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Nach der Bundestagswahl: Wie Franziska Brantner eine "starke Stimme für den Wahlkreis" sein will

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		Nach der Bundestagswahl:  Wie Franziska Brantner eine

Neckar-Bergstraße. (ans/krs/web) Bis zur Bundestagswahl war der Wahlkreis Heidelberg/Weinheim mit Abgeordneten von CDU, SPD und Grünen im Bundestag vertreten. Jetzt wird er von der Grünen-Spitzenkandidatin im Land, Franziska Brantner, und Malte Kaufmann (AfD) repräsentiert. Die RNZ hat Brantner in Weinheim getroffen und gefragt, wie sie ihre Rolle als Inhaberin des Direktmandats interpretieren und dem Vorwurf begegnen will, außerhalb von Heidelberg zu wenig Präsenz zu zeigen. Das Gespräch drehte sich zudem um Projekte in den Kommunen, die Idee eines kostenlosen Öffentlichen Nahverkehrs und die besondere Rolle der 42-Jährigen als Alleinerziehende.

Frau Brantner, hätten Sie sich vor der Bundestagswahl träumen lassen, dass Sie im Wahlkreis Heidelberg/Weinheim das Direktmandat holen – und damit einen historischen Wahlerfolg für die Grünen einfahren?

Ich war dankbar überrascht. Die Wahlkreisumfragen hatten mich ja bis kurz vor Schluss nicht als Favoritin gesehen. Ich habe dafür gekämpft, aber hatte nie das Gefühl, dass das auf jeden Fall klappt.

Sie sind jetzt nur noch zu zweit als Abgeordnete des hiesigen Wahlkreises in Berlin vertreten, früher waren sie zu dritt, einst sogar zu viert. Sehen Sie dadurch eine Schwächung der regionalen Stimme auf Bundesebene?

Alexander Föhr als erster Nachrücker auf der CDU-Landesliste könnte nachkommen. Innerhalb von vier Jahren gibt es meistens Verschiebungen. Ich werde eine starke Stimme für den Wahlkreis in Berlin sein. Je nachdem, ob wir Teil der Regierung sein werden oder nicht, noch stärker. Ich bin dafür bekannt, dass ich über Parteigrenzen hinweg arbeite, und wir haben hier vorher schon gut die Interessen gemeinsam vorangebracht. Das möchte ich auch gern in Zukunft so handhaben und den Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien signalisieren, dass sie mich als Ansprechpartnerin sehen können.

Künftig werden Sie den Wahlkreis mit AfD-Politiker Kaufmann vertreten. Er repräsentiert ja ein ganz anderes politisches Lager als Sie. Was bedeutet das für eine Zusammenarbeit?

Ich meine das ernst, wenn ich sage, dass ich mir eine gute Zusammenarbeit mit demokratischen Parteien wünsche. Und ich glaube, dass damit klar ist, wen ich nicht meine. In der vergangenen Legislaturperiode hatte ich meistens unerfreuliche Erlebnisse mit der AfD.

Zum Beispiel?

Nehmen Sie das Thema "Waffen im Bundestag". Als parlamentarische Geschäftsführerin habe ich mit dafür gesorgt, dass Waffen jetzt verboten sind. Früher war das nicht nötig, weil die Abgeordneten einfach keine Waffen oder gefährliche Gegenstände dabeihatten. Das wurde erst jetzt mit der AfD nötig. Das ist auch Teil dessen, was die AfD im Bundestag ist.

Kennen Sie eigentlich Malte Kaufmann persönlich?

Ich kenne ihn von Podien und von Facebook. Was für mich heraussticht, ist der Unterschied von dem, was er bei Erstgenannten sagt und was er in den Sozialen Medien schreibt. Die Ausführungen bei Facebook sind meistens mehr von Schärfe, Hetze und Fake News geprägt als das, was er auf Podien sagt.

