und Entschärfer des LKA rückten an. Doch die Spezialisten konnten bald Entwarnung geben. Das Paket war harmlos. Auch einen Zusammenhang mit den Taten in der vergangenen Woche schlossen die Ermittler aus.

Update: Montag, 22. Februar 2021, 14.14 Uhr


Verdächtiges Paket sollte nach Eppelheim gehen

Leimen/Eppelheim. (cm) Samstagvormittag, Stralsunder Ring, Leimen: In den Einkaufsmärkten im Norden der Großen Kreisstadt erledigen die Menschen ihre Wochenendeinkäufe. Plötzlich wird es hektisch: Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst eilen zur Zustellbasis von Post und DHL neben dem Zementwerk. Hier wurde ein verdächtiges Paket gemeldet – und die Vermutung liegt nahe, dass es sich um einen weiteren explosiven Karton handelt. Da war noch nicht bekannt, dass in der Anschlagsserie auf Lebensmittelfirmen ein Verdächtiger gefasst wurde (siehe "Metropolregion").

Kleiner Brandfleck, große Wirkung: Nach RNZ-Informationen sorgte ein kreisrunder schwarzer Fleck auf einem Paket in der Größe eines Zwei-Euro-Stücks gegen 10 Uhr dafür, dass dieses als verdächtig eingestuft wurde. Brisant: Es war nach Informationen dieser Zeitung an ein Unternehmen in der Rudolf-Wild-Straße in Eppelheim adressiert, wo auch ADM Wild seinen Sitz hat – bekanntlich das erste Ziel der Anschlagsserie. Es folgte ein Großeinsatz. Die Polizei teilte zunächst lediglich mit, dass ein verdächtiges Paket "angehalten" wurde und die Zustellbasis vorsorglich geräumt wurde. "Die Entschärfer des Landeskriminalamts wurden routinemäßig hinzugezogen", hieß es weiter.

Gegen 13 Uhr dann Entwarnung: Das Paket wurde von Spezialisten des Landeskriminalamts geöffnet und es wurde kein "sprengstoffverdächtiger Inhalt" festgestellt. Die Ursache der "auffälligen äußerlichen Beschaffenheit" des Pakets – die Polizei sprach nur von einer "Verfärbung der Hülle" – blieb unbekannt. Ein Zusammenhang zu den explosiven Postsendungen sei aber ausgeschlossen.

Somit konnte auch die Feuerwehr wieder abrücken, die laut Stadtbrandmeister Armin Nelius mit rund 15 Einsatzkräften zu einem "Kleinbrand" alarmiert worden war. "Wer eins und eins zusammenzählen kann, wusste gleich, um was es geht", so Nelius. Das Paket war beim Eintreffen der Feuerwehr bereits im Freien, wo es aus sicherer Entfernung bis zum Eintreffen der Spezialkräfte überwacht wurde. "Es ging keine Gefahr aus", so Nelius. "Es hat nicht gebrannt."

"Wir sind froh, dass es sich um einen Fehlalarm gehandelt hat", so ein Post-Sprecher auf RNZ-Anfrage. Zu Verzögerungen bei der Zustellung anderer Sendungen sei es nicht gekommen. Zu dem Paket wollte die Post keine Angaben machen. Nach RNZ-Informationen soll es von einem Unternehmen im Stuttgarter Raum stammen. Ein Vertreter der Eppelheimer Firma soll vor Ort bestätigt haben, dass es Geschäftsbeziehungen gebe. Der Inhalt: zahlreiche Papierseiten ...

Update: Sonntag, 21. Februar 2021, 19.43 Uhr


Leimen. (pol/mare) In einem Verteilerzentrum der Deutschen Post in Leimen hat ein verdächtiges Paket am Samstag einen Einsatz von Polizei und Feuerwehr ausgelöst. Es soll laut Polizei aber keinen Zusammenhang mit den Päckchen-Bomben bei Wild in Eppelheim sowie in Neckarsulm und Ulm geben. 

Gegen 10 Uhr wurde das Päckchen demnach entdeckt und das Paketzentrum geräumt. Spezialisten des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg öffneten das Paket. Dabei wurde aber kein sprengstoffverdächtiger Inhalt festgestellt. Über die Ursache der auffälligen äußerlichen Beschaffenheit des Pakets - die Hülle war verfärbt - die den Verdacht erweckt hatte, die Sendung könnte Sprengstoff enthalten, liegen bislang keine Erkenntnisse vor.

Ein Zusammenhang zu den explosiven Postsendungen, über die in den vergangenen Tagen in der Presse berichtet wurde, kann nach Einschätzung der Ermittler ausgeschlossen werden.

