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20 Jahre OB: Michael Jann ist längst Mosbacher geworden

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		20 Jahre OB:  Michael Jann ist längst Mosbacher geworden

Von Heiko Schattauer

Mosbach. Der Euro ist gerade erst eingeführt, die Jahrtausendwende ohne Weltuntergang geschafft, als Michael Jann seine Laufbahn bei der Großen Kreisstadt Mosbach startet. Anfang April durfte der heutige Oberbürgermeister auf 20 Jahre im Dienst der Stadt blicken. Die RNZ hat Jann, der am Samstag seinen 61. Geburtstag feiert, passend zu 20 Jahren auch 20 Fragen gestellt.

1 Sie sind jetzt seit 20 Jahren bei der Stadt Mosbach in verantwortlicher Position tätig. Erinnern Sie sich noch an den ersten Arbeitstag?

Ehrlich gesagt, ist mir mein erster Arbeitstag gar nicht so sehr in Erinnerung geblieben. Bevor ich diesen hatte, war ich zu einer Klausurtagung des Mosbacher Gemeinderats eingeladen worden. Damals ging es um die mögliche Besiedelung des Knopfhof-Areals. Diese Klausur ist mir noch sehr gut im Gedächtnis geblieben, da es sehr heftige Diskussionen im Gemeinderat und mit dem Fürstenhaus gab. Das sind prägende Ereignisse, die man auch nach Jahrzehnten nicht vergisst.

2 Sie kommen eigentlich aus Mannheim. Im Vergleich zu Mosbach ja fast Großstadt. Wie viel Mannheim hat Ihnen anfangs in Mosbach gefehlt?

Eigentlich gar nicht so viel, da ich ja schon seit 1992 in Mosbach gearbeitet habe und bereits 1996 nach Bad Rappenau gezogen war. Mit dem Umzug nach Mosbach habe ich mich so gesehen, der Kollege in Bad Rappenau möge es mir verzeihen, ja verbessert. Mosbach war für mich schon immer die Großstadt im Kleinen.

3 Und heute? Zu wie viel Prozent ist der Mannheimer Jann Mosbacher?

Na ja, mit Prozentangaben ist das immer so eine Sache, aber ich fühle mich hier sehr wohl und möchte auch nicht mehr zurück in die alte Heimat. Hier ist mein Lebensmittelpunkt.

4 In zwei Jahrzehnten verändert sich Vieles. Zunächst das Berufliche: Wie sehr hat sich Ihre Tätigkeit in den 20 Jahren im Dienst der Stadt verändert?

Manchmal sehne ich mich schon in die alten Zeiten zurück, als alles noch ein bisschen ruhiger verlief. Da hat man einen Brief geschrieben, das hat dann schon etwas gedauert, bis er beim Empfänger war, dieser wiederum hat sich die nötige Zeit gelassen, das Schreiben zu beantworten, also alles war ein bisschen entschleunigter als heute, aber war dafür oftmals mit mehr Überlegung und Bedacht gemacht. Heute E-Mail, Antwort bitte gleich, oder spätestens nach fünf Minuten. Damit will ich sagen, alles ist hektischer geworden, aber nicht unbedingt mit mehr Qualität versehen. Aber die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen, also muss man sich mit der neuen Arbeitswelt arrangieren.

5 Wie hat sich Ihre Einstellung in dieser Zeit verändert? Wird man beruflich ruhiger, weiser, kompromissaffiner?

Mit zunehmender Erfahrung kann man natürlich mit herausfordernden Situationen souveräner umgehen. Das, was einen früher nervös gemacht hat, ist jetzt gut beherrschbar. Wobei es immer noch Dinge gibt, die einen auf die Palme bringen können. Aber insgesamt wird man schon gelassener, versucht, Dinge aus dem Blickwinkel des Gegenübers zu sehen.

6 Sie haben etliche Gemeinderatssitzungen erlebt, Gemeinderäte kommen und gehen sehen. Wie hat sich die Arbeit mit dem für die Stadt entscheidenden Gremium verändert?

Jede neue Legislaturperiode hat aufgrund der Zusammensetzung des Rates ihre eigene Prägung. In den vergangenen Perioden hatten wir sehr viele verdiente und altgediente Stadträte und Stadträtinnen, die von Erfahrungen aus der Vergangenheit stark geprägt waren und zu denen man erst eine Vertrauensbasis aufbauen und mitunter manches Misstrauen ausräumen musste. Heute haben wir eine gute Mischung zwischen erfahrenen und jungen Räten/Rätinnen, was das Zusammenarbeiten gut und effizient macht.

7 Und wie hat sich der Austausch mit den Bürgern entwickelt?

Auch das ist einem Wandel unterworfen. Früher war dies alles viel persönlicher und direkter. Heute läuft vieles, wie schon gesagt, über elektronische Medien. Andererseits hat der Aspekt der Bürgerbeteiligung stark an Gewicht gewonnen – das ist positiv und wichtig.