Schon jetzt gibt es mitunter den Vorwurf, dass Sie an Bergstraße und Neckar recht wenig präsent sind. Wie soll das in Zukunft aussehen?

Ich bin weiter eine Bürgerin, die in Heidelberg lebt. Deshalb sieht man mich dort häufiger. Ich bin sehr gern hier vor Ort, und ich bespreche mit meinen grünen Kollegen, wie wir das kommunal gemeinsam verstärken. Aber ich bin eben auch jemand, der bei uns Grünen im Fraktionsvorstand und im Parteirat ist und da wichtige Aufgaben hat. Das kann ich wiederum für die Region nutzen. So kann ich mich auf Bundesebene für den Wahlkreis einsetzen.

Haben Sie sich denn vorgenommen, an Bergstraße und Neckar häufiger präsent zu sein?

Natürlich wird sich meine Rolle ändern, und ich werde verstärkt Ansprechpartnerin sein und dafür auch Zeit mitbringen. Gerne auch im direkten Gespräch, in kleineren Formaten, weil ich so mehr erfahre. Das will ich beibehalten, weil ich diese Art von Austausch wichtig finde.

Der Weinheimer Grünen-Landtagsabgeordnete Uli Sckerl sieht Sie ja dafür prädestiniert, ein Amt in der neuen Bundesregierung zu übernehmen, sofern die unter Beteiligung der Grünen arbeitet. Können Sie sich das vorstellen, und welches wäre Ihr Wunsch-Amt?

Man sollte nicht die Felle zerteilen, bevor sie erlegt sind. Ich kann mir zumindest vorstellen, eine verantwortungsvollere Rolle zu übernehmen. Ich sehe mich als Team-Player und bringe mich ein, wo ich gebraucht werde. Ich bin sicherlich eine Generalistin, die schon verschiedene Themen bearbeitet hat, darunter Europapolitik oder Politik für Familien und Kinder. Von daher kann ich mir vieles vorstellen, wobei es in erster Linie darum gehen muss, dieses Land möglichst gut zu regieren.

Wenn Sie es sich aussuchen könnten, was wäre denn Ihr Traum-Amt?

(lacht) Wissen Sie, bei uns gilt auch die Regel: Wenn man so etwas vorher sagt, verringern sich die Möglichkeiten. Ich bin da wirklich offen und stehe bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen, in welcher Funktion auch immer.

An der Bergstraße gibt es zahlreiche Projekte, und die Kommunen erhoffen sich Förderung durch den Bund. Für welches Projekt wollen Sie sich zeitnah einsetzen?

Ich möchte mich dafür einsetzen, dass die Kommunen an sich finanziell besser ausgestattet sind.

Wie wollen Sie das erreichen?

Es geht da um die gesamte Daseinsvorsorge im Bildungsbereich, im sozialen Bereich oder im Gesundheitswesen. Man muss anerkennen, dass Kommunen hier eine wichtige Aufgabe haben. Und dafür müssen sie einen größeren Teil der Steuereinnahmen zur Verfügung gestellt bekommen. Wenn alles nur projektgebunden ist, wird das auch für die Mitarbeitenden schwierig, die nur befristete Verträge bekommen.

Das ist ein bisschen allgemein formuliert. Gibt es ein konkretes Projekt, für das Sie sich starkmachen wollen?

Es gibt ja Verkehrsprojekte, wo wir Grüne auch dafür sind (lacht). Mit meinen Grünen vor Ort muss ich jetzt besprechen, wie ich meine neue Abgeordnetenrolle übernehme. Als Grüne neben anderen Parteivertretern aus dem Wahlkreis hatte ich eine andere Aufgabe als jetzt, dessen bin ich mir bewusst. Das ist gerade bei Projekten wichtig, die wir Grüne vielleicht nicht per se automatisch unterstützen.

In Heidelberg gibt es Bestrebungen, einen kostenlosen Öffentlichen Nahverkehr einzuführen ...

