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Heidelberger Zoo: "Einen Rachenabstrich beim Tiger nimmt man nicht einfach so"

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		Heidelberger Zoo:

Von Julia Lauer

Heidelberg. Der Zoo Heidelberg ist geschlossen – mindestens bis zum 31. Januar, womöglich sogar noch länger. Aber was geschieht hinter den Türen? Wie geht es den Tieren in der Corona-Krise? Und vermissen sie die Besucher? Fragen an Zoo-Direktor Klaus Wünnemann.

Das Gespräch

Schon wieder Lockdown. Fällt den Zootieren da auch so langsam die Decke auf den Kopf, Herr Wünnemann?

Ich denke, es geht ihnen gut. Aber natürlich fehlen ihnen die Besucher als zusätzliches Programm. Die Tierpfleger versuchen, das auszugleichen. Im Moment nutzen sie beispielsweise Weihnachtsbäume zur Beschäftigung. Die Löwen wälzen sich gern darin, die Papageien zerschnipseln sie, und Kamele fressen sie gern.

Woran merken Sie als Zoo-Direktor, dass den Tieren die Besucher fehlen?

Ich bin zwar viel im Büro, aber einmal am Tag laufe ich durch den Zoo. Früher waren Gäste nur interessant, wenn etwas Besonderes geschah. Jetzt sind die Tiere bei jedem Besucher aufmerksam. Das lässt sich bei den Menschenaffen beobachten, bei Raubtieren und Zebras. Und auch bei Vögeln und Erdmännchen.

Ihre Erdmännchen haben sich ja kürzlich vermehrt. Finden sie unbeobachtet mehr Gelegenheit zu Zweisamkeit?

Bei Erdmännchen sind zwar ein bis zwei Würfe im Jahr normal, und in diesem Jahr waren es vier. Aber die Zeugung fand nicht in den Lockdown-Phasen statt, deshalb wäre es überinterpretiert, das mit einer größeren Ruhe aufgrund von fehlenden Besuchern zu erklären. Insgesamt ist im Zoo kein Baby-Boom festzustellen.

Im vergangenen Jahr haben Sie ein paar Tiere neu angeschafft, eine Robbe zum Beispiel und Trampeltiere. War das in Corona-Zeiten schwieriger als sonst?

In der Zusammenarbeit mit anderen Zoos ändert sich durch die Pandemie nur wenig. Aber im Moment können wir einen Kappengeier aus dem Berliner Zoo nicht übernehmen, weil die Behörden den Transport kritisch sehen, da Berlin Vogelgrippe-Sperrgebiet ist. Und aufgrund des Brexit können wir einen Papagei aus England gerade nicht zu uns holen. Aber den Tieren geht es ja gut dort, wo sie sind, insofern ist das nicht schlimm. Wir müssen uns nur gedulden.

Von Raubkatzen ist bekannt, dass sie sich mit dem Coronavirus infizieren können. Haben Sie sich im zurückliegenden Jahr Sorgen um Ihre Tiere gemacht?

Wir haben uns wenig Sorgen gemacht, weil wir sehr vorsichtig waren: Wir haben die Tierhäuser mit den Affen und den Raubtieren, die empfänglich für eine Infektion sind, deshalb erst spät wieder aufgemacht und die Besucher auf Abstand gehalten. Wir haben gut ausgebildetes Personal, darunter auch eine Zoo-Tierärztin, sie beobachten die Tiere genau – das tun sie sowieso, aber eben auch in der Corona-Zeit. Bei uns ist jedoch kein Verdachtsfall aufgetreten.

Haben Sie die Tiere denn auch vorsorglich getestet?

Tiere zu testen, ist technisch möglich. Es ist aber sehr aufwendig. Einen Rachenabstrich beim Tiger nimmt man schließlich nicht einfach so, da ist erhebliche Vorbereitung nötig. Ohne Verdacht testen wir deshalb nicht.

Nachdem Sie im Mai wieder öffneten, galten viele Vorsichtsmaßnahmen, zum Beispiel eine Maskenpflicht im Freien. Denken Sie, das war übertrieben?

Manche Gäste haben sich so wohler gefühlt, andere eher eingeschränkt. Allen wird man es nie recht machen können. Insgesamt scheinen Zoos wohl keine so große Rolle für die Ansteckung zu spielen.

Wie ist der Zoo nach dem Krisenjahr finanziell aufgestellt? Im Frühjahr klangen Sie alarmiert.

Unser Jahresabschluss steht noch nicht ganz, aber das Defizit von 2020 beläuft sich definitiv auf mehr als eine Million Euro. Die Stadt hat uns jedoch 1,4 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, damit können wir das Defizit begleichen. In diesem Jahr aber wird der städtische Zuschuss um 15 Prozent gekürzt, und Einnahmen brechen uns weg. Das sorgt schon für Sorgenfalten auf der Stirn.

Wagen Sie denn eine Prognose, wie es weitergeht?

Meine Glaskugel ist gerade in Reparatur. Aber wir wünschen uns, die Außenbereiche schnellstmöglich zu öffnen, sofern es verantwortbar ist, und die Tierhäuser dann erst im laufenden Jahr.

Anfang Januar wurde Braunbär Martin eingeschläfert, den viele Menschen in der Region kannten. Er litt an Arthrose im Knie. Konnte man ihm auf anderem Weg nicht helfen?

Wir alle, besonders aber die Tierpfleger und Tierpflegerinnen, haben Martin sehr gemocht. Leider ließen uns seine Befunde keine andere Möglichkeit. Eine Operation hätte keine Aussicht auf Erfolg gehabt, und er zeigte auch unter Schmerzmitteln noch, dass ihm Bewegungen weh taten. Die Euthanasie war für uns die einzige Möglichkeit, ihm zu helfen.

Braunbärin Ronja ist jetzt allein. Wie kommt sie damit zurecht?

Ronja ist zur Zeit in Winterruhe. Wenn sie zum Frühjahr wieder aufwacht, wird sie Martin nicht so sehr vermissen, da Bären Einzelgänger sind. Dauerhaft soll sie nicht alleine bleiben, wir wünschen uns wieder Gesellschaft für sie. Wir möchten die Optionen aber gerne intensiv mit dem Zuchtprogramm besprechen. Das braucht etwas Zeit.

Was passiert denn ansonsten im Zoo, jetzt, wo die Tore wieder geschlossen sind?

Unsere Zuchtprogramme laufen ganz normal weiter, wir renovieren die Außengehege und bereiten sie für den Sommer vor. Außerdem arbeiten wir an einem Streichelzoo, er wird den Namen "der Bauernhof" tragen. Erwachsene und Kinder bekommen dort Ziegen, Schafe, oder auch Rinder zu sehen. Nur noch wenige Stadtmenschen kennen diese Tiere wirklich. Dazu planen wir auch eine Ausstellung.

Worum geht es?

Zum Beispiel darum, wie viel Platz man benötigt, um ein Kilo Kartoffeln oder ein Kilo Rindfleisch zu gewinnen. Dieses Thema ist nah an uns dran, denn das Wohl dieser Tiere hängt eng mit unserem Konsumverhalten zusammen.

Das klingt fast so, als seien Sie Vegetarier?

Das bin ich nicht, aber ich glaube nicht, dass man heutzutage jeden Tag ein Stück Fleisch auf dem Teller braucht. Meine Frau und ich achten darauf, dass unser Fleisch von Betrieben stammt, die Tiere vernünftig halten. Und wir essen nur einmal in der Woche Fleisch. Denn viele Gemüsegerichte sind auch sehr gut. Ofengemüse mit Süßkartoffeln zum Beispiel.

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