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KZ-Komplex Neckarelz: Verbindungen zwischen Neckarelz und Auschwitz waren leidvoll eng

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		KZ-Komplex Neckarelz:  Verbindungen zwischen Neckarelz und Auschwitz waren leidvoll eng

Mosbach-Neckarelz. (dr) Als im Jahr 1996 der damalige Bundespräsident Roman Herzog einen Gedenktag für die Opfer der NS-Diktatur schuf, wählte er dafür das symbolträchtige Datum der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz im Jahr 1945: den 27. Januar. Zwei Jahre später machte der Verein KZ-Gedenkstätte den noch wenig bekannten Erinnerungstag zum Gründungsdatum der ersten Gedenkstätte in Neckarelz; deren Eröffnung fand am 27. Januar 1998 statt.

Seitdem wurde der 27. Januar in der Gedenkstätte stets durch Veranstaltungen der verschiedensten Art begangen – wegen Corona ist dies 2021 erstmals nicht möglich. Möglich ist aber dieser Beitrag, der ergründen soll, ob es denn – über Symbolik hinaus – auch eine reale Beziehung gibt zwischen dem KZ-Ort Auschwitz, den fast jeder Mensch auf der Welt kennt, und dem kleinen Lagerkomplex von Neckarelz. Was zunächst eher unwahrscheinlich erscheint, erweist sich bei näherem Hinsehen als erstaunlich enge Verbindung – auf Opfer- wie auf Täterseite.

Von den knapp 5400 KZ-Häftlingen, die je die sechs Lager rund um das Rüstungsverlagerungsprojekt "Goldfisch" berührt haben, waren mindestens 585 zuvor in Auschwitz gewesen, also mehr als jeder zehnte. Manche nur ganz kurz, manche längere Zeit. Den "rassisch Verfolgten" unter ihnen hatte in Auschwitz-Birkenau die Vernichtung gedroht. Sie entgingen ihr durch die Selektion zum Arbeitseinsatz in der Rüstungsindustrie im bereits ethnisch gesäuberten Reich oder auch, im Fall der "Zigeuner", für medizinische Menschenversuche im Lager Natzweiler, deren Überlebende anschließend nach Neckarelz kamen. Doch auch von den politischen Häftlingen waren knapp 200 in Auschwitz inhaftiert, vor oder nach der Zeit im Lager Neckarelz, manchmal im Zuge einer langen Reihe von durchlaufenen Lagern.

Auch zwei der insgesamt drei örtlichen Lagerkommandanten von Neckarelz haben im KZ Auschwitz ihr menschenverachtendes Werk getan. Für Franz Hößler, den ersten von ihnen, bildeten die zwei Monate in Neckarelz von März bis Mai 1944 nur eine kurze Episode innerhalb seines Einsatzes als Lagerführer in Auschwitz-Birkenau und dem Stammlager Auschwitz I. Der zweite Kommandant, Franz Hofmann, gehörte später, zu Beginn der 60er-Jahre, zu den 20 Angeklagten des großen Auschwitz-Prozesses in Frankfurt. Er hatte von Februar bis November 1943 das "Zigeunerlager" Birkenau geleitet, danach wurde er "Schutzhaftlagerführer" in Auschwitz I, bevor er für ein halbes Jahr, von 15. Mai bis 15. Oktober 1944, nach Neckarelz versetzt wurde. Beide büßten später für ihre Taten: Hößler wurde am 13. Dezember 1945 in Hameln hingerichtet, Hofmann starb, nach dem "Lebenslänglich"-Urteil im Auschwitz-Prozess, 1973 im Gefängnis.

Eher weniger bekannt ist der letzte Kommandant – nicht der Neckarlager, sondern des KK Natzweiler als Ganzem. Dieses bestand, seit der Evakuierung des Hauptlagers Natzweiler und der linksrheinischen Außenlager im Herbst 1944, nur noch aus 35 rechtsrheinischen Außenlagern. Sie unterstanden der Kommandantur, die im November 1944 vom Elsass in das kleine Dorf Guttenbach verlegt worden war. Dass die Wahl auf diesen Ort gefallen war, hatte mit der Nähe zum noch intakten Industrie- und Lagerkomplex von Obrigheim/Neckarelz zu tun.

Der letzte Kommandant von Natzweiler (der Name blieb ohne den Ort erhalten) wurde ab 1. Februar 1945 Heinrich Schwarz; dieser kam allerdings erst am 18. Februar 1945 in Guttenbach an. Vorher war er, bis zur Auflösung bzw. Befreiung am 27. Januar 1945, Lagerkommandant von Auschwitz III (Monowitz) gewesen. Dieses sechs Kilometer vom Stammlager entfernt gelegene Lager ist eng mit dem Industrieprojekt der I.G. Farben zur Herstellung von synthetischem Kautschuk und von Treibstoffen verbunden. Doch arbeiteten seine rund 300.000 Häftlinge bei insgesamt 17 Betrieben, ca. 25.000 Menschen starben wegen der miserablen Arbeits- und Lebensbedingungen bzw. wurden als "Arbeitsunfähige" in Birkenau durch Gas getötet.

Heinrich Schwarz blieb nur knapp sechs Wochen in Guttenbach, wo er im damaligen Gasthaus "Karpfen" Unterkunft bezogen hatte. Von dort aus organisierte er das "zweite Ende" des Konzentrationslagers Natzweiler, indem er in enger Abstimmung mit dem Höheren SS- und Polizeiführer Otto Hofmann in Stuttgart Ende März 1945 den Räumungsbefehl für alle noch bestehenden Außenlager umsetzte; damit begannen die Evakuierungs- und Todesmärsche. Die Kommandantur wanderte ihrerseits Richtung Südosten durch verschiedene Orte und löste sich schließlich auf.

Trotz seiner kurzen Dienstzeit als Kommandant von Natzweiler wurde Schwarz im Rastatter Prozess von französischen Militärbehörden für die schrecklichen Verhältnisse vor allem der Natzweiler-Außenlager des "Wüste"-Komplexes auf der Schwäbischen Alb verantwortlich gemacht und zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde am 20. März 1947 in der Nähe von Rastatt vollstreckt.

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