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Studieren in der Pandemie: Wie eine Sportwissenschaftlerin die Uni bewältigt

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		Studieren in der Pandemie:  Wie eine Sportwissenschaftlerin die Uni bewältigt

Von Martina Birkelbach

Lindach/Heidelberg. Untätig rumsitzen ist nichts für Luisa Schüssler. "Sport bedeutet mir alles", sagt die 22-Jährige. 2017 hat sie am Eberbacher Hohenstaufen-Gymnasium ihr Abitur gemacht, jetzt studiert sie im sechsten Semester Sportwissenschaft an der Heidelberger Universität, mit Psychologie als Nebenfach. Handball, tanzen und trainieren in der KG Kuckuck in der Freizeit, dazu arbeiten im Fitnessstudio Palestra: Ihr Leben war mit ihrer Lieblingsbeschäftigung ausgefüllt. Bis die Pandemie kam. Auch wenn ihr Studiengang einer der Ausnahmestudiengänge ist, die teilweise in Präsenz stattfinden, seit März 2020 hat sich ihr Leben verändert. Unterkriegen lässt sie sich aber nicht: "Corona belastet mich nicht. Aber ich bin natürlich froh, wenn es vorbei ist und wir wieder alle gemeinsam trainieren können".

Rückblick Anfang März 2020: "Mein Freund Sascha Weyrauch war von seiner Uni aus in Indien auf Exkursion. Danach haben wir uns in Sri Lanka getroffen. Er flog von Indien aus, ich von Frankfurt. Ich hatte vor dem Abflug schon Bedenken, es gab die ersten Corona-Meldungen. Masken trug keiner, da hieß es noch, die bringen nichts. In Sri Lanka war es entspannt, es gab kaum Fälle. Dann haben uns Freunde Bilder aus Deutschland geschickt, von Supermärkten mit leeren Klopapier-Regalen – wir haben uns da schon Gedanken gemacht."

Für Luisas Freund, der Lehramt studiert, begann die Rückkehr direkt mit einem vorerst abgesagtem "Integriertem Semesterpraktikum" an der Realschule. An seinem eigentlich ersten Tag wurden die Schulen geschlossen. Für Luisa startete Mitte April die Uni wieder. "Nicht alle Kurse haben stattgefunden, einige wurden online organisiert; manche Prüfungen fielen aus oder wurden verändert – es gab verschiedene Regelungen". Luisa erklärt, dass beispielsweise Handball geprüft wurde, "aber ohne Spielsituation", Volleyball hingegen fiel komplett aus.

An der Uni hat sich "alles verzögert"; das Wintersemester begann zwei Wochen später, es mussten noch Kurse vom Sommer nachgeholt werden, weshalb andere Kurse wiederum ausgesetzt wurden. "Es gibt auch jetzt noch viel zu wenig Angebote für viel zu viele Studenten." Luisa erzählt, dass Masken anfangs noch freiwillig waren, dennoch alle ihrer Kommilitonen sie getragen haben. Auch wenn man damit "beim Sport ganz schlecht Luft bekommt, man darunter schwitzt und immer Fusel im Mund hat – man gewöhnt sich dran."

Das Sportwissenschaften-Studium am Heidelberger "Institut für Sport und Sportwissenschaften" besteht laut Luisa aus Vorlesungen wie "Sportmedizin, Sportpsychologie, Bewegung und Training, Bildung und Erziehung, Gesundheit und Statistik". Fast alles läuft inzwischen online. Die Praxisseminare wie Tanzen, Turnen, Leichtathletik, Schwimmen, Basketball, Handball, Fußball oder Volleyball finden an der Uni statt, "mit Hygieneregeln". Dazu kommen "berufsfeldbezogene Kompetenzen", Praktika und Anderes. Vergangenen Montag hat Luisas sechstes Semester begonnen, "zwei Tage später wussten wir, welche Praxis-Veranstaltungen wir belegen dürfen". Und es können jederzeit neue Regeln kommen. Seit Ende des Wintersemesters sollte man sich zudem einmal wöchentlich an der Uni testen, "und wer dort länger sitzen und arbeiten will, muss sich vorher registrieren".

Luisa ist froh, dass sie noch zur Uni gehen darf, "ich freue mich, wenn ich die Kommilitonen und Dozenten sehe, es ist eine andere Atmosphäre". Allerdings hat sich ihr Studium durch Corona auf jeden Fall verzögert: "Weil ich in verschiedene Kurse nicht reingekommen bin, staut sich das jetzt auf". Auch wenn es kurzfristig Anpassungen gab und Teilnehmerzahlen erhöht wurden, ihr hat das "nichts gebracht". Sie schätzt, dass sie ein Semester mehr dranhängen muss. Die 22-Jährige hat so derzeit insgesamt "weniger Uni". Die Zeit nutzt sie für andere Weiterbildungen, "etwa im Bereich Ernährung".

