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Baden-Württemberg: Verkehrswende am Ende?

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		Baden-Württemberg:  Verkehrswende am Ende?

Von Jens Schmitz, RNZ Stuttgart

Stuttgart. Winfried Hermann gibt sich unverdrossen. "Von einer gescheiterten Verkehrspolitik kann nicht die Rede sein", sagte der Landesverkehrsminister am Donnerstag. Die Wende zu einer umweltfreundlichen Mobilität sei eine große Aufgabe, für die sehr viele Menschen bereit sein müssten, ihr Verhalten zu ändern. "Politik allein kann dies nicht leisten."

Eine Umfrage im Auftrag der baden-württembergischen Tageszeitungen hatte ergeben, dass ein Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel für 68 Prozent der regelmäßigen Autofahrer keine ernsthafte Alternative wäre. Die größten Probleme sahen die Befragten in zu hohen Preisen für den ÖPNV, in Staus, schlechten Straßen und fehlenden Parkplätzen in Städten. Weit weniger häufig wurden ein Mangel an Radwegen oder Car-Sharing-Angeboten sowie der Zustand des Schienennetzes beklagt. Nur zwölf Prozent der Befragten äußerten sich positiv über Hermanns Arbeit – während 26 Prozent angaben, ihn nicht zu kennen. Die Daten hatte das Institut für Demoskopie Allensbach erhoben.

Hermann betonte, dass die Infrastruktur bundesweit sehr lange vernachlässigt worden sei; gleichzeitig sei der Verkehr gewachsen. Die Rückstände ließen sich nicht in kurzer Zeit aufholen, zumal oft das Land nicht oder nicht allein zuständig sei. Das jährliche Budget für Sanierung und Erhalt von Straßen und Brücken sei von 65,6 Millionen Euro (2010) auf 183,1 Millionen Euro (2019) gestiegen. Auch der Schienennahverkehr sei ausgeweitet und modernisiert worden. Hermann verwies auf den Verbund-übergreifenden bw-Tarif oder die vom Land mitfinanzierte Tarifreform rund um Stuttgart.

Beistand erhielt Hermann vom Verkehrsexperten der Landtags-Grünen, Hermino Katzenstein aus Neckargemünd. "Die Umfrage bestätigt uns in der Notwendigkeit, über Stuttgart 21 hinaus zu denken, die schlimmsten Engpässe zu beseitigen und den Bahnknoten Stuttgart leistungsfähig für die Zukunft zu machen", erklärte er. 40 Prozent der Befragten halten die Entscheidung für das Bahnprojekt im Nachhinein für falsch, nur 27 Prozent für richtig. "Die Umfrage bestätigt uns auch in unserer Überzeugung, dass ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen nicht mehr länger vom CSU-Verkehrsminister verhindert werden darf." Die Mobilitätswende sei eine Daueraufgabe. "Wir wollen es den Menschen leicht machen, das Auto stehen zu lassen und auf Bus und Bahn umzusteigen."

Der verkehrspolitische Sprecher der CDU, Thomas Dörflinger, sah sich ebenfalls ebenfalls bestätigt. Allerdings begründete er das damit, dass das Auto für viele Menschen das Verkehrsmittel der Wahl bleibe. Deshalb müsse neben dem ÖPNV weiterhin auch in neue Ortsumfahrungen und leistungsfähige Straßen investiert werden. Um Klimaziele zu erreichen, müssten synthetische Kraftstoffe großflächig verfügbar werden. "Wir brauchen hier mehr Tempo", so Dörflinger und warf dem SPD-geführten Bundesumweltministerium Blockade vor.

Ganz anders das Urteil der Opposition. "Grün-Schwarz bringt die Menschen nicht ans Ziel", so SPD-Landeschef Andreas Stoch. "Die Menschen wollen keinen ideologischen Kampf zwischen Auto und ÖPNV." Es sei Hermann in zehn Jahren nicht gelungen, den Menschen eine Alternative zum Auto zu bieten. "Wir kommen nur weiter, wenn wir sinnvolle Anreize setzen und attraktive Angebote machen", erklärte der SPD-Spitzenkandidat. "Deshalb brauchen wir jetzt das 365-Euro-Jahresticket."

"Die Umfrage zeigt sehr deutlich: Die Menschen in unserem Land wollen keine Politik der Abgrenzung der Verkehrsträger", sagte FDP-Experte Jochen Haußmann. Gebraucht würden sowohl individuelle Mobilität als auch ein attraktiver ÖPNV, besonders im ländlichen Raum. "Das geht nur, wenn wir die politische Akzeptanz aller Verkehrsmöglichkeiten und innovative technologische Ansätze in den Blick nehmen, anstatt auf Verbote und Bevormundung zu setzen. Verkehrsminister Hermann ist mit seiner Politik der Verbote und Erziehungsversuche auf ganzer Linie gescheitert."

Für den verkehrspolitischen Sprecher der AfD, Hans Peter Stauch, zeigen die Ergebnisse, dass die "angestrebte Abschaffung des motorisierten Individualverkehrs bei den Bürgern auf wenig Gegenliebe stößt", wie er mitteilte. "Wenn fast zwei Drittel davon mehr Investitionen fordern und nahezu die Hälfte den Zustand der Straßen als Hauptproblem ansehen, ist klar zu erkennen, dass die verkehrspolitische Richtung von Minister Hermann fehlgeht."

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