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Mannheim: Was gegen Hochwasser unternommen werden kann

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		Mannheim:  Was gegen Hochwasser unternommen werden kann

Von Harald Berlinghof

Mannheim. Ganz am Ende seines Vortrages zum Hochwasserschutz packt Professor Stefan Greiving vom Institut für Hochwasserplanung der Technischen Universität Dortmund ein heißes Eisen an. Hochwasserschutz beginnt nicht beim Anlegen von Rückhaltearealen, so genannten Poldern, und endet nicht beim Erhöhen von Dämmen entlang der Flüsse und der Küsten. Hochwasserschutz kann im Sinne von Risikovorsorge auch eine "Entsiedelung" von gefährdeten Flächen bedeuten. Sprich: Die Menschen müssen dort wegziehen.

Das ist ein bei Betroffenen natürlich extrem unbeliebtes Szenario. Ist also Siedlungsrückzug wirklich die letzte Chance der Raumordnung für eine Sicherheit vor Überflutung? "Auch wenn das Thema in Deutschland weitgehend tabuisiert ist, könnte das entlang der Küsten, wo das Überflutungsrisiko mit steigendem Meeresspiegel wächst, alternativlos werden", so Greiving beim digitalen "18. Hochwasserschutzforum" der Metropolregion Rhein-Neckar, in dem sich Experten an vier Tagen mit dem Problem des Hochwasserschutzes befassen.

Besonders in Wiederaufbauphasen nach Überflutungen seien Verlagerungen von Siedlungsflächen ökonomisch vertretbar. Instrumente der Kommunen zur Entsiedelung könnten auch die Rücknahme von Baurechten oder finanzielle Anreize für die Betroffenen sein.

Hochwasserrisikomanagement muss stets die Vorteile eines Schutzes gegen die entstehenden potenziellen Schäden abwägen. Aber Risiko ist nicht gleich konkrete Gefahr. Gefahrenkarten basieren immer auf Daten aus der Vergangenheit. Das bedeutet, dass es sich bei allem, was man über die Zukunft aussagen kann, nur um Wahrscheinlichkeiten handelt. Je weiter man in die Zukunft schaut, desto größer wird die Bandbreite dessen, was möglich ist. Ausgehend von einem so genannten Basisszenario, das der aktuellen Klima- und Umweltlage entspricht, entwickelt die Raumordnung mit Hilfe eines Hochwasserrisikomanagements "Möglichkeitsräume" und "Szenariokorridore". Dabei reicht die Bandbreite vom Schlimmsten bis zu moderaten Gefahrenprognosen.

Im Rhein-Neckar-Raum kommt erschwerend hinzu, dass sich Wohn- oder Gewerbegebiete um 150 bis 200 Prozent schneller ausbreiten als im Bundesdurchschnitt. Auch zu den Flüssen hin. Im süddeutschen Raum, so wird allgemein erwartet, werden sich die Hochwasserereignisse gegenüber dem Ende des letzten Jahrhunderts aber häufen. Dabei gilt allerdings nicht die Formel "besserer Hochwasserschutz ist gleich geringerer Schaden". Komme es nämlich in einem gut geschützten Gebiet trotzdem zu Überflutungen, würden die Schäden sogar größer, so der Experte. Ein besonderer Blick muss beim Hochwasserschutz den kritischen Infrastrukturen gelten. Die so genannte "Kritikalität" eines Bereichs wird auch davon bestimmt, ob die bedrohten Strukturen systemrelevant sind. Das betrifft etwa die Energieversorgung oder den Verkehr.

Eine Überflutung der Elbe führte zum Beispiel im Jahr 2013 zu einer sechsmonatigen Sperrung der ICE-Strecke von Hannover nach Berlin. Das hatte Fahrzeitverlängerungen bis zu 180 Minuten zur Folge. Ein Drittel der 90.000 Fahrgäste täglich stieg um auf Flugzeug oder Auto, womit ein zusätzlicher Umweltschaden hervorgerufen wurde. Es entstanden 26 Millionen Stunden zusätzlicher Fahrtaufwand. Der volkswirtschaftliche Schaden belief sich auf 444 Millionen Euro.

Das Beispiel zeigt laut Greiving, dass die indirekten Folgen eines Hochwasserereignisses auch außerhalb des eigentlichen Schutzraumes in die Gesamtrechnung miteinbezogen werden müssen. Und er betonte, dass gelegentlich auch unpopuläre und gegen den Zeitgeist gerichtete Maßnahmen notwendig werden können. Er nannte dazu ein Beispiel, in dem Bäume in einem hochwassergefährdeten Gebiet gefällt werden müssen, um die Beschädigung von Verkehrsinfrastruktur zu vermeiden.

"Bäume haben generell auf Deichen nichts verloren", sagt er. Angesprochen auf die Situation in Mannheim-Lindenhof, wo Bäume wegen der Dammsicherheit weichen sollen, ergänzt Greiving: "Ich warne trotz der Bedeutung von Bäumen für Klima und Umwelt davor, sie dort zu belassen. Umfallende Bäume sind die Hauptursache für Dammbrüche." Ob eine angedachte Spundwand die Lösung des lokalen Problems sei, könne er nicht sagen. "Dazu kenne ich die genaue Situation dort nicht gut genug." > Hintergrund

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