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Walldorf: FDP-Bundestagsabgeordneter Jens Brandenburg im Porträt

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		Walldorf:  FDP-Bundestagsabgeordneter Jens Brandenburg im Porträt

Von Timo Teufert

Walldorf. Die Verbundenheit mit der Natur wurde dem FDP-Bundestagsabgeordneten Jens Brandenburg förmlich in die Wiege gelegt: Aufgewachsen ist der 35-Jährige zusammen mit zwei jüngeren Brüdern nämlich mitten im Wald – in der Nähe von Monschau in der Nordeifel. Seine Eltern hatten dort ein Gasthaus mit Pension – bis zum nächsten Nachbarn waren es gut 700 Meter durch den Wald. Als Treffpunkt für das RNZ-Porträt hat Brandenburg sich für den Walldorfer Wald entschieden: Hier verbringt er gerne seine Freizeit und kann abschalten.

Von seinen Eltern habe er gelernt, dass man sich für ein gutes Leben anstrengen und in schwierigen Situationen wieder aufstehen müsse, berichtete der Abgeordnete. Denn Gasthaus und Familie unter einen Hut zu bekommen, sei nicht immer einfach gewesen. Noch während der Schulzeit zog es ihn in die USA: Er absolvierte ein Highschool-Jahr in Little Rock im Bundesstaat Arkansas. "Das war eine spannende Erfahrung, nicht nur wegen der neuen Kultur und der Sprache, sondern auch, weil dort die Diskussionen anders geführt wurden als bei uns", sagt Brandenburg und verweist auf den Afghanistan-Einsatz und den Irak-Krieg. Ihm habe das Auslandsjahr geholfen, nicht nur sehr schnell selbstständig zu werden, sondern auch die Dinge einmal von außen zu betrachten.

Als Schüler war der Liberale ein Jahr lang bei den Jusos, der SPD-Jugendorganisation. "Ich habe da viele nette Leute kennengelernt, aber ich habe auch schnell gemerkt, dass dort bei vielen Dingen immer schnell die große politische Lösung gefordert wurde." Das habe aber nicht seinen Vorstellungen entsprochen: Jugendliche sollten selbst zu Lösungen kommen.

Nach dem Abitur wollte er Eventmanagement studieren, weil ihm das Organisieren liege. Sein Entschluss für ein Studium der Politischen Wissenschaft und der Volkswirtschaftslehre sei eher spontan gewesen: "Vor dem Abitur habe ich an ,Jugend debattiert‘ teilgenommen und musste mich dafür in politische Themen einarbeiten und darüber diskutieren." Seine Begeisterung führte zum Erfolg, er erreichte sogar den Bundeswettbewerb. "Nach der letzten Abiturprüfung habe ich mich dann für den Politik-Studiengang an der Universität Mannheim entschieden", berichtet der 35-Jährige.

Während seines Studiums hatte er zum ersten Mal Kontakt zu den Jungen Liberalen. "Das freiheitliche Denken und das Menschenbild hat mich überzeugt", so Brandenburg. Später war er drei Jahre lang Landesvorsitzender der "Julis". Zusammen mit anderen war er es, der einen Parteitagsbeschluss herbeiführte, als die Landesregierung aus CDU und FDP das Versammlungsrecht verschärfen wollte. "Es wurden Hürden geschaffen, die es schwerer gemacht hätten, eine Demonstration anzumelden", so Brandenburg. Die "Julis" konnten die Delegierten überzeugen und die Landtagsfraktion durfte nicht zustimmen. "Das war ein sehr motivierender Erfolg", blickt Brandenburg zurück.

Politisch habe ihn die Zeit bei den "Julis" sehr geprägt. Ihm sei bewusst geworden, wie sehr Bildungschancen von der sozialen Herkunft abhängig seien. Ein Bereich, der im Bundestag – neben der Aufgabe als Beauftragter für Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intersexuelle der FDP-Fraktion – seinen Arbeitsschwerpunkt bildet. "Dinge, die in der öffentlichen Wahrnehmung der FDP oft zu kurz kommen, im Bundestag voranzubringen, macht mir unglaublichen Spaß." Er betrachte den Liberalismus nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht, sondern ganzheitlich.