Update: Sonntag, 21. Februar 2021, 16.21 Uhr


Weitere Päckchen-Bomben wurden in Ulm abgegeben

Von Julia Giertz und Carsten Blaue

Heidelberg/Stuttgart. Die Angriffe mit explosiven Postsendungen auf den Aromenhersteller ADM Wild in Eppelheim und die Hauptzentrale des Discounters Lidl in Neckarsulm gehen wohl ebenso auf das Konto eines Serientäters oder mehrerer wie ein vereitelter Anschlag, der laut den Ermittlungsbehörden gegen das Pfaffenhofener Lebensmittelunternehmen Hipp gerichtet war. Wie das Landeskriminalamt (LKA) und die Staatsanwaltschaft Heidelberg am Freitag mitteilten, weise eine Spur darauf hin, dass alle drei Postsendungen in Ulm gemeinsam auf den Weg gebracht worden waren.

"Es ist ein Zusammenhang anzunehmen zwischen diesen drei Päckchen", sagte daher die baden-württembergische Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz am Freitag. Die drei Postsendungen trugen fiktive Absender und waren vom Paket- und Briefexpressdienst DHL angeliefert worden.

Die kriminaltechnischen Untersuchungen der Spuren, die an den Tatorten in Eppelheim und Neckarsulm sowie in einem Paketverteilzentrum beim Flughafen München gesichert wurden, seien noch nicht abgeschlossen, hieß es in der Mitteilung weiter. In München war das an Hipp adressierte Paket in der Nacht zum Donnerstag noch rechtzeitig entdeckt und entschärft worden, nachdem klar war, dass die drei Postsendungen gleichzeitig abgegeben worden waren.

Die Gefahr von weiteren sprengstoffverdächtigen Postsendungen werde nach derzeitiger Einschätzung als wenig wahrscheinlich erachtet, könne jedoch nicht gänzlich ausgeschlossen werden, hieß es vonseiten des LKA und der Staatsanwaltschaft. Unter deren Federführung arbeitet eine rund 100-köpfige Sonderkommission "unter Hochdruck", wie es hieß – auch um Schlimmeres zu verhindern.

Dabei sind viele Fragen offen. Das Motiv des Täters oder der Täter liegt noch völlig im Dunkeln. Ein Bekennerschreiben mit einer Forderung gab es, Stand Freitagmittag, nicht. Es sei aber nicht auszuschließen, dass dies noch komme, nachdem ein gewisser Druck aufgebaut worden sei, hieß es aus Ermittlerkreisen.

Die Sonderkommission des LKA, zu der auch Beamte der Polizeipräsidien Heilbronn, Mannheim und Ulm gehören, beschäftigt sich in den Ermittlungen auch mit ähnlich gelagerten Taten, die ein paar Jahre zurückliegen. So ist ein Briefbomben-Erpresser, der die Menschen im Jahr 2017 in der Region Berlin-Brandenburg in Angst und Schrecken versetzte, noch immer auf freiem Fuß.

Der Discounter Lidl teilte mit, seine ohnehin sehr hohen Sicherheitsmaßnahmen für Verwaltungsstandorte, Warenverteilzentren und Filialen umgehend verstärkt zu haben. Ein erhöhtes Risiko bestand aber laut eines Lidl-Sprechers schon am Donnerstag nicht mehr. Die Beschäftigten des betreffenden Verwaltungsgebäudes im Neckarsulmer Gewerbegebiet seien im Homeoffice. Mindestens bis Montag sollen sie zu Hause bleiben. In Heilbronn gab es für den von der Dieter-Schwarz-Stiftung getragenen Bildungscampus eine ähnliche Empfehlung, ebenso für die Duale Hochschule Baden-Württemberg.

Unterdessen informierte der Lebensmittelverband Deutschland seine 500 Mitgliedsunternehmen darüber, worauf bei der Paketannahme geachtet werden müsse. Die Poststellen sollen Sendungen aussortieren, wenn sie keinen bekannten Absender haben, Unebenheiten aufweisen oder ungewöhnlich schwer sind. Die Branche sei sehr emotionaler Kritik ausgesetzt, die an Hass grenze, sagte ein Sprecher. Das äußere sich in den sozialen Medien, in E-Mails oder Drohanrufen. Eine RNZ-Anfrage, was den Lebensmittelunternehmen hier konkret vorgeworfen wird, woher die Aggression rührt und wie die Branche sowie ihr Verband darauf reagieren, wollte der Sprecher nicht mehr beantworten. "Heikles Thema", sagte er und betonte: "Wir beteiligen uns nicht an Spekulationen über mögliche Täter oder Tatmotive, sondern vertrauen auf die Ermittlungsarbeit der Polizei."

