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"Tierart" Maßweiler: Zirkus-Tiger fanden Zuflucht in der Südpfalz

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Von Wolfgang Jung und Carsten Blaue

Maßweiler. Wohin die kleine weiße Löwin Lea kommt, ist noch offen. Vielleicht doch noch nach Spanien, wo sie jetzt wäre, wenn ihr Transporter vergangene Woche nicht einen schweren Unfall auf der A5 gehabt hätte. Sollte es mit dem ursprünglichen Ziel nicht klappen, könnte die Tier- und Artenschutzstation "Tierart" für Wildtiere in Maßweiler Leas neues Zuhause werden. Die Einrichtung hat jedenfalls Interesse bekundet. Lea wäre hier nicht die erste Großkatze.

Getestet und für gut befunden – jedenfalls von Jill und Sahib. Gemächlich streifen die beiden Sibirischen Tiger im Süden von Rheinland-Pfalz durch ihr neues Revier. Die zentnerschweren Raubtiere sind die jüngsten Zugänge der von der Tierschutzstiftung "Vier Pfoten" betriebenen Auffangstation. Ein Zirkusdompteur, der wegen Corona kaum noch Auftritte hatte, trennte sich vor kurzem von den Großkatzen. Nun tigert das Paar über das Areal in Maßweiler. "Sie haben sich gut eingelebt und genießen ihr etwa 1000 Quadratmeter großes Außengehege", sagt Tierpfleger Christopher Nunheim.

Nach Drill und Applaus führen die 13 Jahre alte Jill und ihr ein Jahr älterer Halbbruder nun ein ruhigeres Leben, sind sozusagen im Ruhestand. Rente für Raubtiere ist in der Natur nicht vorgesehen – in freier Wildbahn gehen Löwe, Tiger und Elefant nie in Pension. Anders sieht das für Vierbeiner aus dem Zirkus aus, die durchaus Unterkunft in Tierparks und Heimen finden, zum Beispiel in Rheinland-Pfalz und in Baden-Württemberg. In Karlsruhe eröffnete im vergangenen Jahr Europas erste Altersresidenz für Elefanten.

Seniorenheime für Zirkustiere: Wäre das eine Lösung? "Das würde wohl nicht viel ändern, da die Tiere im Zirkus leider bis ins hohe Alter arbeiten müssen", sagt Nunheim. Wären sie dazu nicht mehr in der Lage, verschwänden sie oft auf dubiose Art und Weise. Zudem gebe es weit über 100 Zirkusbetriebe in Deutschland. "Kapazitäten in dieser Größenordnung zu schaffen, ist nahezu unmöglich", meint der Tierpfleger. Zudem hätten die Besitzer von solchen "Heimen" nichts davon. "Nein - was fehlt, ist ein Verbot von Wildtieren im Zirkus."

"Was fehlt, ist ein Verbot"

Ähnlich sieht es die Naturschutzorganisation World Wide Fund For Nature (WWF). "Das Halten von Wildtieren im Zirkus verfolgt rein wirtschaftliche Interessen", sagt Artenschutzexperte Arnulf Köhncke. "Wir sind gegen Wildtiere in Zirkussen, weil diese im Unterschied zu gut geführten Zoos keinen Beitrag zum Artenschutz leisten." Mit dem Geschwisterpaar sind die Gehege für Raubkatzen in Maßweiler vorerst voll belegt. Neben Jill und Sahib leben hier die Tigerdamen Cara und Varvara, zudem noch Waschbären. Füchse, Wildkatzen und ein Puma sowie Schafe und Ziegen.

An diesem Tag steht Tigerweibchen Jill in ihrer ganzen Streifenpracht regungslos am Zaun des Geheges. Keine Bewegung zeichnet sich am 180 Kilogramm schweren Körper des Raubtiers ab. Die Großkatze ist eine imposante Erscheinung - ebenso wie Sahib, der 210 Kilogramm wiegt. "Beim Futter kann man grob mit drei bis sieben Kilogramm Fleisch pro Tier und Tag rechnen", erzählt Nunheim. Das Fleisch erhält "Tierart" von einem speziellen Futtermittelhändler.

Weltweit ist die Lage ernst für die größte Raubkatze der Welt. Vor 100 Jahren gab es etwa 100.000 Tiger, heute leben in 13 Staaten noch schätzungsweise rund 3900 Exemplare in freier Wildbahn. Die wegen ihrer Verbreitung im Amur-Becken auch Amur-Tiger genannten Tiere werden von der Weltnaturschutzunion IUCN als "stark gefährdet" eingestuft. Im Kampf um die letzten freien Tiger gilt eine Konferenz in Russland 2010 als Meilenstein. Damals einigten sich 13 Staaten auf Schutzzonen für die Großkatzen. Hollywood-Ehrengast Leonardo DiCaprio ("Titanic") spendete damals eine Million US-Dollar zur Unterstützung.

In Deutschland nutzte zuletzt die Netflix-Serie "Tiger King" über exzentrische Großkatzen-Liebhaber den Tiger als exotische Kulisse. Branchenangaben zufolge soll es eine der derzeit am meisten gestreamten Serien weltweit sein. Der Hype in den sozialen Netzwerken war enorm. Den Rahmen der True-Crime-Miniserie bildet die Geschichte, wie Joe Exotic – der Besitzer eines privaten Zoos im US-Bundesstaat Oklahoma – wegen versuchten Mordes vor Gericht landete.

"Solche Serien machen mich traurig", sagt Nunheim. "Es erschüttert mich immer sehr zu sehen, wie diese Tiere ausgenutzt werden." Erbost sei er darüber, was in anderen, teils eigentlich modernen Ländern als Standard gelte und wie schlecht die Tierschutzgesetze dort seien. "Es ist ein trauriger Fakt, dass die zweitgrößte Tiger-Population der Welt in Texas lebt", meint der Tierpfleger. "Auch hier ist es mehr oder weniger normal, dass ein Tier, das keinen Gewinn mehr bringt oder aus anderen Gründen unerwünscht ist, einfach verschwindet."

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