(lacht auf) Ja, das hat Oberbürgermeister Eckhart Würzner auf einmal angekündigt ...

Die Idee ist also in die aktuelle Debatte geraten. Sehen Sie so etwas auch im Rhein-Neckar-Kreis? Ein kostenloses Angebot dürfte ja schwierig zu finanzieren sein, allein die kommunalen Gelder für die RNV-Linie 5, die alte OEG, führen regelmäßig zu lautem Stöhnen in den Gemeinderäten entlang der Strecke.

Wir sind als Grüne sehr überrascht von diesem Vorstoß. Generell haben wir Sympathien dafür, wenn jemand den Öffentlichen Nahverkehr ausbauen möchte, auch wenn es so nah an dem OB-Wahlkampf aus dem Nichts kommt. Aber es ist eine Frage der Reihenfolge. Zuerst sollten ein Ausbau und eine bessere soziale Staffelung kommen, ehe es für alle gratis wird. Denn was nützt mir ein kostenloser Bus, der nicht fährt? Wir sind froh, dass wir auf Landesebene das 365-Euro-Ticket erreicht haben, das Schüler, Auszubildende und Studierende besserstellt. Es ist wichtig, dass man zuerst die finanziell Schwächeren stärkt, das Angebot ausbaut und sich schließlich in Richtung Kostenfreiheit für alle bewegt. Das Überraschungsmoment war auf Würzners Seite. Es werden spannende Haushaltsverhandlungen in Heidelberg.

Ein großes Thema, nicht nur an Bergstraße und Neckar, ist der Mangel an Wohnraum und die exorbitanten Immobilienpreise. Was kann der Bund tun?

Wir kämpfen ja für eine Mietpreis-Bremse, die wirklich die Lücken schließt und den jährlichen Mietanstieg begrenzt. Außerdem brauchen wir mehr sozialen und bezahlbaren Wohnraum, der staatlich mehr gefördert werden muss. Das Land ist zum Glück mit eingestiegen, aber das Land schafft es nicht allein. Insofern hoffen wir, in den anstehenden Verhandlungen noch mehr Gelder generieren zu können.

Zum Schluss noch etwas Persönliches. Sie sind ja nicht nur Bundestagsabgeordnete, sondern auch Alleinerziehende. Wie schafft man das?

Mit einem guten sozialen Umfeld. Sonst nicht.

Wo liegen im Bundestag da die Probleme?

Natürlich ist es so, dass ich auch gern mal mit meiner Tochter einen Abend verbringe, und deswegen auch nicht jeden Abend und jedes Wochenende für die Politik unterwegs bin. Und dafür möchte ich mich nicht entschuldigen. Man entschuldigt sich für Fehler, aber es ist ja kein Fehler, ein Kind zu haben. Außerdem glaube ich, dass es der Politik nicht schadet, wenn ein paar mehr Alleinerziehende dort wären. Wir sind sehr wenige im Bundestag, uns kann man an einer Hand abzählen. Im Vergleich zum Rest der Bevölkerung sind wir echt unterrepräsentiert. Aber unser Blick ist hilfreich, gerade auch in der Pandemie.

Können Sie das ausführen?

Als es auf einmal hieß, dass Kinder unter 14 Jahre mitzählen sollen wie Erwachsene. Für mich als Alleinerziehende bedeutet das quasi Zwangsquarantäne, weil ich gar niemanden hätte treffen können, ohne meine Tochter alleine zu Hause zu lassen. Solche Rückmeldungen waren wichtig dafür, dass wir die Kontaktbeschränkungen in Baden-Württemberg nicht auf diese Weise angewandt haben, sondern die Ausnahme für Unter-14-Jährige belassen haben. In solchen Momenten ist es gut, mal den Reflex in die Politik zu bringen: "Leute, für Alleinerziehende hat diese Maßnahme diese und jene Folgen."

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