Angst vor Corona hat die Studentin in der Uni nicht, "ich vertraue den anderen und mache auch selbst Tests – im Zug habe ich da schon eher Angst, wenn mir jemand auf die Pelle rückt".

Insbesondere für "Erstis" (wie die Erstsemester in Studentenkreisen bezeichnet werden) ist es, wie Luisa betont, "sehr wichtig, die anderen Kommilitonen kennenzulernen". Luisa ist auch in der Fachschaft der Uni dabei, die "normalerweise" auch die Studentenpartys organisiert. "Wir versuchen, dort jetzt online regelmäßige Treffen zum Kennenlernen zu organisieren. Spiele, virtuelle Treffen, wir bauen das aus, es kommt gut an, die Studenten finden das gut."

Luisa ist froh, mit ihrem Freund in einer großen Wohnung in Lindach zu wohnen. "Wir haben viel Platz, einen großen Garten, oben Wald und unten Neckar, wir können raus und uns bewegen. Schlimm ist es für Studenten, insbesondere für Erstis oder Zweitis (Zweitsemester), die vor Corona nach Heidelberg in ein Zimmer gezogen sind, und dann ist nichts los, alles online und auch keine Partys. Und für die meisten ist dann auch noch der Job weggebrochen." Viele, so Luisa, sind aber auch gerade deswegen zu Hause bei ihren Eltern geblieben. "Nur wegen eines Online-Studiums lohnt es sich nicht, zu Hause auszuziehen."

Als Nebenjob hat Luisa im Oktober 2020 im Palestra als Fitnesstrainerin begonnen und dort auch selbst täglich trainiert. "Vier Wochen, dann wurde geschlossen, seit November sind die Studios zu." Umso größer war die Freude, dass sie seit vergangener Woche dort das Training mit Profisportlern begleiten darf. Beim Handball mit der SGH Waldbrunn-Eberbach gab es im vergangenen Sommer ein paar Trainingsspiele, seit Herbst ist ausschließlich Online-Training angesagt. Luisas Training mit den "Elwetritsche" der KG Kuckuck liegt auf Eis, für die kleinen "Eier" und "Küken", die sie mit trainiert, wurden jetzt Videos aufgenommen.

Insgesamt sieht Luisa eine gesundheitliche Gefahr darin, "dass sich die Menschen nicht mehr so viel bewegen". Auch bei den älteren Jahrgängen, die sonst zahlreich ins Palestra kommen, geht es darum "das Trainingsniveau zu halten und Sturzgefahren zu vermeiden". Sie betont: "Spazierengehen gleicht ein persönliches Fitnesstraining nicht aus".

Auch wenn Luisa den persönlichen Kontakt zu ihren vielen Freundinnen, Sport- und Tanzkollegen vermisst, in Lindach der Breitbandausbau noch aus einem störungsanfälligem LTE-Netz besteht, welches (je nach Vertrag) oft nicht mehr für Online-Seminare ausreicht und auch sie schon mal nach Eberbach "auswandern" muss, sieht sie auch Vorteile, die sich durch die Pandemie ergeben haben: "Ich spare Zeit, weil ich weniger nach Heidelberg fahre. Und da mein Psychologiestudium komplett online stattfindet, fällt die Pendelei zwischen Neuenheimer Feld und Altstadt weg". Sie findet es "mega-gut, dass so viele Online-Lösungen gefunden wurden, die Digitalisierung vorangetrieben wurde – das kann auch nach der Pandemie helfen". "Uni und Studenten haben das Beste draus gemacht. Wir haben trotzdem Spaß am Studieren."

Voraussichtlich im Sommer 2022 wird Luisa mit dem Studium fertig sein. Sportler betreuen, in Rehas, Kliniken oder in Fitnessstudios arbeiten, es gibt viele Wege, die die 22-Jährige gehen kann. "Eine Freundin von mir ist gerade fertig. Alles ist geschlossen, sie findet keine Arbeit." Da es bei Luisa aber noch dauert, macht sie sich "darüber jetzt noch keine Gedanken". Sie nutzt die Lockdown-Zeiten für heimischen Sport, für lange 20- bis 30-Kilometer-Läufe, sie betreut ihren kleinen Neffen, stellt Waschpulver selbst her, zieht Pflanzen und Kräuter auf, renoviert die Wohnung, arbeitet im Garten, kocht und backt...eben alles, außer untätig rumsitzen.

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