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Brunnen und Bäche: Diskussion um Wasserentnahme in Eppingen geht weiter

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		Brunnen und Bäche:  Diskussion um Wasserentnahme in Eppingen geht weiter

Von Armin Guzy

Eppingen. Der Klimawandel – genauer: die sich abzeichnende Katastrophe – befeuert auch die seit Jahren geführte Debatte über die Wasserentnahme von Landwirten aus Brunnen oder Bächen. Der Eppinger Gemeinderat hat sich nun in einer zuvor nicht gekannten Intensität mit der Thematik auseinandergesetzt und die Einschätzungen von Experten, aber auch von einem wasserfördernden Landwirt gehört. Dabei wurde nochmals deutlich, wie komplex das Thema ist, aber auch, dass die Diskussion darüber weitergehen wird, vielleicht sogar erst am Anfang steht. Und, auch das wurde erneut klar: Die Steuerungsmöglichkeiten der Gemeinde sind begrenzt, da die Untere Wasserbehörde des Landratsamtes für die Genehmigung von Brunnenbohrungen zuständig ist und jeder Landwirt eine solche beantragen kann.

Hintergrund ist ein auf zehn Jahre geschlossener Vertrag zwischen dem Landwirt Eckhard Bitterich und dem Zweckverband "Wasserversorgungsgruppe Oberes Elsenztal", der dem Landwirt mit Zustimmung der Stadt erlaubt, seit 2019 jährlich bis zu 80.000 Kubikmeter "Rohwasser" aus dem Tiefbrunnen "Bräunling" zu fördern, um seine Gemüsekulturen zu bewässern. Die Zustimmung des Gemeinderats war damals nur mit knapper Mehrheit und nach langer Debatte erfolgt. Festgeschrieben wurde dann, dass der Verband dem Landwirt jederzeit das Wasser abdrehen darf, falls es für die Allgemeinheit gebraucht wird. Nun will er einen eigenen Brunnen bohren.

Weil der Hof bereits ein Jahr nach Vertragsabschluss deutlich mehr als die vereinbarte Menge gefördert hatte, nämlich fast 120.000 Kubikmeter, und zugleich die Fördermengen der drei Hilsbach-Quellen drastisch zurückgegangen war, hatte der Gemeinderat 2020 beschlossen, Experten zurate zu ziehen – was nun geschah.

Von der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) war Dr. Sabrina Plegnière zugeschaltet. "Wir können die Folgen (des Klimawandels) bereits beobachten und auch spüren", sagte sie und berichtete von einem "sehr rapiden Anstieg" der Durchschnittstemperaturen in Baden-Württemberg seit den 1990er-Jahren, der im Kraichgau übrigens noch stärker ausfalle. Statt einer lange Zeit herrschenden Temperatur von 8,4 Grad Celsius im Jahresdurchschnitt seien bereits zehn Grad fast erreicht und – je nach Klimamodell und Klimaschutzfortschritt – 13 Grad in den kommenden Jahrzehnten wahrscheinlich, im Kraichgau sogar 15 bis 16 Grad. "Wie in der Toskana", sagte Plegnière, verdeutlichte dann jedoch, dass das, was sich vordergründig "nach Urlaub anhört", drastische Folgen hat: Laut der Klimaforscher drohen bereits in naher Zukunft, noch stärker jedoch ab etwa 2070, regelmäßige Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen und Hagel, aber auch Niedrigwasser und Dürren, selbst im Kraichgau. Statt zehn heiße Tage im Jahr werde es dann 50 bis 60 geben.

Hinzu kommen frostfreie und nasse Winter mit bis zu 40 Prozent mehr Regen, der jedoch nichts nutzt, weil im Winter die Vegetation kaum ausgebildet ist. Im Sommer hingegen wird es an Wasser mangeln – außer natürlich bei den zunehmenden Starkregenereignissen. Zudem nimmt der Vorrat an Bodenwasser kontinuierlich ab, wie Messungen ergeben haben. Das wiederum bringt die Pflanzen in "Trockenstress" und begünstigt die Ausbreitung von Schädlingen. An der enormen Ausbreitung des Maiszünslers kann man das bereits beobachten, berichtete Plegnière. Sie riet der Kommune, ihre Raumplanung an diese Entwicklung anzupassen, Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen, Dächer zu begrünen und Wasserspeicher anzulegen. Der Landwirtschaft empfahl sie eine bodenpflegende Bewirtschaftung der Felder und den Anbau von wärmeliebenden Sorten in größerer Vielfalt. Alle müssten sich frühzeitig auf die Veränderungen einstellen und zugleich versuchen, diese möglichst gering zu halten, mahnte die Wissenschaftlerin.

