Fußball
News melden
Nachrichten

Heidelberger Frühling: Intendant Schmidt wehrt sich gegen Verlagerung ins Digitale

0 6

		Heidelberger Frühling:  Intendant Schmidt wehrt sich gegen Verlagerung ins Digitale

Von Anica Edinger

Heidelberg. Im Oktober erst stellten die Macher des internationalen Musikfestivals "Heidelberger Frühling" ihr Programm für den 25. Jahrgang vor. Ein "Festspiel" sollte es geben zum Jubiläum, mit 134 Veranstaltungen in insgesamt 19 Spielstätten vom 20. März bis zum 18. April. Doch kommt es tatsächlich so weit? Ein Gespräch mit Intendant Thorsten Schmidt über musiklose Zeiten, digitale Alternativen – und über die eine, alles entscheidende Frage.

Herr Schmidt, wird es in diesem Jahr einen "Heidelberger Frühling" geben?

Wir müssten auf Basis der Verordnungen eigentlich derzeit davon ausgehen, dass der "Heidelberger Frühling" in irgendeiner Form stattfinden kann. Aber mit der Entscheidung von letzter Woche, staatliche und städtische Bühnen in Baden-Württemberg und anderen Bundesländern bis 31. März zuzumachen, haben wir ein erstes klares Zeichen. Wir bereiten uns also auf verschiedene Szenarien vor, die eintreten könnten. Was ist, wenn wir im März nicht spielen können, aber vielleicht im April? Was ist, wenn wir gar nicht spielen können?

Was ist, wenn Sie gar nicht spielen können?

Wie gesagt, wir erarbeiten im Team kreative Lösungen und suchen nach Alternativen. Eventuell wäre dann Musik ausschließlich im öffentlichen Raum denkbar. Vielleicht auch ein paar Konzerte im September. Wir wollen in jedem Fall für unser Publikum etwas machen, das ist die Hauptsache. Unseren 25. Geburtstag lassen wir nicht einfach so ziehen.

Käme eine Verlagerung ins Digitale infrage?

Das Digitale hat in Zeiten der Pandemie sicher viele Vorteile. Wir haben im vergangenen Jahr sehr schöne Projekte gemacht. In Hinblick auf die Musik, gar auf ein ganzes Festival im Internet, gehe ich auf die Barrikaden. Digitalprojekte sind im Konzertbereich extrem teuer. Es ist widersinnig, ein Festival in den digitalen Raum zu übertragen, aber kaum Ticketeinnahmen erwirtschaften zu können. Das schaffen wir nicht. Was wir tun, lebt von der Begegnung und der Gemeinsamkeit. Das Digitale ist sicher eine extrem interessante Erweiterung als eigene Kunstform, es kann das Konzerterlebnis aber nicht ersetzen.

Virologen haben schon im Herbst, als Sie ihr Programm vorstellten, prognostiziert, dass die Pandemie uns noch bis ins Frühjahr begleiten könnte. Weshalb haben Sie den "Frühling" 2021 nicht gleich in den Sommer gelegt?

Das Programm muss Ende Juli stehen. Da hatten wir durchaus noch die Perspektive, dass die Situation so bleibt, wie sie im Sommer war. Zudem haben wir festgelegte Zeiträume für unser Festival. Aufgrund der Schlossfestspiele können wir es beispielsweise nicht einfach in den Sommer verlegen. Da können wir sicher Einzelveranstaltungen machen, aber kein mehrwöchiges Festival. Und überhaupt: Der "Frühling" ist nun einmal im Frühling.

Der Kartenvorverkauf für den 25. Jahrgang hat im November begonnen. Wie viele Tickets wurden denn bereits verkauft?

Das Festival ist quasi ausverkauft. Bei extrem vielen Veranstaltungen gibt es Wartelisten. Diese haben wir aufgelegt, da wir auch im Herbst noch die Hoffnung hatten, dass sich die Situation im März und April so weit entspannt, dass wir sogar noch mehr Plätze anbieten können als ursprünglich geplant. Nun wissen wir, dass es dazu nicht kommen wird.