Update: Freitag, 19. Februar 2021, 20 Uhr


Landespolizeipräsidentin geht von Serientäter aus

Stuttgart/Heidelberg. (dpa) Nach Explosionen von Postsendungen in der Lidl-Zentrale und bei ADM Wild in Eppelheim sowie einem verdächtigen Fund in Bayern, der an den Babynahrungsmittelhersteller Hipp gerichtet war, geht die Polizei von einer Serientat aus. "Es ist ein Zusammenhang anzunehmen zwischen diesen drei Päckchen", sagte die baden-württembergische Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz am Freitag in Stuttgart. Details zu möglichen Verdächtigen, Bekennerschreiben oder weiteren Ermittlungen machte sie nicht.

Auch Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) zeigte sich überzeugt: "Ich habe schon nach dem zweiten Fall eine Vermutung gehabt und habe sie nach dem dritten Fall auch", sagte er. Die Ermittlungen liefen auf Hochtouren.

Alle Sendungen waren an Lebensmittelunternehmen adressiert. Am Dienstag hatte ein Mitarbeiter des "Capri Sun"-Herstellers ADM Wild in Eppelheim ein Knalltrauma erlitten, als er in der Warenannahme ein Paket angenommen hatte. Drei Verletzte gab es am Mittwoch, als es beim Öffnen eines Briefes in der Lidl-Zentrale in Neckarsulm zu einer Explosion kam. Nach Angaben Strobls sind alle Verletzten aus dem Krankenhaus entlassen worden. Noch rechtzeitig entschärft werden konnte in der Nacht zum Donnerstag eine Postsendung in einem Paketverteilzentrum beim Flughafen München. Die Sendung war an ein Lebensmittelunternehmen in Bayern adressiert. Dabei handelte es sich um den Babynahrungshersteller Hipp, eine entsprechende Information wurde der dpa aus Ermittlerkreisen bestätigt.


Lebensmittelverband warnt Mitglieder nach Explosionen

Berlin. (dpa) Nach zwei Explosionen von Postsendungen und einer entschärften Postsendung an Firmen der Lebensmittelbranche ruft der Branchenverband seine Mitglieder zu erhöhter Wachsamkeit auf. "Wir haben sie informiert, auf was bei der Paketannahme geachtet werden muss", sagte ein Sprecher des Lebensmittelverbands der Deutschen Presse-Agentur. Die Poststellen sollen Sendungen aussortieren, wenn sie keinen bekannten Absender haben, Unebenheiten aufweisen oder ungewöhnlich schwer sind. Die Branche sei sehr emotionaler Kritik ausgesetzt, der an Hass grenze. Dieser äußere sich in sozialen Medien, E-Mails oder Drohanrufen. Da werde auf die Lebensmittelindustrie "eingedroschen". Das sei in dieser Woche wieder sehr akut gewesen.

Aber man vertraue auf die Ermittlungsarbeit der Polizei. "In der Vergangenheit wurden Briefbombenattentäter fast immer dingfest gefasst", so der Verband. Er vertritt die Interessen von etwa 500 Mitgliedern vom Erzeuger über den Handel bis hin zu Gastronomie und Transportfirmen.

Update: Freitag, 19. Februar 2021, 12 Uhr


Soko nach Explosionen bei Lidl und ADM Wild eingerichtet

Eine verdächtige Postsendung wurde in München entdeckt und entschärft. Derweil herrscht in Neckarsulm Verunsicherung.

Von Carsten Blaue

Neckarsulm/Heidelberg. Es sind nur wenige Informationen, welche die Ermittlungsbehörden nach den Explosionen von Postsendungen bei ADM Wild in Eppelheim und in der Neckarsulmer Lidl-Hauptzentrale preisgeben. Doch diese haben es in sich. Die Sache ist so groß, dass das Landeskriminalamt (LKA) selbst die Ermittlungen übernimmt – gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft Heidelberg. Zudem wurde eine 100-köpfige Ermittlungsgruppe eingerichtet. Diese geht davon aus, dass es einen Tatzusammenhang gibt. Ob das auch für eine Postsendung gilt, die in der Nacht zum Donnerstag im Münchner Flughafen entschärft wurde, lassen das LKA und die Staatsanwaltschaft in ihrer Erklärung vom Donnerstagnachmittag offen.

Wer hinter den explosiven Sendungen steckt, sei noch ebenso unklar wie das Motiv, sagt am Freitagmorgen ein LKA-Sprecher auf Anfrage. Am Donnerstag hatten LKA und Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass die Postsendung in einem Paketverteilzentrum beim Flughafen abgefangen wurde und an ein Lebensmittelunternehmen mit Sitz in Bayern adressiert gewesen sei. Daher sei auch das bayerische LKA eng in die Ermittlungen eingebunden, heißt es. Schon die Explosionen eines Pakets beim Aromenhersteller ADM Wild am Dienstag und eines Briefs bei Lidl am Mittwoch trafen Unternehmen der Lebensmittelbranche.