Anschließend versuchte Christoph Franken vom Sinsheimer ingenieurgeologischen Büro Töniges, den Gemeinderäten zu erklären, was sich im Eppinger Untergrund tut. Auch seine Prognose war wenig erbaulich: "Es kann sein, dass weitere Brunnen nötig werden", um künftig die Wasserversorgung gewährleisten zu können. Der Zweckverband, dem Eppingen, Ittlingen und Kirchardt angehören, betreibt derzeit sechs Brunnen, drei davon auf Eppinger Gemarkung, mit einer jährlichen Gesamtfördermenge von einer Million Kubikmeter. Außerdem bezieht er etwa 500.000 Kubikmeter Trinkwasser aus dem Bodensee. Zweckverbandschef Jürgen Fischer stellte dabei klar, dass die 120.000 Kubikmeter, die der Landwirtschaftsbetrieb 2020 gefördert hat, nicht als Trinkwasser gelten und daher bei der Gesamtrechnung außen vor bleiben. Er sagte aber auch, dass der Wasserverbrauch im Corona-Jahr 2020 deutlich gestiegen ist.

Hydrogeologe Franken erläuterte dem Gremium den Aufbau der Bodenschichten, die natürlichen Zuflüsse der Brunnen, ihre Einzugsbereiche, und dass die drei Eppinger Brunnen ihr Wasser allesamt aus der gleichen Schicht ziehen. Weitere Brunnenbohrungen in der Nähe, wie von Landwirten beabsichtigt, könnten einen "Konkurrenzeffekt" auslösen. "Im schlimmsten Fall zapfe ich mir dann aktiv das Wasser von meinem Trinkwasserbrunnen weg", beschrieb Franken. Den befürchtet höheren Nitrateintrag ins Grundwasser durch die Bewässerung schloss er hingegen aus, da der Boden im Kraichgau eine ausreichend dicke Schutzschicht habe. Eine Wasserentnahme aus dem "Bräunling" ist aus Frankens Sicht übrigens besser, als einen neuen Bewässerungsbrunnen zu bohren. Und falls doch, dürfe man nicht die gleiche wasserführende Schicht anzapfen.

Landwirt Julius Bitterich erläuterte die Angelegenheit aus der Sicht seiner Familie: Dass 2020 mehr Wasser aus der Tiefe gepumpt wurde als vereinbart, begründete er mit dem "handwerklichen Fehler" einer zu frühen Aussaat und mit dem extrem trockenen Wetter: "Wenn man anfängt, kann man nicht einfach aufhören (zu bewässern) – dann sterben die Pflanzen." Von der derzeitigen Bewässerung profitierten mehrere Landwirte, inzwischen seien auch ein Pufferteich angelegt, ein kilometerlanges Leitungsnetz aufgebaut und ein mittlerer sechsstelliger Betrag investiert worden. Der Brunnen, den die Landwirte knapp außerhalb des Einzugsbereichs der drei Hilsbach-Quellen bohren wollen, soll lediglich "als Puffer für Spitzenzeiten" dienen.

"Wir sind abhängig von der Natur und brauchen die Flexibilität", betonte Bitterich und ließ nicht unerwähnt, dass seine Familie in der Angelegenheit seit einem Jahr heftigen Gegenwind spüre, und auch, dass die Hydrogeologie nicht so einfach sei: "Man bohrt da ins Blaue", fasste er die Erfahrungen aus drei erfolglosen Probebohrungen zusammen. "Das kostet uns sehr viel Geld, und wir haben kein Interesse daran, Wasser zusätzlich zu verbrauchen", versicherte er.

"Wir haben im Moment nicht ganz so viele Hebel, wie wir gerne haben würden", stellte Grünen-Stadtrat Peter Wieser nach gut einer Stunde etwas resigniert fest, und Oberbürgermeister Klaus Holaschke, der ebenfalls dieser Meinung ist, forderte erneut, dass die Untere Wasserbehörde ihre Genehmigungspraxis offenlegen muss.

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