8 Auch inhaltlich haben sich Schwerpunkte verändert, oder?

So viel hat sich da eigentlich gar nicht verändert. Noch immer gilt es, die Stadt weiter zu entwickeln, wettbewerbs- und zukunftsfähig zu halten, damit sie für die Bürgerinnen und Bürger lebenswert, liebenswert und attraktiv bleibt. Nur die Herausforderungen, dieses Ziel zu erreichen, sind größer geworden. Die Bürokratie hat deutlich zugenommen, für Verwaltung und Bürger. Manches Mal ist es schwierig, den Menschen zu vermitteln, warum das notwendig ist, was wir von ihnen verlangen. Manches ist für uns auch nicht immer so einfach nachvollziehbar.

9 Welche Projekte/Entwicklungen oder auch Streitthemen kommen Ihnen als prägend in den Sinn, wenn Sie auf 20 Jahre bei der Stadt blicken?

Ja, da gibt es schon einige. Insbesondere die krisenhaften Situationen haben die letzten Jahre sehr deutlich geprägt. Da kam zuerst die Finanz-/Wirtschafts- und Eurokrise in den Jahren 2008/09 mit sehr schwierigen Haushalten in den Folgejahren. Kaum hatte man sich davon etwas erholt, kam die Flüchtlingswelle 2015 mit enormen Herausforderungen, die Geflüchteten unterzubringen, zu integrieren. Kaum war diese Herausforderung einigermaßen bewältigt, überfiel uns die Coronapandemie mit den bis heute anhaltenden Auswirkungen.

Neben der Krisenbewältigung gibt es aber auch noch so etwas wie das Alltagsgeschäft und zahlreiche Projekte, die bewältigt sein wollen. Angefangen mit der Entwicklung auf dem ehemaligen Majolika-Gelände, über die Bebauung des Gartenweg-Areals, hin zur Konversion der ehemaligen Neckartalkaserne bis zur Altstadtsanierung. Die drei erstgenannten waren umstrittene Entwicklungen, die aber dennoch erfolgreich und nicht zum Nachteil der Stadt abgeschlossen wurden. Derzeit steht die ebenfalls diskutierte Neubebauung des Geländes des ehemaligen Autohauses Spitzer/Röll an.

10 Welche Herausforderungen sehen Sie in den nächsten 20 Jahren auf die Stadt zukommen?

Da stehen schon viele Themen an, angefangen mit der Siedlungsentwicklung und dem dringend notwendigen Wohnungsbau über die Digitalisierung hin zur Frage der Mobilität sowie der Demografie. Auch die Weiterentwicklung unserer Bildungsinfrastruktur von den Schulen bis zur Dualen Hochschule hin werden uns stark beschäftigen. Eine große Rolle wird die Bewältigung der Folgen der Klimaveränderung spielen, schauen Sie sich nur den Zustand unserer Wälder an.

11 Da sind wir ja schon bei der Zukunft: 2022 ist OB-Wahl. Tritt Michael Jann nach 20 Jahren bei der Stadt und zwei Amtszeiten noch einmal als Oberbürgermeisterkandidat an?

Gute Frage, nächste Frage. Nein, Scherz beiseite: Ich würde schon noch ganz gerne die Entwicklung unserer Stadt in den nächsten Jahren mitgestalten, insbesondere da wir bei der Stadt ein motiviertes Team haben, einen Gemeinderat, der motiviert und engagiert gestalten will, und die Herausforderungen reizvoll sind. Wenn der Gemeinderat, die Kollegen in der Verwaltung und die Bürger das genauso sehen, könnte ich mir das schon vorstellen.

12 Das ging ja schon ein wenig ins Persönliche. Machen wir weiter: Wie hat sich der Mensch Michael Jann in den vergangenen 20 Jahren in Mosbach verändert?

Älter werden wir alle und hoffentlich auch ein wenig ruhiger und weiser. Man wird mit den Jahren achtsamer, was Familie, Mitmenschen und einen selbst betrifft. Lernt Grenzen kennen und akzeptieren. Mittlerweile beherrsche ich auch besser die Balance zwischen Beruf und Familie und Freizeit.

13 Ganz indiskret gefragt: Was aus der Zeit des Anfangs in Mosbach hätten Sie ganz gerne wieder?

Die ursprüngliche Spontaneität, mit der man am Anfang die Sachen angepackt hat, beruflich wie privat. Mit den Jahren wird man vorsichtiger, überlegter und denkt viel mehr nach, manchmal vielleicht auch zu viel.

14 Sie sind ein Freund klassischer Autos. Bei guter Pflege sind für die 20 Dienstjahre kein Problem. Gilt das für einen Verwaltungsmann auch? Oder nutzt sich der Mensch da schneller ab?