Laut der Mitteilung prüfen Spezialisten derzeit sämtliche Spuren, die an den Tatorten und an den Postsendungen gesichert worden waren, um "möglichst rasch" herauszufinden, wer dahinterstecken könnte. Zu Motiven würden momentan noch keine Erkenntnisse vorliegen. Drohungen oder Erpresserschreiben soll es zumindest im Fall von Lidl im Vorfeld nicht gegeben haben, wie ein Polizeisprecher gegenüber der RNZ bereits am Mittwoch bestätigt hatte. Bei ADM Wild ist das unklar.

Die Ermittlungen der Sonderkommission würden auf Hochtouren geführt, so die Behörden. Diese setzt sich demnach aus Angehörigen des Stuttgarter LKA sowie der Polizeipräsidien Mannheim, Heilbronn und Ulm zusammen. Sie verbuchen die Entschärfung in München als ersten Erfolg. Eine gute Nachricht in der Mitteilung ist auch, dass die Verletzten das Krankenhaus inzwischen wieder verlassen konnten. Bei ADM Wild war das Paket in der Warenannahme in den Händen eines Mitarbeiters detoniert. Bei Lidl hatten sich drei Mitarbeiter verletzt, als der Brief nach dem Öffnen explodierte.

Wie berichtet, hatte das Discount-Unternehmen seine Mitarbeiter eine Dreiviertelstunde nach der Explosion in einer E-Mail davor gewarnt, weitere Briefe und Pakete aufzumachen. Außerdem sollen die Mitarbeiter der Verwaltungen der Dieter-Schwarz-Gruppe eine interne Mitteilung erhalten haben, vorerst nicht mehr an die Arbeitsplätze zurückzukehren. Ein Lidl-Sprecher bestätigt am Donnerstagabend auf RNZ-Anfrage, dass das Gebäude in der Rötelstraße, wo es zu der Explosion gekommen war, bis auf Weiteres nicht besetzt sei. Alle Mitarbeiter würden sich "im mobilen Arbeiten" befinden.

Tief bestürzt sei man im Unternehmen über den Vorfall, so der Sprecher. Den Kollegen wünsche man gute und schnelle Genesung. Alle Mitarbeiter, die am Mittwoch vor Ort waren, seien umgehend medizinisch und psychologisch betreut worden. Die ohnehin hohen Sicherheitsmaßnahmen habe Lidl umgehend verstärkt: "Nach Einschätzung der Behörden besteht derzeit kein erhöhtes Risiko für unsere Standorte und Filialen", so der Sprecher abschließend.

Derweil ist die Unruhe am Donnerstag in Neckarsulm enorm. Angefangen bei der Verwaltungsspitze. Stadtsprecher Andreas Bracht sagt am Telefon, Oberbürgermeister Steffen Hertwig sei am Mittwoch von der Feuerwehr informiert worden und gleich zur Lidl-Zentrale geeilt. "Das kann nicht wahr sein", sei Hertwigs erste Reaktion gewesen. "So etwas gab es in Neckarsulm noch nie", betont Bracht. Vor dem Hintergrund der Briefexplosion habe der OB die Verwaltungsmitarbeiter angewiesen, bei verdächtigen Postsendungen, deren Herkunft nicht genau erkennbar sei, besondere Vorsicht walten zu lassen. Auch mit Lidl sei der OB in Kontakt, so Bracht. Hertwig habe von einer schrecklichen, hinterhältigen Tat gesprochen.

Nach der Explosion am Mittwochnachmittag war die Polizei von Lidl-Mitarbeitern noch auf weitere verdächtige Gegenstände aufmerksam gemacht worden. Doch jedes Mal konnten die Beamten laut eines Sprechers des Heilbronner Polizeipräsidiums Entwarnung geben. Auch die Verunsicherung in der Region rund um Neckarsulm ist groß.

So gehen am Donnerstag gleich mehrere Hinweise auf verdächtige Gegenstände, Päckchen und Pakete bei der Heilbronner Polizei ein, bestätigt der Sprecher auf RNZ-Anfrage. Die besorgten Anrufer hätten sich auch aus Paketannahmen oder Paketzentren gemeldet. Jedem einzelnen Verdacht seien Spezialisten des Landeskriminalamts nachgegangen. Dafür habe man vor Ort die Räumlichkeiten gesperrt und dann überprüft. Der Sprecher teilt noch mit, dass sich selbst die Botschaften anderer Länder, wie Japan, Ungarn und Italien, bei der Heilbronner Polizei in Sorge um das Wohlergehen ihrer Landsleute gemeldet hätten.

