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Mannheim: Jungbusch-Bewohner kämpfen gegen rüpelhafte Besucher

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		Mannheim:  Jungbusch-Bewohner kämpfen gegen rüpelhafte Besucher

Von Marco Partner

Mannheim. Heute ist es das Szene-Viertel, Mannheims kultiger Ausgeh-Ort. Mit Bars, Kneipen und dem Nachtwandel als großem Highlight, wenn im Oktober das ganze Viertel zur kulturellen und kulinarischen Bühne wird. Viele Besucher kennen den Jungbusch fast nur bei Dunkelheit, als Partymeile und Spaßzone. Wie ist es aber bei Tag um den Stadtteil am Verbindungskanal bestellt? Nicht nur abendliche Lärmpegel am Wochenende stören viele Bewohner, sondern auch die ansteigenden Mietpreise. Der schon lange um sich greifenden Gentrifizierung begegnet man mit einer sozialen Wohnraumförderung. Mit einem Regelwerk versucht man, den aufeinanderprallenden Interessensgruppen von Anwohnern, Barbetreibern und "Busch"-Besuchern gerecht zu werden. Bei Tag und bei Nacht.

Auch unter der Woche wirkt das alte Hafenviertel quirlig und lebendig. Vor den veganen Restaurants treffen sich zur Mittagszeit Studenten und Geschäftsleute. Am Spielplatz zwischen Beil- und Böckstraße sieht man Kinder toben, während sich die Mütter unterhalten. Ein harmonisches Mit- und Nebeneinander von Gästen und Einheimischen, so wünscht es sich auch der Quartiermanager. "Der Jungbusch hat als Ausgehviertel in den letzten zehn Jahren eine enorme Beschleunigung erfahren. Das Image hat sich gewandelt von der Rumpelkammer zum kulturellen Brennpunkt", erklärt Michael Scheuermann, der seit 2003 das Quartierbüro leitet.

Denn hipp war der Kiez nicht immer. 1869 erfolgte durch Rheinbegradigung und Neckardurchstich der Bau des Verbindungskanals. Vor allem Reeder, Kapitäne und Kaufleute lebten im neuen Hafenquartier. Die dort wachsenden Bäume und Sträucher wurden zu Beginn oft überschwemmt – daher der Name Jungbusch. Noch um die Jahrtausendwende machten die meisten einen großen Bogen um das alte Hafenquartier. "Damals befand sich der Stadtteil im sozialen Abseits, in einer Insellage zwischen Hafen und City", erinnert sich Scheuermann. Die einstigen Lagerhallen lagen um die Jahrtausendwende brach, der Verbindungskanal war Niemandsland, und im Viertel gab es noch typische Hafenkneipen und Überbleibsel des Rotlicht-Milieus. Auch Einzelhändler, vom Elektroladen bis zum Bäcker und Metzger, ergriffen Ende der 1990er die Flucht und hinterließen einen großen Leerstand.

"Die Aufbruchstimmung kam mit den Vorbereitungen für das Stadtjubiläum 2007", erklärt Scheuermann. Eine Stadt an zwei Flüssen, lautete die Leitidee. "Das sind doch wir", sagte man sich im Jungbusch, und die isolierte Lage zwischen Rhein und Neckar wurde plötzlich zur Brücke in die Zukunft. "Die Popakademie siedelte sich an, das war die Initialzündung", betont der Quartiermanager. Hinzu kamen das Kreativwirtschaftszentrum C-Hub, der Musikpark, das Zeitraumexit oder die Kunstgalerie Port 25. Neben einem Studentenwohnheim zog auch in die alte Kaufmannmühle mit schicken Loft-Wohnungen wieder Leben ein. Der Jungbusch war auf einmal wieder Anlaufstelle: Ankerplatz mit Industrieromantik und Hafenkulisse, wie man heute gerne sagt.

Doch der Boom von außen hat auch seine Schattenseiten. Laura Malek lebte schon als Kind im "alten" Jungbusch. "Es gab einen großen Zusammenhalt, wir konnten als Kinder auch spätabends einfach auf der Straße spielen. Man wusste immer, wo man zur Not klingeln und klopfen kann. Es war sehr familiär, wie in einem Dorf", erinnert sie sich an die 90er-Jahre. Heute habe man die Sorge, dass die Kinder auf dem Spielplatz in Glasscherben treten und auf andere Party-Hinterlassenschaften stoßen. Das Revier, der Lebensraum, wird nun von verschiedenen "Playern" markiert.

Auf dem Wohnungsmarkt kam es zu Verdrängungen, aber auch zu einer enormen Aufwertung. "Es gab einen Instandsetzungs-Rückstau, Eigentümer investierten plötzlich wieder in teils heruntergewirtschaftete Wohnungen, die Nachfrage wuchs, und ganze Mietshäuser wurden an Immobiliengruppen verkauft", erklärt Scheuermann. Die Folge: steigende Mieten und eine Gentrifizierung, bei der sich der ökonomisch Stärkere durchsetzt. Malek kennt viele "Ureinwohner", die ihren Stadtteil notgedrungen verließen. Aber es gibt auch Gegenmaßnahmen.

In der Hafenstraße 66 liegt ein Neubau mit bezahlbaren GBG-Wohnungen in den letzten Zügen. "Für Familien vor Ort", betont Scheuermann. Vor gut vier Jahren besetzten Aktivisten des Bündnisses "Wem gehört die Stadt?" an gleicher Stelle das einsturzgefährdete Vorgänger-Gebäude, um auf Wohnungsmangel und steigende Mieten zu verweisen. Unter dem Motto "Fairmieten" hat man auch den größten Jungbusch-Investoren mit 30 Miethäusern davon überzeugt, die "sozialen Notwendigkeiten" vor Ort anzuerkennen. Als "Machtwort des Viertels" gilt die Jungbusch-Vereinbarung: ein Regelwerk, das von mehr als 60 Bewohnern zusammen mit dem Quartiersmanagement erarbeitet wurde. Auch Malek gehört der Monitoring-Gruppe an. "Wir wollen, dass Gäste das Quartier nicht mit Müll verschmutzen und nicht auf die Straße, auf Spielplätze oder vor Hauseingänge pinkeln", betont sie.

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