Das Eröffnungskonzert wäre in ziemlich genau acht Wochen. Was ist das für den Intendanten für ein Gefühl, noch nicht zu wissen, ob es überhaupt so weit kommt?

Es ist extrem frustrierend. Gerade im Jahr des 25. Geburtstags. Das hätte ich mir, der ich ja von Anfang an dabei war, gemeinsam mit dem Team vollkommen anders gewünscht. Das Hauptproblem für ein Festival wie unseres ist die enorme Unsicherheit in der Planung, die kurzen Zeiteinheiten, in denen Beschlüsse bekannt gegeben werden. Häuser mit festen Spielstätten – wie etwa staatliche Theater – haben es da ein wenig einfacher: Sie können ihre Produktionen nach der Schließzeit direkt auf die Bühne bringen und, Stand heute, weiter proben und arbeiten. Uns dagegen sind die Hände völlig gebunden. Wir haben jeweils nur einen Schuss frei, im Januar mit dem Streichquartettfest, dann mit dem "Frühling" oder dem dieses Jahr erstmals geplanten Liedfestival "Neuland.Lied" im Juni – und das war es dann. Aber: Es gibt auch eine Zeit danach. Und daran arbeiten wir mit Leidenschaft.

Und das Streichquartettfest ist der Pandemie bereits zum Opfer gefallen...

Leider. Aber wir holen es 2022 eins zu eins nach. Maximal gefährdet ist derzeit auch noch der Wettbewerb "Das Lied", der für Ende Februar geplant ist.

"Maximal gefährdet": Welchen Status würden Sie derzeit dem "Heidelberger Frühling" geben?

Wie wir mit dem März verfahren, werden wir jetzt mit der Stadtspitze besprechen. Der April ist vollkommen unklar. Wir wissen nichts, stehen eigentlich völlig im Regen. Ich wünsche mir jedenfalls, dass bei etwaigen Lockerungen des Lockdowns die Kultur miteinbezogen wird, dass differenzierte Lösungen vonseiten der Politik gefunden werden.

Wie sähen solche "differenzierten Lösungen" aus?

Gerade ist eine Studie veröffentlicht worden, die belegt, dass die Gefährdungssituation im Konzertsaal bei entsprechender Belüftung und einem Hygienekonzept quasi nicht existent ist. Solche Erkenntnisse müssen in die weiteren Entscheidungen einfließen. Die Gefahr, dass die Kulturszene nach der Pandemie nicht mehr dieselbe ist wie zuvor, ist schon jetzt relativ groß. Die Kunst lebt davon, dass sie rezipiert, dass sie wahrgenommen wird. Sie lebt vom Publikum, von den Diskursgemeinschaften, die nach einem Konzert entstehen. Wenn das nicht mehr gegeben ist, fällt alles völlig auseinander.

Musik hören, Musik erleben: Das war auch bis zum Ausbruch der Pandemie ein großer Bestandteil Ihres Lebens. Wie ist das nun für Sie, ohne Livemusik?

Seit meinem 15. Lebensjahr bin ich tatsächlich permanent in Konzerten gewesen, das war eine Art Lebenselixier. Jetzt ist es so, als ob ein wesentlicher Teil des Lebens eingefroren ist. Man trocknet ein bisschen aus. Allerdings muss ich auch sagen, dass das letzte Jahr das herausforderndste meines Berufslebens war. Jeden Tag müssen neue Lösungen für verschiedene Fragestellungen gefunden werden. Ich bin so sehr eingespannt – da gerät vieles in den Hintergrund.

Загрузка...

Comments

Комментарии для сайта Cackle
Загрузка...

More news:

Frankfurter Allgemeine Zeitung (faz.net)
Rot Weiss Ahlen e.V.

Read on Sportsweek.org:

Andere Sportarten

Sponsored