Auch die Deutsche Post DHL reagiert auf die Explosionen der Postsendungen in Eppelheim und Neckarsulm mit erhöhter Vorsicht. Ein Sprecher sagt in Stuttgart auf RNZ-Anfrage: "Wir verfolgen schon seit einer Reihe von Jahren kontinuierlich alle sicherheitsrelevanten Entwicklungen, die für unser Geschäft beziehungsweise unser Unternehmen von Bedeutung sind. Dies schließt entsprechende Vorsichtsmaßnahmen ein, die wir insbesondere auch nach solchen Vorfällen ergreifen."

Würde man dazu aufgefordert, so würde man natürlich mit der Polizei zusammenarbeiten, "um Schaden von unseren Kunden wie auch unseren Mitarbeitern abzuwenden", so der Sprecher. Allerdings sagen die Ermittler bislang noch nichts dazu, auf welchem Weg oder durch welches Versandunternehmen das Paket und der Brief überhaupt zugestellt worden waren.

Update: Freitag, 19. Februar 2021, 8.15 Uhr


Weiteres explosives Paket entdeckt und entschärft

Heidelberg. (mün) Nach den Explosionen bei den Wild-Werken in Eppelheim und bei Lidl in Neckarsulm wurde eine weitere gefährliche Postsendung entdeckt und rechtzeitig entschärft. Das verdächtige Päckchen wurde in einem Paketverteilzentrum in München entdeckt und sollte an ein Lebensmittelunternehmen in Bayern gehen, teilt die Staatsanwaltschaft Heidelberg am Donnerstagabend mit. Entdeckt wurde die Sendung in der Nacht zu Donnerstag.

Mittlerweile arbeiten in einer Sonderkommission 100 Polizisten aus Heilbronn, Mannheim, Ulm und des Landeskriminalamtes. In Stuttgart werden auch die Ermittlungen geleitet.

Derzeit prüfen Spezialistinnen und Spezialisten sämtliche an den Tatorten und der entschärften Sendung gesicherten Spuren. So will man auf die Spur des Täters kommen. Warum die explosiven Pakete verschickt wurden, sei noch unklar.

Die bei den Detonationen in Neckarsulm und Eppelheim verletzten Personen haben das Krankenhaus mittlerweile wieder verlassen, so die Heidelberger Staatsanwaltschaft.

Untersuchungen zur Explosion bei Lidl laufen auf Hochtouren

Neckarsulm/Eppelheim. (dpa-lsw) Die Spuren- und Motivsuche zu zwei Explosionen an zwei aufeinanderfolgenden Tagen in Baden-Württemberg läuft auf Hochtouren. Noch ist wenig bekannt, die Polizei hält sich bedeckt. "Unsere Ermittlungen dauern an, aber aktuell gibt es da nichts Neues", sagt eine Polizeisprecherin zur Explosion in der Lidl-Zentrale in Neckarsulm (Landkreis Heilbronn) am Mittwoch mit drei Verletzten. Woher der Brief, der am Mittwochnachmittag explodiert war, gekommen war, blieb zunächst offen. Auch ein mögliches Motiv des Absenders und die Frage, ob es zuvor eine Bombendrohung gegeben haben könnte, sind Gegenstand der Ermittlungen.

Zur Explosion kam es beim Öffnen eines Briefes. Ein Mensch wurde dabei mittelschwer verletzt, zwei weitere wurden leicht verletzt. Spezialisten des Landeskriminalamts Baden-Württemberg durchsuchten mit Sprengstoffspürhunden das gesamte Gebäude, fanden aber keine weiteren verdächtigen Gegenstände. Die Rettungskräfte vor Ort hatten rund 100 Mitarbeiter der Firma in Sicherheit gebracht. Der SWR schrieb am Donnerstag auf seiner Homepage, nach der Explosion habe es noch eine Reihe von Fehlalarmen gegeben. Das Unternehmen zeigte sich tief bestürzt.

Die Polizei sprach von einer größeren Einsatzlage. Das Lidl-Verwaltungsgebäude liegt in einem Industriegebiet. Aus Sicherheitskreisen hieß es, es sei unklar, ob es sich um eine Brief- oder Paketbombe handelte.

Die Polizei prüft auch, ob ein Zusammenhang mit der Verpuffung in Eppelheim besteht. Dabei wurde am Dienstag ein Mitarbeiter verletzt. Er erlitt ein Knalltrauma. Sachschaden entstand nicht. Laut Polizei war für die Verpuffung ein Paket verantwortlich, das der Mann angenommen hatte. Polizeisprecher Norbert Schätzle, sagte der "Rhein-Neckar-Zeitung", dass das Landeskriminalamt das Päckchen mit nach Stuttgart genommen habe, um es vielfältigen Untersuchungen zu unterziehen.