Zum Glück habe ich im Gegensatz zu meinem Oldtimer noch keine Ersatzteile gebraucht. Die gerade angesprochene Balance und die Harmonie im persönlichen Umfeld tragen zum guten Erhalt der "Substanz" bei. Zudem, meinen Sport lasse ich mir nur in Ausnahmefällen entgehen. Ohne eine gute physische Fitness lässt sich dieser Beruf nicht bewältigen. Zudem ist die Tätigkeit abwechslungsreich, man hat ja auch noch Funktionen wie etwa in der Sparkasse und bei den Stadtwerken sowie ehrenamtliche Tätigkeiten, so dass nie Routine oder Langeweile aufkommt.

15 Welche Entwicklungen in ihrer Dienstzeit machen sie stolz?

Ich denke, dass wir als Team, Gemeinderat und Verwaltung, Mosbach ein gutes Stück nach vorne gebracht haben. Wir haben mit recht bescheidenen Mitteln nicht nur Substanz erhalten und verwaltet, sondern aktiv die Bildungs- und Einkaufsstadt als das Mittelzentrum im Altkreis Mosbach weiterentwickelt. Wenn Sie das Bild der Stadt von vor 20 Jahren vor Augen haben und jetzt, werden Sie deutliche Unterschiede wahrnehmen. Vieles, was heute als selbstverständlich erscheint, gab es damals nicht.

Gemeinsames Ziel war und ist der Erhalt unserer Altstadt als liebevolles Fachwerkkleinod mit attraktiven Geschäften, gepflegter Gastronomie und hoher Aufenthaltsqualität. All das steht derzeit auf der Kippe und man muss die Befürchtung haben, dass das ganze Bemühen umsonst war. Aber wir werden dafür kämpfen, dass dies trotz Corona nicht passiert. Auch auf die Entwicklung in unseren Stadtteilen in guter Zusammenarbeit mit meinen Ortsvorsteherkollegen darf man durchaus stolz sein. Ob Freibad in Reichenbuch, Bürgerzentrum in Sattelbach oder Neubau des Feuerwehrgerätehauses und die Weiterentwicklung der Kurfürstin-Amalia-Schule und des ev. Kindergartens zum Kinderhaus in Lohrbach, um nur die markantesten Beispiele zu nennen – die Ortsteile haben sich unzweifelhaft positiv entwickelt.

Zudem freut mich, dass es nach Jahren der Stagnation im interkommunalen Gewerbegebiet Techno gelungen ist, große namhafte Firmen anzusiedeln, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Schließlich unsere Stadtwerke zum Marktführer in Sachen Energie- und Wasserversorgung zu machen und zum Vorreiter im Bereich erneuerbare Energien.

16 Und auf welche Ereignisse hätten Sie verzichten können?

Was mich bis heute noch fuchst, ist, dass wir den Kampf um die Geburtshilfe in Mosbach verloren haben. Und die Abspaltung der DHBW Heilbronn sowie der Verlust von Sonderbehörden wie zum Beispiel des staatlichen Schulamts.

17 Gab es rückblickend Entscheidungen, die Sie mit heutigem Wissen anders bewerten würden?

Sicher, hinterher ist man immer schlauer. Nur ein Beispiel: die Entwicklung der Kindergärten. Vor Jahren kannte die Entwicklung der Kinderzahlen nur einen Trend, nämlich abwärts. Was waren wir damals stolz, dass wir es geschafft hatten, trotzdem alle 19 Einrichtungen zu erhalten, in dem wir nicht mehr benötigte Kindergartenplätze in Kleinkindbetreuungsplätze umgewandelt hatten. Das war nicht falsch, aber man hätte eher, wie es sich heute bei steigenden Zahlen zeigt, an Ausbauplänen arbeiten müssen, um auch für eine Trendwende gerüstet zu sein.

18 Zu einem Jubiläum gibt’s in der Regel ja auch Geschenke: Was gab’s/gibt’s für den Oberbürgermeister?

Bei 20 Jahren gibt’s nichts Materielles, außer – und ich glaube das ist das Entscheidende – ein Stück weit Anerkennung.

19 In 20 Jahren in kommunalpolitischer Verantwortung hat man mal Fürsprecher, mal Kritiker. Welche Menschen würden Sie zu ihren wertvollen Wegbegleitern zählen?

Ganz klar die Familie und Freunde, im beruflichen Umfeld viele Stadträte und Stadträtinnen, sowie die Kollegen und Kolleginnen der Verwaltung, Kollegen aus dem Kreis der Bürgermeister und den Landrat, aber auch Persönlichkeiten aus der Region und der Landes- und Bundespolitik, für deren stete überparteiliche Unterstützung ich sehr dankbar bin.

20 Vervollständigen Sie bitte selbst diesen Satz: "In 20 Jahren bei der Stadt Mosbach hat Michael Jann..."

... dazu beigetragen, diese positiv weiterzuentwickeln und in eine gute Zukunft zu führen.

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