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Emotionale Belastung: Ex-Betriebsratsmitglied verklagt SAP, weil es sich diskriminiert fühlt

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		Emotionale Belastung:  Ex-Betriebsratsmitglied verklagt SAP, weil es sich diskriminiert fühlt

Von Barbara Klauß

Mannheim. Eigentlich wollen sie alle nur, dass diese Geschichte endlich ein Ende findet. Das betonen beide Seiten bei einem Gütetermin am Dienstag vor dem Mannheimer Arbeitsgericht immer wieder. Und doch diskutieren sie zweieinhalb Stunden lang, zum Teil auch hitzig und emotional, über die Auslegung einzelner Passagen eines Vergleichs, den Sie vor eineinviertel Jahren geschlossen haben – über die komplizierte Berechnung von finanziellen Ansprüchen, über Zutrittsrechte und über ein offenbar zerrüttetes Arbeitsverhältnis.

Vor dem Arbeitsgericht sitzen sich an diesem Tag – wieder einmal – Vertreter der SAP und ein ehemaliges Betriebsratsmitglied des Softwarekonzerns gegenüber, der Klage gegen seinen Arbeitgeber eingereicht hat. Er ist der Meinung, dass eben jener Vergleich nicht eingehalten wird. Zum Teil geht es ihm um die Höhe von Zahlungen. Vor allem aber stört er sich daran, dass seine Zutrittskarte zum Firmengelände gesperrt ist und etwa sein Name aus den Telefonlisten gestrichen wurde. Er fühlt sich diskriminiert. Nun verlangt er Schadenersatz und eine Entschädigung. Vor ihm auf dem Tisch liegen und stehen zwei dicke Ordner. Immer wieder blättert er darin, zieht einzelne Seiten heraus, zitiert Absätze. Er ist sichtlich angespannt und aufgebracht.

Die Rechtsanwältin, die den Konzern in dieser Sache vertritt, widerspricht vehement. Aus ihrer Sicht werden alle Verpflichtungen, die aus dem Vergleich entstehen, erfüllt. "Wir haben jeden Euro genauestens berechnet", erklärt sie. Allerdings handle es sich um hochkomplexe Dinge und sehr komplizierte Rechnungen. Mehrfach habe man dem Kläger angeboten, sie Schritt für Schritt mit ihm durchzugehen. "Ihnen ist nichts weggenommen worden", sagt die Rechtsanwältin. Zudem könne er – nach Anmeldung – genauso aufs Gelände des Unternehmens wie jeder andere auch. Doch gerade jetzt, in der Corona-Pandemie, sei das ohnehin nur in dringenden Fällen möglich.

Er ertrage das alles nicht mehr, sagt der Kläger vor Gericht. Das empfänden andere genauso, erwidert die Gegenseite. "Es tut mir leid, dass Sie mit Ihrem Fall keinen Frieden schließen können", sagt der Vorsitzende Richter Holger Willer. Und beide Parteien geben ihm Recht.

Dieser Rechtsstreit hat eine lange Vorgeschichte. Im August 2019 hatte der Walldorfer Konzern dem damaligen Betriebsratsmitglied außerordentlich und fristlos gekündigt. Grund waren Massen-E-Mails, so genannte Newsletter, die er regelmäßig an viele SAP-Mitarbeiter verschickt hatte. Aus Sicht des Arbeitgebers enthielten sie zum Teil unwahre, stark polarisierende, aggressive und diffamierende Äußerungen. Damit sei der Betriebsfrieden gestört worden, argumentierten Unternehmensvertreter.

Für den Betroffenen entbehrte das jeglicher Grundlage. Er klagte vor dem Arbeitsgericht Mannheim auf Wiedereinstellung. Nach einem Gütetermin verständigten sich die Parteien auf eine Güterichterverhandlung – eine Art Mediation. Im Januar 2020 gelang eine Einigung. "Die Vorwürfe konnten ausgeräumt werden", erklärte eine Gerichtssprecherin damals. Über die Inhalte der Vereinbarung wurde Stillschweigen vereinbart. Doch einigte man sich offenbar unter anderem auf eine Vorruhestandsregelung. Der Betroffene zog sich aus dem Betriebsrat zurück.

Rund zehn Stunden saßen die Parteien damals mit Arbeitsrichterin Kerstin Miess zusammen, um den Vergleich auszuhandeln. Das Ergebnis bezeichnet Willer als "äußerst komplex und großzügig".

Beim Gütetermin ist der Arbeitsrichter nun sichtlich bemüht, die Situation zu befrieden. Er sehe, nach der langen Vorgeschichte, die große emotionale Belastung, erklärt er. "Aber es hat keinen Wert, wenn man sich gegenseitig Vorwürfe macht." Immer wieder versucht er, die Emotionen herauszunehmen, die einzelnen strittigen Punkte einen nach dem anderen in Ruhe mit den beiden Parteien zu besprechen. Er nimmt sich Zeit, hört aufmerksam zu, fragt nach, probiert, bei der unterschiedlichen Auslegung einzelner Passagen des Vergleichs zu vermitteln.

Seinem Eindruck nach gebe sich das Unternehmen viel Mühe, den Vergleich zu erfüllen, sagt er. Wenngleich es sein könne, dass sich nach einer zehnstündigen Verhandlung hier und da Ungenauigkeiten eingeschlichen hätten. Die Unstimmigkeiten, von denen es in dem komplizierten Vergleich durchaus einige gebe, gelte es nun gemeinsam zu klären. "Vieles lässt sich lösen, wenn man miteinander spricht", sagt Willer und regt an, eine Clearingstelle einzurichten, eine Art außergerichtlicher Schlichtung.

Offenkundig will der Arbeitsrichter dieses Verhältnis befrieden. "Das hier ist kein Fall, um den ständig Gerichtsverhandlungen geführt werden sollten", sagt er. "Ich würde gerne verhindern, dass Sie sich immer wieder hier treffen." Nach einer kurzen Diskussion willigen beide Parteien ein. Und der Richter bittet sie, diese Schlichtung mit dem ernsthaften Willen anzugehen, eine Lösung zu finden.

Ein SAP-Sprecher erklärte am Dienstagabend: "Wir sind mit ihm bereits in Gesprächen, um seine Vorwürfe zu prüfen und aus der Welt zu räumen."

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