Update: Donnerstag, 18. Februar 2021, 12.29 Uhr


Kuvert ging in Lidl-Zentrale hoch

Von Carsten Blaue

Neckarsulm. In der Hauptzentrale des Discounters Lidl in Neckarsulm hat es am Mittwoch gegen 14.50 Uhr eine Detonation gegeben. Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Heilbronn bestätigte, dass eine Postsendung – ein Kuvert oder "päckchenähnlicher Gegenstand" – explodiert sei. Seinen Angaben zufolge gab es drei Verletzte. Das Gebäude wurde evakuiert. Bereits am Dienstagmorgen hatte es in Eppelheim eine Explosion beim Aromenhersteller "ADM Wild" gegeben. Vor zwei Wochen sorgte ein verdächtiges Päckchen im Posteingang des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe für einen größeren Einsatz.

Zunächst war am Mittwoch nicht klar, welche Firma in der Rötelstraße im Neckarsulmer Industriegebiet betroffen ist. Das über 100 Kräfte starke Großaufgebot von Polizei, Feuerwehr und Rettungskräften vor dem Gebäude des Konzerns der Schwarz-Gruppe bestätigte dann aber schnell die Augenzeugenberichte.

Das Gebiet auch um den Sitz der Schwarz-Gruppe selbst wurde weiträumig abgesperrt und die Lidl-Verwaltungszentrale geräumt. Darin befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion, zu der es nach RNZ-Informationen in der Poststelle kam, etwa 100 Mitarbeiter. Ihnen stand vor Ort ein Seelsorger zur Verfügung.

Zu der Explosion soll es beim Öffnen der Postsendung gekommen sein. Etwa eine Dreiviertelstunde nach dem Zwischenfall warnte die Geschäftsleitung von Lidl laut Informationen dieser Zeitung alle Mitarbeiter in einer E-Mail daher eindringlich davor, weitere Briefe oder Pakete zu öffnen.

Bei den Verletzten handelte es sich um Mitarbeiter des Unternehmens. Einer von ihnen erlitt nach Angaben des Polizeisprechers "mittelschwere Verletzungen" und musste mit einem Rettungshubschrauber in ein Krankenhaus geflogen werden. Die beiden anderen Betroffenen hätten sich demnach leichte Verletzungen zugezogen.

Gegen 16.30 Uhr waren auch Spezialkräfte eingetroffen, darunter Entschärfer. Bis zum Abend sicherte die Kriminalpolizei im Gebäude Spuren. Zudem sollte ausgeschlossen werden, dass sich weitere verdächtige Gegenstände in dem Verwaltungsgebäude befinden. Auch Spürhunde sollen dabei eingesetzt worden sein.

Die Lidl-Zentrale wurde bis auf den Explosionsort selbst schon am Abend wieder freigegeben. Zu den Hintergründen oder gar möglichen Motiven teilte die Polizei bislang nichts mit. Das Landeskriminalamt soll sich in die Ermittlungen eingeschaltet haben.

Dieses untersucht jetzt auch die Ursache einer Explosion am Dienstagvormittag in der Warenannahme des Aromenherstellers ADM Wild in Eppelheim. Hier war gegen 11 Uhr ein Paket in den Händen eines Mitarbeiters explodiert. Das Alarmstichwort der Feuerwehr hatte hier "Paketbombe" gelautet. Jedoch ist im Fall der Firma ADM Wild, die auch den Getränkeproduzenten Capri Sun beliefert, ebenfalls noch völlig unklar, ob es sich um einen Unfall oder einen gezielten Anschlag handelte. Somit ist auch offen, ob ein Zusammenhang zwischen den beiden Explosionen besteht. Dies werde jetzt geprüft, hieß es.

Update: Mittwoch, 17. Februar 2021, 19.42 Uhr


Großeinsatz nach Explosion in Schwarz-Firmenzentale

Dabei wurden drei Personen verletzt. Ersten Informationen zufolge soll eine Briefbombe im Verwaltungsgebäude explodiert sein.

Neckarsulm. (dpa/RNZ/rl) Zu einer Explosion im Verwaltungsgebäude der "Lidl & Schwarz Gruppe" soll es am Mittwochnachmittag gekommen sein. Die Informationslage ist dabei noch unklar: Ersten Informationen zufolge soll gegen 14.50 Uhr eine Briefbombe im Verwaltungsgebäude explodiert sein. Dabei wurden drei Personen verletzt, eine davon schwer. Die Anzahl der Verletzten wurden zwischenzeitlich bestätigt.

Rettungsdienste, Feuerwehr und Polizei sind mit einem Großaufgebot vor Ort. Auch ein Rettungshubschrauber landete vor der Firmenzentrale. Gegen 16.30 Uhr trafen Entschärfer vor Ort ein. Rund um die Rötelstraße dem Sitz der "Lidl & Schwarz Gruppe" wurde weiträumig abgesperrt.