Für seine Promotion untersuchte Brandenburg die politischen Einflüsse auf die Verfahrensdauer am Bundesverfassungsgericht: "Der amerikanischen Supreme Court ist wissenschaftlich gut untersucht, das Bundesverfassungsgericht aber nicht", so der Abgeordnete. Er war daran beteiligt, eine empirische Datenbank für die Entscheidungen des Gerichts aufzustellen, um die Frage zu klären: Wie politisch ist Deutschlands höchstes Gericht. "Wissenschaftlich war das sehr spannend, sich so tief in Themen einzuarbeiten", sagt Brandenburg rückblickend. Er habe aber gemerkt, dass es nicht das war, was er dauerhaft machen wollte. "Mir hat die praktische Umsetzung gefehlt, was dann am Ende wirklich die Veränderung bringt."

Ihn zog es in die freie Wirtschaft, denn "man braucht ein zweites Standbein außerhalb der Politik", ist Brandenburg überzeugt. In einer Unternehmensberatung war er in der internationalen Strategieberatung mit Fokus auf der Finanzwirtschaft tätig. "Das war sehr herausfordernd und auch sehr spannend. Die Lernkurve war so hoch wie in wenigen anderen Berufen." Er habe in dieser Zeit viel für seine Arbeit als Abgeordneter gelernt, vor allem zielgerichtetes und effizientes Arbeiten. Neben seinem Beruf engagierte er sich weiter ehrenamtlich in der Politik, zum Beispiel im Bezirks- und dem Landesvorstand der FDP. Und kandidiert 2013 zum ersten Mal für den Bundestag, verpasst aber den Einzug. Ob es 2017 klappen würde, war nicht sicher. Mit Listenplatz neun schaffte es Brandenburg aber: "Seitdem darf ich das, was ich vorher ehrenamtlich gemacht habe, im Parlament vertreten."

Mit 31 sei er einer der jüngsten Abgeordneten gewesen, vertrete seither die jungen Themen – so zum Beispiel den Antrag "Jugend im Lockdown". Seine Anfänge im Bundestag vergleicht Brandenburg gerne mit der Arbeit in einem Start-up-Unternehmen: Schließlich war es für die FDP ein Neuanfang, nachdem sie 2013 an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert war. "Von den 80 Leuten in der Fraktion waren 60 noch nie im Parlament", berichtet er. Die liberalen Abgeordneten mussten sich von Grund auf neu strukturieren. Und auch die politischen Diskussion laufen durch die vielen "Neuen" seither anders: "Sie sind stärker an der Praxis orientiert."

Für ihn bedeutete das Mandat auch einen Wohnortwechsel: "Ein Abgeordneter sollte in seinem Wahlkreis wohnen", ist Brandenburg überzeugt. Auch deshalb zog er 2017 mit seinem Mann nach Walldorf. Beide stammen aus der Nähe von Aachen und kennen sich schon seit 18 Jahren und sind seit 10 Jahren verpartnert. Für ihn sei schon nach dem Studium klar gewesen, dass er nicht dauerhaft in einer Großstadt leben möchte. "Ich fühle mich hier heimisch", sagt er über Walldorf. Er schätzt auch die Mentalität der Menschen in der Kurpfalz: "Hier ist man weltoffen, vielfältig und tolerant."

Sein emotional stärkstes Erlebnis in den letzten vier Jahren im Bundestag war die erste Plenarsitzung: "Da habe ich zum ersten Mal richtig realisiert: Ich bin jetzt da." Schwierig seien die Abstimmungen über die Auslandseinsätze der Bundeswehr gewesen: Bei den Verlängerungen des Afghanistan-Mandats stimmte Brandenburg anders als seine Fraktion ab: "Mir fehlte die Exit-Strategie und die Zielsetzung." Doch es gab auch Erfolgserlebnisse: So ebnete er durch kleine Anfragen dem Gesetz zur Rehabilitierung homosexueller Soldaten den Weg und diskutierte bei der Grundgesetzänderung für den "Digitalpakt Schule" mit. Brandenburg lässt keinen Zweifel daran, dass er seine Arbeit gerne fortsetzen möchte und die FDP in die Regierungsverantwortung kommen soll: "Die Konzepte, die ich in den letzten Jahren mit meinen Kolleginnen und Kollegen gemacht habe, wollen wir jetzt auch in Regierungshandeln umsetzen", so Brandenburg.

Seine jetzt schon knappe Freizeit könnte dann noch einmal weniger werden. "Eigentlich reise ich sehr gerne. Aber das war im Lockdown ja nicht möglich." So zog es ihn zu Wanderungen an den Neckarsteig oder in die Schweiz. "Ich finde es toll, neue Landschaften zu entdecken und raus aus dem Alltag zu kommen", sagt Brandenburg, der auch gerne historische Romane liest, Zeit mit Freunden genießt und Fahrrad fährt.

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