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Sinsheim: Hier die "Querdenker", dort die "Anti-Aluhut-Aktion"

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Von Christian Beck und Friedemann Orths

Sinsheim. Das Parkhaus neben der Dr.-Sieber-Halle war noch nie so gut belegt. Es waren überwiegend Autos mit ortsfremden Kennzeichen, die Besucher der "Querdenker"-Demonstration unter dem Titel "Wir für das Grundgesetz und gegen die Maskenpflicht" dort abgestellt hatten. Auf 1000 Personen schätzten die Organisatoren die Teilnehmerzahl am Freitagabend auf dem Festplatz, die Polizei spricht von 700. Auf dem Burgplatz hatten sich zur selben Zeit rund 80 Demonstranten versammelt. Organisator Paul Fuhr hatte die "Anti-Aluhut-Aktion" unter dem Motto "Solidarität statt Querdenken" ins Leben gerufen.

Ihm geht es nicht ums Stören der "Querdenker"-Veranstaltung, sondern darum, "Solidarität mit den Leuten, die das ausbaden müssen" zu zeigen. Fuhr spricht von Pflegern oder Ärzten, die sich um Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen kümmern müssen. Deshalb sprechen auch Redner auf dem Burgplatz. Man habe sich bewusst nicht neben der Demo auf dem Festplatz versammeln wollen, "weil die ja behaupten, sie werden nur unterdrückt", sagt Fuhr.

Die "Querdenker" hatten dort zu einer "Sitzdemo" eingeladen. Auf Klappstühlen, Bänken oder Isomatten machten es sich die Teilnehmer bequem. Viele hatten angezündete Kerzen vor sich aufgestellt. Manche hatten einen Hund mitgebracht, ein paar Kinder im Vorschulalter waren auch dabei. Einen Mund-Nasen-Schutz trug so gut wie niemand.

Maske tragen und eine Begrenzung auf 600 Teilnehmer hatte die Stadt zuvor als Auflagen erlassen. Doch rund eine Stunde vor Beginn der Demonstration hatte das Verwaltungsgericht Karlsruhe bekannt gegeben, dass der Eilantrag der Versammlungsleiterin gegen diese Auflagen erfolgreich war. Begründet wurde dies mit einem Verfahrensfehler seitens der Stadt. Während der knapp zweistündigen Demo erinnerten zahlreiche Ordner immer wieder daran, den Mindestabstand einzuhalten. Viele hielten sich daran, manche nicht.

Mehrere Redner meldeten sich zu Wort. Darunter ein neunjähriger Junge, der berichtete, dass er fast überall ausgeschlossen wird, weil er keine Maske tragen möchte. Ein weiterer Redner gab Kommunikationstipps im Umgang mit jenen, die die Corona-Schutzmaßnahmen für sinnvoll erachten. Zwischen den Wortbeiträgen wurden Lieder mit religiösem Inhalt gesungen. Ein Mann lief unter den Zuhörern umher und ließ Münzen in einer Spendenbüchse klirren. Mehrere Teilnehmer steckten Geldscheine hinein. Eine Frau verteilte kostenlos ein Buch, das den Kampf zwischen Gott und Satan beschreibt.

Doch auf die Frage, weshalb die Teilnehmer zur Demo gekommen sind, antwortete eine Frau aus Darmstadt schlicht mit: "Schiffmann!" Der Hals-Nasen-Ohren-Arzt, der vor Ort die "Schwindelambulanz" betreibt, hat es mit seinen Videos und Redebeiträgen zu Bekanntheit gebracht. Viele Kritiker der corona-bedingten Einschränkungen sind seine Anhänger, doch es gibt auch viele, die sich mittlerweile deutlich von ihm distanzieren und ihm Falschaussagen vorwerfen, darunter auch zahlreiche Sinsheimer. Nach fast jedem seiner Sätze jubelten die Teilnehmer der Demo, unter anderem bei der Aussage, dass jeder selbst entscheiden könnte, ob er sich anstecken möchte. "Es gibt kein Corona-Virus", behauptete schließlich Samuel Eckert, denn es habe seines Erachtens noch keiner bewiesen. Er kommt ursprünglich aus Angelbachtal und ist Mitglied der Sieben-Tages-Adventisten.

Auf dem Burgplatz findet Fuhr es wichtig, dass man Dinge kritisiert, beispielsweise, dass das Parlament bei den Corona-Verordnungen der Bundesregierung kein Mitspracherecht hat. "Aber Falschaussagen", dass Kinder wegen einer Maske gestorben seien beispielsweise, sind seines Erachtens "nicht vertretbar". Fuhr hatte Einladungen an alle Gemeinderatsfraktionen, das "Bündnis für Toleranz" und die "Fridays for Future"-Ortsgruppen geschickt. Den NPD-Stadtrat hatte er nicht eingeladen.

Bei der rund einstündigen Kundgebung las eine Frau ein Gedicht vor, Marco La Licata von der Partei "Die Linke" hielt ebenso eine Rede wie Gemeinderat Alex Riederer, der für das "Bündnis für Toleranz" sprach. Er warb dafür, die "Querdenker", sofern sie nicht ganz weit rechts stünden, "im Gespräch" zu halten. Dies sei eine "wichtige Grundlage", vor allem, wenn man sich persönlich kenne.

Beide Veranstaltungen verliefen laut Polizei ohne besondere Vorkommnisse.

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