Nach Angaben von Sicherheitskreisen ereignete sich die Explosion in einem Gebäude des "Discounters" Lidl. Es ist allerdings noch unklar, ob es sich um eine Brief- oder Paketbombe handle. Dies müssten die Ermittlungen zeigen, teilte die Polizei am Spätnachmittag mit.

Die Polizei prüfe gleichfalls, ob ein Zusammenhang mit der Verpuffung in Eppelheim bestehe: Am gestrigen Dienstagvormittag war es beim Eppelheimer Aromenhersteller "ADM Wild" zu einem Großeinsatz gekommen, nachdem ein Paket in den Händen eines Mitarbeiters in der Warenannahme explodiert war.

Vor zwei Wochen sorgte ein verdächtiges Päckchen im Posteingang des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe für einen größeren Einsatz.

Update: Mittwoch, 17. Februar 2021, 17.11 Uhr


Explodiertes Paket liegt nun in Stuttgart

Eppelheim. (luw) Die Ermittlungen zur Ursache der Explosion eines Pakets bei ADM Wild laufen noch: Das erklärte die Polizei auf Nachfrage der RNZ am Tag nach dem Großeinsatz am Werksgelände des Aromenherstellers.

Bekanntlich war in der zentralen Warenannahme der Firma am Dienstagvormittag ein Päckchen in den Händen eines Mitarbeiters explodiert. Dies geschah nach Angaben der Polizei in jenem Moment, in dem der Mann das Paket öffnen wollte. Er erlitt ein Knalltrauma und konnte das Krankenhaus noch am selben Tag verlassen. Zu weiteren Schäden kam es nicht.

Ob der Vorfall auf einen Unfall oder auf eine gezielte Tat des Paketabsenders zurückgeht, ist Gegenstand der Ermittlungen. Am Mittwoch erklärte Polizeisprecher Norbert Schätzle, dass das Landeskriminalamt das Päckchen mit nach Stuttgart genommen habe, um es "vielfältigen Untersuchungen" zu unterziehen. Bereits am Ort des Geschehens hatte die Polizei am Dienstag erklärt, dass auch mit Sprengsätzen vertraute Spezialisten zur Ursache forschen würden.

Die Firma ADM Wild, die auch das benachbarte Werk des Getränkeherstellers Capri-Sun beliefert, hatte am Dienstag keine offizielle Stellungnahme abgeben wollen. Auf Nachfrage verwies die Eppelheimer Konzernzentrale nun auf eine Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit mit Sitz in der Schweiz. Dabei blieben die meisten Fragen der RNZ unbeantwortet. In der Stellungnahme heißt es lediglich, dass man derzeit prüfe, "wie wir die Sicherheitsmaßnahmen vor Ort weiter erhöhen können". Der betroffene Mitarbeiter erhole sich aktuell zu Hause. Für weiteres wurde an die Polizei verwiesen.

Bei dem Einsatz am Dienstag waren rund 30 Polizeibeamte vor Ort, ähnlich viele Feuerwehrleute aus Eppelheim und Plankstadt sowie drei Rettungswagen. Feuerwehrkommandant Uwe Wagner hatte gegenüber der RNZ erklärt, dass das Alarmstichwort zunächst "Paketbombe" gelautet habe.

Für Aufsehen sorgte am Mittwochnachmittag zudem die Explosion einer Briefbombe in der Neckarsulmer Hauptzentrale des Discounters Lidl. Dabei wurden drei Personen verletzt.

Update: Mittwoch, 17. Februar 2021, 20.15 Uhr


Paket explodierte – Anschlag oder Unfall?

Nach der Explosion kam es zu einem Großeinsatz auf dem Werksgelände von ADM Wild. Ein Mitarbeiter wurde verletzt, das Landeskriminalamt untersucht noch die Ursache.

Von Lukas Werthenbach 
und Benjamin Miltner

Eppelheim. Aufregung am Dienstagvormittag rund um das Werksgelände von ADM Wild: Weil ein Paket in den Händen eines Mitarbeiters explodiert ist, waren Dutzende Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst vor Ort. Der Mann wurde nach Angaben der Polizei leicht verletzt, der Verdacht lautete auf ein Knalltrauma. Ob es sich um einen Unfall oder um eine gezielte Tat des Paketabsenders handelte, war am Dienstagabend noch nicht bekannt. Spezialisten des Landeskriminalamts seien noch mit der Untersuchung des Päckchens beschäftigt, so ein Polizeisprecher.

Gegen 11 Uhr knallte es in der zentralen Warenannahme des Aromenherstellers, der auch den benachbarten Getränkeproduzenten Capri Sun beliefert. "Das Alarmstichwort lautete ,Paketbombe’", berichtete hinterher Feuerwehrkommandant Uwe Wagner auf RNZ-Anfrage. Mit entsprechend großem Aufgebot rückten die Einsatzkräfte an: Knapp 30 Feuerwehrleute aus Eppelheim und Plankstadt waren vor Ort, ähnlich viele Polizeibeamte sowie drei Rettungsfahrzeuge. Zum Glück stellte sich aber schon bald heraus, dass dieses Aufgebot nicht vollständig gebraucht wurde.

