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Schwetzingen/Heidelberg: Hartmut Troll spielt Sherlock Holmes in den Schlossgärten

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		Schwetzingen/Heidelberg:  Hartmut Troll spielt Sherlock Holmes in den Schlossgärten

Von Marion Gottlob

Schwetzingen/Rhein-Neckar. Wie ein moderner Sherlock Holmes ist Hartmut Troll den ursprünglichen Ideen und Philosophien von historischen Gärten auf der Spur. Seine Passion ist auch sein Beruf: Der Österreicher ist als Leiter des Bereichs Historische Gärten der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg unter anderem für die Schlossgärten in Heidelberg und Schwetzingen zuständig. Mit seinen Mitarbeitern und den Gärtnern vor Ort sorgt er dafür, dass sich die Besucher in möglichst authentisch erhaltenen Anlagen wohlfühlen – auch wenn die Gäste die für die Denkmalpflege so wichtigen, feinen Unterschiede meist gar nicht erkennen können.

Hartmut Troll (55) wollte auch nie in einer Behörde arbeiten: "Zu langweilig", habe er gedacht. Dennoch ist er nun "mittendrin" und füllt seine Aufgabe mit Kreativität und Begeisterung aus. Aufgewachsen ist er in Bregenz. Nach dem Abitur war unklar, was er studieren sollte: Germanistik und Philosophie? Oder Biologie? Oder Medizin? "Aber ich kann kein Blut sehen", sagt er. Da war schnell klar, dass das nichts wird. An der Universität für Bodenkultur in Wien konnte er mit dem Studium Landschaftsökologie und Landschaftsgestaltung dann doch seine Interessen unter einen wissenschaftlichen Hut bringen: Kultur- und Sozialgeschichte mit Philosophie, dazu Botanik und Zoologie. Allerdings hätte er damals nie geahnt, dass er mal an der Bewahrung von Parks mitwirken würde.

Als Student war er an der Besetzung der Hainburger Au bei Wien beteiligt: "Wir waren friedlich. Mich hat der Naturschutz bewegt – das Kraftwerk wurde nicht gebaut." Später rief er mit einem Team die Fachzeitschrift "zoll+ Landschaft und Freiraum" ins Leben, die es heute noch gibt. Nach dem Studium stand er erneut vor der Wahl: Sollte er an der Universität bleiben oder nicht? Er verließ den "Elfenbeinturm". "Ich wollte meine Theorien und Ideen in der Praxis überprüfen", sagt er.

Es folgten Wanderjahre mit Stationen in Bremen, Mecklenburg und Berlin. Ein Stichwort für seine Tätigkeit ist die Freiraumplanung: Wie plant man öffentliche Räume? Hartmut Troll erklärt das am prosaischen Beispiel des Friedhofs: Wie funktioniert Trauer? Wie entsteht ein Ort, an dem sich Menschen an Verstorbene erinnern können, der Gemeinsinn stiftet und Privatheit zulässt? "Ich habe mich an meine Oma und den Tod meines Opas erinnert – was war wichtig, was ist wo und wann passiert?"

Vielleicht wäre Hartmut Troll in Berlin geblieben, doch um 2000 gab es in der Hauptstadt nur wenige freie akademische Stellen. Also bewarb er sich in Baden-Württemberg. Seit 2006 ist er nun Leiter im Bereich Historische Gärten bei den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg. Seither sind Gartendenkmäler sein Metier, ein scheinbarer Widerspruch in sich: Man bewahrt etwas, das einem ständigen Wandel unterworfen ist. "Pflanzen kommen und gehen", weiß der Experte. Und so ist Troll immer auf der Suche nach Spuren, in denen Ideen und Konzepte der historischen Gärten in ihrem Wandel sichtbar werden.

Ein Beispiel: Als im Schwetzinger Schlossgarten die Linden-Allee neu angelegt wurde, diskutierte man intensiv anhand historischer Pläne und zeitgenössischer Gartentheorien, wie diese Bäume korrekt geschnitten werden sollten. Erst in den – einige Jahre später entdeckten – Lebenserinnerungen der Ehefrau des Dichters Friedrich Schiller fand sich die nachträgliche Bestätigung: Sie beschrieb den Schlossgarten mit den pyramidenförmigen Linden. Umgekehrt dürfen die Kastanien, entgegen den ersten Vermutungen, in die Höhe wachsen, um Schatten zu spenden.

Noch ein Beispiel aus Schwetzingen: Beim Merkurtempel sollten die Pappeln erneuert werden. Hartmut Troll konnte mit seinem Team nachweisen, dass dort ursprünglich keine Pappeln wuchsen, sondern Weymouthskiefern, Schwarzfichten und Lärchen. "Diese Bäume sollten dem Ort mit der Ruine eine ernste und feierliche Atmosphäre geben", erläutert Troll. Anhand eines intensiven Quellenstudiums konnte gezeigt werden, dass Pappeln zwar nicht direkt am Tempel, aber in derselben Flucht tiefer im Gelände standen. Dieses Arrangement soll nun mit der Neupflanzung wieder hergestellt werden.

Ideen sind gefragt: Hartmut Troll nutzt für seine Recherchen Bilder, Pläne und Notizen zur Gartengestaltung und andere Texte. Wer könnte sich zu den historischen Gärten in Briefen oder Reisebeschreibungen geäußert haben? Immerhin zählte der Schlossgarten in Schwetzingen zu den bedeutendsten seiner Zeit. Viele Besucher berichteten von seiner Schönheit in ihren Briefen und erwähnten manchmal auch die ursprüngliche Bepflanzung. Hartmut Troll ist für unzählige historische Anlagen zuständig. Er betont: "Man kommt zu mir, wenn zum Beispiel aufgrund einer Neupflanzung oder Reparatur eine gartenkonservatorische Einschätzung notwendig wird." Dann prüft er die Korrektheit der Maßnahme – und entdeckt zuweilen bislang unbekannte, aber für den Denkmalcharakter wichtige Facetten in der Geschichte des Ortes. Dafür hat er einen Spürsinn: "Ich nehme Widersprüche wahr."

Parallel zur beruflichen Laufbahn verfolgte Hartmut Troll seinen akademischen Weg mit einer Promotion. Seit 2011 ist er Honorarprofessor am Institut für Europäische Kunstgeschichte an der Uni Heidelberg. Im Jahr 2017 war er mit einem Stipendium an der Harvard University in den USA, in Dumbarton Oaks, einer weltweit bedeutenden Forschungseinrichtung für Gärten. In der Region setzt er sich für Uni-Projekte ein, bei denen sich Studierende praktisch und theoretisch mit historischen Gärten beschäftigen.

Die größte Aufgabe für die Zukunft sieht er im Klimawandel und im Umgang mit dessen Folgen: Die älteren Bäume sterben infolge der Trockenheit. Was braucht es also, um die Gärten als Ganzes für die Menschen zu erhalten? Wie kann man das lebendige Erbe der historischen Gärten bewahren? "Das ist eine gewaltige Herausforderung", weiß Hartmut Troll.

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