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Heidelberger Betriebshof: "Die letzte Chance, das Ruder noch herumzureißen"

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		Heidelberger Betriebshof:

Von Julia Lauer

Heidelberg. Nach jahrelanger Diskussion nimmt er Gestalt an: der Betriebshof, den Stadt und Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) am Altstandort in Bergheim planen. Nun meldete sich der Architekt Nils Herbstrieth dazu zu Wort, der in der Südstadt gemeinsam mit einem Kollegen ein Architekturbüro betreibt. Aber er hat nicht nur Kritik für die bestehenden Pläne parat, sondern auch schon einen alternativen Entwurf angefertigt.

Sie sind Architekt und haben ohne entsprechenden Auftrag einen Entwurf für den Betriebshof vorgelegt. Warum machen Sie sich solch eine Mühe, Herr Herbstrieth?

Das habe ich schon häufiger getan, das erste Mal vor 15 Jahren im Zuge von "Stadt am Fluss". Damals ging es meinen Kollegen und mir darum, das Neckarufer aufzuwerten. Ich mache das, weil ich denke, dass das, was offiziell geplant wird, nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann.

In diesem Fall geht es um den Betriebshof, für den Stadt und RNV ein Konzept erarbeitet haben. Was stört Sie?

Ein Betriebshof ist ein Gewerbegebäude, das in ein Gewerbegebiet gehört. In Bergheim mögen viele daran gewöhnt sein, dass er da steht. Dabei hat das Gelände großes Potenzial, das mit dem gegenwärtigen Vorhaben nicht ausgeschöpft wird. Kurz- oder mittelfristig lässt sich wohl kein anderer Standort für den Betriebshof finden, zumal es bei solchen Vorhaben immer Widerstand gibt. Das sehen wir aktuell ja auch in Rohrbach und in Wieblingen, wo Bahnen dezentral abgestellt werden sollen.

Sie schlagen einen mehrgeschossigen Komplex vor: im Untergrund Straßenbahnen, ebenerdig die Busse, darüber Gebäude und Grünflächen.

So könnte der Betriebshof am Altstandort gebaut werden. Dann müsste man nicht nach neuen Flächen suchen, und gleichzeitig könnte man das Areal für die Stadtentwicklung nutzen. Es wäre sowohl nach Westen als auch nach Osten angebunden, sodass Bergheim-West stärker zusammenwachsen würde.

Was war Ihnen am wichtigsten?

Vor allem anderen ging es mir darum, dass kein Fremdkörper entsteht, der mit dem Stadtteil nichts zu tun hat. Das Areal soll Bergheim einen Nutzen bringen und nicht nur dem öffentlichen Personennahverkehr; zum Beispiel mit einer Erweiterung der Kreativwirtschaft, mit Grünflächen, Wohnungen, Praxen, Geschäften und Cafés. Man könnte dort ein neues Zentrum für Bergheim-West schaffen.

In Ihrem Entwurf haben 50 Bahnen in Bergheim Platz, sodass es auch keine zusätzlichen Abstellflächen im Stadtgebiet bräuchte.

Sogar mehr als 50, und auch sämtliche Busse, mit denen Stadt und RNV planen, kämen dort unter. Für die Bauzeit müsste man sich etwas überlegen, womöglich ließe sich der Bau in zwei Abschnitten und mit provisorischen Lösungen realisieren.

Wie sind Sie bei Ihrem Entwurf vorgegangen, hatten Sie ein Beispiel im Kopf?

Ich habe mich an einer Bauweise orientiert, die in Kopenhagen erfunden wurde. Sie stammt von der Baugruppe um den Architekten Bjarke Ingels. Dieses Büro hat Gebäude realisiert, die aufgebaut sind wie ein Berg, der sich auftürmt. In Kopenhagen entstand so etwa ein Skihang über einer Müllverbrennungsanlage. In Heidelberg könnte man unter anderem Wohnungen über einem Betriebshof errichten.

Sie haben in Ihrem Entwurf 370 Wohnungen über dem Betriebshof vorgesehen. So viel Bebauung wäre schon massiv.

370 Wohnungen wären möglich, wenn das Gebäude im Durchschnitt so hoch ist wie die Wohnbebauung ringsum. Man kann dort natürlich auch weniger Wohnungen unterbringen, wenn man das möchte. Meinen Entwurf verstehe ich in erster Linie als Kopföffner, der dazu beitragen will, das bestehende Konzept zu überdenken.

Was denken Sie: Wie realistisch wäre es, so einen Entwurf umzusetzen?

So ein Bauvorhaben kann man durchaus umsetzen, es ist eine Frage des Wollens und der Finanzierung. So ein Projekt ist natürlich deutlich teurer als ein reiner Betriebshof, aber man könnte es mit den Wohn- und Gewerbeflächen querfinanzieren.

Die RNV hat allerdings mehrfach auf die Probleme eines unterirdischen Betriebshofs hingewiesen: So könnten zum Beispiel Bahnen, die auf der Rampe stecken bleiben, den Verkehr lahmlegen.

Die RNV ist ein Verkehrs- und kein Städtebauunternehmen, dort will man eine bequeme und sichere Lösung. Das Argument, dass eine liegen gebliebene Bahn den Betrieb aufhält, lässt sich leicht außer Kraft setzen. Ich habe in meinem Entwurf deshalb zwei Rampen mit jeweils zwei Gleisen vorgesehen. In Zürich gibt es einen Betriebshof mit darüberliegenden Wohnungen. Dort läuft der Verkehr auch.

Haben Sie von den Heidelberger Entscheidungsträgern denn eine Rückmeldung zu Ihrem Entwurf erhalten?

Vergangene Woche habe ich meinen Entwurf an den Gemeinderat und an die Stadtverwaltung geschickt, zwei Stellen haben sich dazu zurückgemeldet. Der Gemeinderat ist natürlich schon genervt von dem Projekt, aber auch die bestehenden Pläne müssen noch entwickelt werden. Das ist also womöglich die letzte Chance, das Ruder noch herumzureißen. Wie gesagt: Mir geht es nicht darum, dass mein Entwurf umgesetzt wird, sondern um eine wertvollere Nutzung des Areals für den Stadtteil.

Gerade in der vergangenen Woche verständigte sich der Haupt- und Finanzausschuss im Gemeinderat auf ein begehbares Dach, das in der Höhe als Park dient. Kommt das Ihren Vorstellungen entgegen?

Wenn man da erst rauf muss, wird es eher ein Unort als ein Park. Da fehlen Terrassen und Cafés, man muss dorthin wollen, sonst kommt man dort nicht vorbei. Der Betriebshof und das Dezernat 16 sind unbewohnt, vor allem nachts wird es in diesem Park so leer sein wie im Neuenheimer Feld. Deshalb halte ich das für Unsinn. Die Stadt sollte sich überlegen, ob sie an dieser Stelle nicht doch eine experimentelle Stadtentwicklung vorantreiben will.

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