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Rhein-Neckar: Wenn das Motorrad zur Plage wird

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		Rhein-Neckar:  Wenn das Motorrad zur Plage wird

Von Alexander Albrecht und Susanne Kupke

Rhein-Neckar. Der Frühling ist da – und mit ihm die Motorräder, die zuhauf durch die Region kurven. Doch was den einen ein schönes Hobby, ist den anderen zunehmend eine Plage. Anwohner an besonders beliebten Strecken im Land machen Front gegen Motorradlärm. Rund 160 Orte und Kreise umfasst inzwischen die "Initiative Motorradlärm" der Landesregierung, darunter sind auch Heidelberg und Nußloch. Sie sind sich einig: So kann es nicht weitergehen. Sie fordern Rücksicht und notfalls Verbote. Die Polizei sieht darüber hinaus ein erhöhtes Unfallrisiko.

Wo sind die Brennpunkte? Motorradfahren macht auf landschaftlich reizvollen, bergigen und kurvenreichen Strecken Spaß. Als Lärm-Hotspots in der Region gelten der Odenwald, die Löwensteiner Berge (B39) im Kreis Heilbronn, Teile der Bergstraße und der Pfälzerwald.

Warum gibt es Zoff? Vor allem die Masse machts. Es gibt immer mehr Motorräder: Seit 2011 stieg die Zahl der Neuzulassungen in Baden-Württemberg laut Statistischem Landesamt um 22 Prozent auf fast 700.000 im vergangenen Jahr. Ein neuer Höchststand. In den letzten 50 Jahren hat sich der Bestand fast verzwanzigfacht, so der ADAC. Wenn die Biker richtig aufdrehen, den Auspuff für den richtigen Sound manipulieren und im Pulk fahren, ist es aus mit der Erholung anderer. Der Lärmschutzbeauftragte der Landesregierung, Thomas Marwein, beobachtet zudem immer lautere Maschinen vom Werk her.

Ab wann wird Lärm gefährlich? Laut Umweltbundesamt sollte ein Lärmpegel von 65 Dezibel am Tag und 55 Dezibel in der Nacht nicht überschritten werden. Bei einer Messung an der Bundesstraße 39 bei Löwenstein war laut Verkehrsministerium jedes zweite Motorrad mit 87 Dezibel oder lauter unterwegs. Wer nahe einer Biker-Strecke wohnt, leidet nach Angaben des Lärmschutzbeauftragten nicht selten unter Lärm von bis zu 100 Dezibel. "Das entspricht einem Presslufthammer."

Was wird dagegen getan? Die Polizei achtet bei Kontrollen auf auffällige Motorräder und technische Manipulationen an Auspuffanlagen. Die Beamten klären zudem auf. Das gleiche Ziel verfolgt eine ADAC-Schilder-Kampagne mit dem Titel "Leiser fahren".

Und wenn alles nichts nutzt? Dann kommt die harte Tour. "Rücksichtsloses Fahren muss deutliche Folgen haben", sagt Verkehrsminister Winfried Hermann. Den Bundesrat hat er schon auf seiner Seite; die Bundesregierung soll rechtliche Änderungen auf den Weg bringen. Nötig sei etwa eine Lärmobergrenze, die ein Motorrad in keinem Fahrzustand überschreiten darf. "Wer sich nicht an die Regeln hält, wird konsequent kontrolliert und angezeigt", sagt Innenminister Thomas Strobl (CDU). Saftige Bußgelder inklusive. Diskutiert wird auch über Fahrverbote nach dem "Tiroler Modell". Dort sind für laute Maschinen einige Bergstraßen von Juni bis Oktober gesperrt. Tatsachen geschafft worden sind im vergangenen Jahr im südhessischen Odenwald. Die Behörden machten an Sommer-Wochenenden die bei Biker beliebten Abschnitte am Krähberg oder bei Mossautal dicht.

Was sagen Motorradfahrer? Der Bundesverband der Motorradfahrer unterstreicht, dass sich die überwiegende Mehrzahl der Biker an Regeln halte. So sieht es auch Siegfried Reinhard, Vorsitzender des Motorradclubs "Hot Wheels" in Walldürn. Im Gespräch mit der RNZ wunderte er sich im vergangenen Jahr, warum der Bund immer noch nicht die für den Krach entscheidenden Dezibel-Werte in der Zulassungsordnung nach unten gesetzt oder Hersteller verdonnert hat, leisere Motorräder zu bauen. "Wenn ich mit Leuten rede, die laute Maschinen fahren, dann sagen die mir: Schau her, ist alles in den Papieren eingetragen und vom Tüv abgenommen." Reinhard bedauert Streckensperrungen, appelliert aber auch an die Biker-Community. Die große Mehrheit der Vernünftigen müsse zu laut und hochtourig fahrenden Fahrern die Meinung sagen. Das wirke bei der Zielgruppe mehr, als wenn dies Außenstehende täten.

Was ist ohne Weiteres möglich? Rücksicht. Wer sich an Tempolimits hält, einen höheren Gang wählt und vorausschauend fährt, ist leiser unterwegs. "Jeder kann durch seinen Fahrstil erheblich auf die Geräuschentwicklung seines Fahrzeugs einwirken", sagt ein Sprecher des Verkehrsministeriums. Bei Motorradfahrern müsse dafür noch ein stärkeres Problembewusstsein geschaffen werden.

Wie schätzt die Polizei die Unfallrisiken in der Region ein? Das auch für Heidelberg und den Rhein-Neckar-Kreis zuständige Präsidium in Mannheim sieht in zu hoher Geschwindigkeit und technischen Mängeln der Motorräder (abgefahrene Reifen oder zu wenige Bremsflüssigkeit) die größten Gefahren. Diese beiden Faktoren stehen im Mittelpunkt einer Schwerpunktkontrolle an diesem Wochenende mit Stationen an kurvenreichen Strecken, zum Beispiel im Vorderen Odenwald oder im Rhein-Neckar-Kreis. Gerade zum Saisonbeginn seien die Unfallrisiken höher, wenn die Biker noch ungeübt sind und sich die Autofahrer erst wieder an die zweirädrigen Maschinen gewöhnen müssten. Dass auf den Straßen aktuell weniger los sei, könne manchen Motorradfahrer dazu verleiten, seine Fähigkeiten zu überschätzen. Im vergangenen Jahr haben sich im Bereich des Mannheimer Präsidiums 500 Motorradunfälle ereignet. Dabei wurden knapp 100 Personen schwer und 275 leicht verletzt. Vier Menschen starben.

Wie ist es um den Zustand der Straßen bestellt? Es ist auf alle Fälle Vorsicht geboten. Hauptgefahrenquellen sind vom Frost aufgerissene Schlaglöcher und rutschige Fahrbahnen in schattigen Kurven. Ebenfalls im Kopf haben müssen Biker landwirtschaftliche Fahrzeuge, die aus Wald- und Feldwegen unvermittelt auf die Straße einbiegen.

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