ADM Wild wollte am Dienstag keine offizielle Stellungnahme abgeben. Auch ein per E-Mail versandter Fragenkatalog der RNZ – etwa zum Gesundheitszustand des betroffenen Mitarbeiters und zu möglichen, aus dem Vorfall resultierenden zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen – blieb vonseiten der Konzernzentrale bis zum Abend unbeantwortet.

Gegen 13.30 Uhr versammelten sich auf dem Werksgelände mehrere Medienvertreter um Christopher Weselek. Der Leiter der Polizei-Öffentlichkeitsarbeit fasste den Vorfall noch einmal zusammen: Das Paket sei explodiert, als es gerade ein Mitarbeiter habe öffnen wollen. "Was genau in dem Paket explodiert ist, wissen wir nicht – ob es etwa möglicherweise Pyrotechnik beinhaltete oder andere Ursachen hatte." Der Mitarbeiter habe bei der kleinen Explosion ein Knalltrauma erlitten, weitere Verletzte und Beschädigungen außer dem Paket selbst habe es nicht gegeben.

Auf Nachfrage der RNZ erklärte Polizeisprecher Norbert Schätzle am Nachmittag, dass der Mann nur zur Untersuchung ins Krankenhaus gebracht worden sei. Demnach sei der Mitarbeiter in der Warenannahme im Osten des Werksgeländes angestellt. Es sei Teil seiner täglichen Arbeit, die zahlreichen eintreffenden Pakete zu öffnen. Aus dem Umfeld von ADM Wild war am Abend zu erfahren, dass der Mitarbeiter wieder zu Hause sei und von der Polizei befragt werde.

Die Kriminalpolizeidirektion Heidelberg hat gemeinsam mit der Zentralen Kriminaltechnik den Fall übernommen und ermittelt nach Angaben der Beamten in alle Richtungen. Auch mit Sprengsätzen vertraute Spezialisten des Landeskriminalamts Baden-Württemberg forschen zur Ursache. "Wir wollen alle Eventualitäten dort möglichst genau anschauen", betonte Weselek.

Feuerwehrkommandant Wagner erklärte, dass ein sogenannter Bereitstellungsraum zu Beginn des Einsatzes auf dem Parkplatz des nahe gelegenen Edeka-Markts in der Rudolf-Wild-Straße eingerichtet wurde. "Dort standen unsere Löschfahrzeuge und der Rettungsdienst, um sich gegebenenfalls um Verletzte zu kümmern." Die Feuerwehr habe sich dabei um den Brandschutz für diesen Bereitstellungsraum gekümmert.

Gegen 14 Uhr zog ein Großteil der Einsatzkräfte wieder vom Ort des Geschehens ab. Damit begann die Arbeit für die Experten der Polizei.

Update: Dienstag, 16. Februar 2021, 20 Uhr


Arbeiter nach Explosion bei Wild-Werken leicht verletzt

Polizei, Rettungsdienste und Feuerwehr sind vor Ort.

Eppelheim. (luw/cm) Bei den Wild-Werken in Eppelheim kommt es am Dienstagmittag zu einem Großeinsatz von Rettungskräften der Polizei, Rettungsdienste und Feuerwehr. Auch das Landeskriminalamt ist vor Ort.

Polizeisprecher Norbert Schätzle teilte auf RNZ-Anfrage mit, dass es gegen 11 Uhr auf dem Werksgelände im Süden von Eppelheim zu einer leichten Explosion gekommen ist - anfangs war man nur von einer Verpuffung ausgegangen. "Es handelte sich nicht um eine Bombe", so Schätzle. Zu der leichten Explosion sei es im Bereich der zentralen Warenannahme gekommen, als ein Arbeiter ein Paket entgegennahm. Der Arbeiter wurde leicht verletzt. Der Mitarbeiter erlitt nach Polizeiangaben jedoch ein Knalltrauma.

Die Ursache ist unbekannt. "Das Paket wurde beschlagnahmt", so Schätzle. "Wir sind noch in der Anfangsphase der Ermittlungen." Die Kriminalpolizeidirektion Heidelberg hat gemeinsam mit der Zentralen Kriminaltechnik die Ermittlungen aufgenommen. Zur Ursachenforschung wurden Spezialisten des Landeskriminalamts Baden-Württemberg hinzugezogen.

Update: Dienstag, 16. Februar 2021, 14.12 Uhr

Загрузка...

Comments

Комментарии для сайта Cackle
Загрузка...

More news:

Read on Sportsweek.org:

Andere Sportarten

Sponsored