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Angelbachtal/Sinsheim: Zwei Jahre auf Bewährung für 47-Jährigen wegen 150 Euro

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		Angelbachtal/Sinsheim:  Zwei Jahre auf Bewährung für 47-Jährigen wegen 150 Euro

Von Berthold Jürriens

Angelbachtal/Sinsheim. Schon Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl wusste, dass dieser Satz bei Vernehmungen zu den besten Antworten gehört: "Ich kann mich nicht erinnern." Auch der 47-jährige Angeklagte und gebürtige Rumäne ließ diesen Satz im Amtsgericht Sinsheim mehrfach über seine Dolmetscherin verlauten, was neben dem Staatsanwalt auch den Pflichtverteidiger mehrfach zum Kopfschütteln bewegte.

Nicht nur, weil sich viele Fragen auf einen Zeitraum der letzten zwölf Monaten konzentrierten, sondern auch, weil man vergangene Straftaten oder Gefängnisaufenthalte eigentlich als markante, wenn auch unrühmliche Punkte in einem Lebenslauf bewerten darf. Vor dem Schöffengericht saß der Angeklagte wegen des Vorwurfs der versuchten räuberischen Erpressung, eines Wohnungseinbruchs mit Diebstahl eines Mobiltelefons sowie mehrmaligen Fahrens ohne Führerschein.

Letztgenannte Straftaten fielen durch achtmaliges Blitzen bei Geschwindigkeitskontrollen auf – mit teilweise Überschreitungen von 46 Kilometern pro Stunde. Laut Angaben des Angeklagten habe er 2017 in England einen britischen Lernführerschein erhalten, der aber in Deutschland nicht gültig ist. Während er sich bei diesen Taten auch aufgrund des guten Fotomaterials geständig zeigte, nahm die Aufklärung der Haupttat aufgrund vieler Ungereimtheiten mehr Zeit in Anspruch. Und das, obwohl der seit Februar 2019 in Deutschland lebende Rumäne gleich zu Beginn sagte: "Ich habe die Taten begangen. Jetzt sitze ich in Haft. Was soll ich noch sagen?"

Der Angeklagte, der zunächst bei seiner Schwester in Neckarbischofsheim gewohnt hatte, war Anfang Juni 2020 zu einem Arbeitskollegen nach Angelbachtal gezogen. 200 Euro Miete pro Monat habe man vereinbart, aber nur für die Zeit, die er dort auch wirklich wohnen würde, erläuterte der Angeklagte. Dieser forderte wegen seines erneuten Umzugs zu seiner Schwester nach einiger Zeit 150 Euro vom Geschädigten zurück. Laut Anklageschrift verlieh er dieser Forderung in Form einer gegenstandähnlichen Schusswaffe Nachdruck und hätte gesagt: "Gib mir das Geld, sonst mach’ ich Scheiße."

Was dann vom Angeklagten im Gerichtssaal folgte, war eine Mischung aus neuen Sachverhalten, unlogischen "Zeitschienen" und Erinnerungslücken. Von einer alten Pistole am Tag des Einzugs war zum Beispiel die Rede, die der Angeklagte dem 27-jährigen Geschädigten abgekauft habe, die aber nicht als mögliche Tatwaffe in Betracht kam. Von so einer Waffe wusste der Geschädigte aber nichts. Fragen nach genaueren Zeitangaben, so zum Beispiel, wie lange der Angeklagte in Angelbachtal gewohnt hat, verursachten neue Erinnerungslücken.

Noch vor den weiteren Zeugenaussagen sorgte der Pflichtverteidiger nach einem Gespräch mit dem Angeklagten für dessen Geständnis. Dieser gestand, dass er einen Gegenstand, den man für eine Schusswaffe hätte halten können, gegen den Bauch des Geschädigten gehalten und die 150 Euro zurückgefordert habe.

Blieb also noch die Anklage wegen Einbruchs und Diebstahls des Mobiltelefons. Der "Einbruch", der für ihn keiner gewesen ist, sei laut Angeklagtem durch das nicht verschlossene Fenster erfolgt – und er habe das Mobiltelefon aus Ärger mitgenommen. "Ich bereue das. Das war ein Fehler." Der Angelbachtaler, der wieder im Besitz seines Handys ist, sah das anders, denn "das Fenster ist immer zu". Er habe die Tür am Abend nicht abgeschlossen, aber das Schloss sei eingerastet. Laut Aussage des Polizeibeamten habe man die Anzeige am frühen Vormittag aufgenommen, und man sei wegen des Alkoholgehalts des Geschädigten von fast einem Promille etwas stutzig geworden. "Vor Ort konnten wir keine Einbruchsspuren feststellen." Die Tür sei nicht abgeschlossen und zu öffnen gewesen. Somit beantragte die Staatsanwaltschaft, diese zweite Tat nicht als Delikt zu werten.

Verwunderung löste dann die Verlesung der bisherigen Delikte des Angeklagten aus, an die er sich zu Beginn der Verhandlung so gar nicht erinnern konnte: Zwischen 2001 und 2019 gab es Einträge in England, Belgien, Rumänien und Bulgarien, unter anderem wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Diebstahl unter Gewaltanwendung und Störung der öffentlichen Ordnung. "Sie erinnern sich ja relativ wenig", sagte die Richterin am Ende. Zwei Jahre mit dreijähriger Bewährung lautete das Urteil, das sowohl Staatsanwalt als auch Pflichtverteidiger einvernehmlich forderten.

Einigkeit herrschte über den Sachverhalt der versuchten räuberischen Erpressung und des Fahrens ohne Fahrerlaubnis, sodass zusätzlich eine ständige Wohnsitzanzeige und eine Sperre für eine Führerscheinprüfung von zwölf Monaten gelten sollten. "Ich hoffe auf Läuterung", sagte der Verteidiger. Das Schöffengericht kam zum selben Urteil, auch wenn sich die Richterin mit der Bewährung schwertat. "Ich hoffe, dass auch die bisherige U-Haft in Mannheim ihre Wirkung hatte." Am Ende der Verhandlung konnten somit die Fußfesseln abgenommen und der Haftbefehl aufgehoben werden.

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