Fußball
News melden
Nachrichten

Weinheim: Von Apfelbäumen, Eispanzern und Klimawandel

0 4

		Weinheim:  Von Apfelbäumen, Eispanzern und Klimawandel

Von Philipp Weber

Weinheim/Bergstraße. Die Nacht auf Dienstag war kurz für Sven Stein. Der aus Großsachsen stammende Pächter des Weinheimer Apfelhofs Schulz musste raus, die Wetterstation hatte Alarm geschlagen. "Wenn die Temperaturen unter minus 0,5 Grad sinken, empfehle ich, die Überkronenberegnung anzustellen", erklärt der Obstbauberater Karl-Otto Jäck. Er war am Dienstagnachmittag auf dem Hof am Weinheimer Brunnenweg, wo auf knapp fünf Hektar Fläche Bergsträßer Äpfel gedeihen.

Bereits in den Osterferien hatten die Obstproduzenten der Region ihre Plantagen nachts beregnen lassen, um die Knospen vor dem Erfrieren zu retten. Die jetzige Spätfrost-Periode wird voraussichtlich bis Donnerstag dauern, so Pächter Stein. Er und Obstbauberater Jäck erklären noch einmal den physikalischen Effekt, der die Apfelblüte und damit auch die spätere Ernte rettet: Wenn sich die Wassergabe gleichmäßig über die Kronen der Bäume verteilt, bildet sich rund um die derzeit aufbrechenden Knospen ein sogenannter Eispanzer. Durch den Gefriervorgang wird eine geringe Menge Energie freigesetzt. Diese reicht jedoch aus, um die Knospen auf einer Temperatur von um die null Grad zu halten. Das verhindert das Erfrieren.

Frostige Temperaturen bei nächtlich aufklarendem Himmel sind keine Seltenheit, so Pächter Stein: Bis zu den Eisheiligen (11. bis 15. Mai) müssten Obstproduzenten auf der Hut sein. Er bewirtschaftet den Weinheimer Hof seit 2008, damals hatte er ihn im Alter von gerade mal 23 Jahren übernommen. Auch Obstberater Jäck – ein Schriesheimer – kennt das Phänomen seit Jahrzehnten: "Die Frühjahrssaison hat an der Bergstraße schon immer früher als anderswo begonnen. Als es noch Kaffeefahrten gab, führten sie oft hierher."

Also alles wie immer? Nicht ganz. Am Schlagwort "Klimawandel" kommt man auch auf dem Apfelhof Schulz nicht vorbei. "Die Saison beginnt immer früher", ist sich Obstbauberater Jäck sicher. In den Wärmephasen – eine der letzten brachte sogar etwas Wüstenstaub in die Region – entwickle sich die Vegetation sprunghaft, erläutert er: "Die Folge ist, dass der Spätfrost dann Probleme macht." Wobei diese Mitte April noch überschaubar sind. Noch gefährlicher wird der Frost, wenn sich die Blüten schon geöffnet haben.

Direkt vermarktetes Obst schmeckt den Verbrauchern

Das Problem am Klimawandel sei auch in diesem Fall nicht die Erwärmung an sich, sondern die Tatsache, dass diese nicht linear erfolgt, so Jäck. Wenn sehr warme Luftströme aus dem Südwesten von kühlen aus dem Osten oder dem Norden abgelöst werden, kämen vergleichsweise extreme Wetterereignisse wie der jetzige Spätfrost zustande: "Im Sommer machen sich Effekte wie dieser dann mit Starkregen oder Hagel bemerkbar." Wie gesagt: Diese Wetterphänomene sind im Grunde nichts Neues, aber sie werden extremer.

Und wie geht es den Obstproduzenten? "Die Zahl der Obstbauern nimmt ab, der Strukturwandel in der Landwirtschaft geht auch an ihnen nicht spurlos vorbei", weiß Jäck. Dennoch sei zu beobachten, dass Angebote wie direkt vermarktetes Obst verstärkt nachgefragt würden. Regionalität komme bei vielen Verbrauchern wieder an, so Jäck.

Загрузка...

Comments

Комментарии для сайта Cackle
Загрузка...

More news:

Read on Sportsweek.org:

Andere Sportarten

Sponsored