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Wenn Kinder spielend Forscher werden: Das gibt's auf dem Smartpfad bei Mudau zu entdecken

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		Wenn Kinder spielend Forscher werden:  Das gibt's auf dem Smartpfad bei Mudau zu entdecken

Von Andreas Hanel

Mudau. Schau mal, ich bin schon bei 50 Grad!", ruft die acht Jahre alte Nicla Jost stolz. "Und ich bin schon bei über 60 Grad!", hält ihre zwei Jahre ältere Schwester Nele dagegen. Nein, die beiden meinen trotz des sommerlichen Sonntagmorgens, an dem die Sonne vom blauen Himmel lacht, nicht die Temperatur. Die scheint ihnen eher egal zu sein. Vielmehr geht es ihnen um den Ausschlagwinkel, den sie mit ihren Schaukeln erreichen können. Und dabei legen sich beide mächtig ins Zeug.

Diese sogenannte Geometrieschaukel steht in Mudau im Neckar-Odenwald-Kreis an der Station "Knobeln und Experimentieren". Die Station gehört zum längsten Outdoor-Smartpfads Deutschlands. Seine Länge: über 15 Kilometer. Er führt entlang des Rhein-Neckar-Radweges von Mudau nach Amorbach. Ins Leben gerufen wurde er von der Joachim & Susanne Schulz Stiftung.

Sechs Stationen bietet der Smartpfad: Ideal, um Kinder und Jugendliche an die Welt der Naturwissenschaften heranzuführen. Denn diese werden für Heranwachsende vor dem Hintergrund der zunehmenden Technisierung und Digitalisierung, die auch künftig den Arbeitsmarkt mehr und mehr bestimmen werden, immer wichtiger. Nicht zuletzt deshalb gewinnen die Mint-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) immer mehr an Bedeutung.

Die Schaukeln, auf denen Nele und Nicla sitzen, sind keine herkömmlichen. Klar – sie haben jeweils zwei Ketten und eine Sitzfläche. Doch als Sonderausstattung verfügt die Geometrieschaukel über eine große Anzeige mit zwei Zeigern. An ihnen können die Kinder ablesen, wie hoch sie schaukeln. Bei 60 Grad ist Schluss mit der Anzeige. Die übertreffen die beiden Schwestern allerdings im Nu. Und einen Lerneffekt gibt es nebenbei auch noch: Die Kinder erfahren am eigenen Leib und mit ihren eigenen Sinnen, was man sich unter einem Winkel von 60 Grad vorstellen kann.

Gerade dieses praktische Lernen finden auch die Eltern von Lotta (7), Tilda (3) und Joris (1) Knapp gut. "Hier gibt es simple Erklärungen auf physikalische Zusammenhänge", loben Mama Ann-Katrin und Papa Philipp. Und Tobias Jost, der Vater von Nicla und Nele, ergänzt: "Das wird alles sehr gut durch spielerisches Lernen vermittelt."

Wie zum Beispiel die Funktionsweise einer Sonnenuhr, einer indischen Klimaanlage oder der asymmetrischen Wippe, bei der man durch Verschieben der Sitze den Schwerpunkt verändern kann.

Bei einer nur wenige Kilometer entfernten gelegene Station geht es ums "Beobachten und Bestimmen" – Spannendes aus der Welt der Tiere. An der Station "Wasser erforschen" an der Hirtenquelle bei Ünglert, einem Ortsteil Mudaus, entdecken die Kinder die Wasserräder sowie das Prinzip einer archimedischen Schraube.

Neben der Wildenburg wiederum liegt die Station "Wald erleben", wo man die Nutz- und Schutzfunktionen des Forsts entdecken kann. Bei Kirchzell befindet sich die Station "kriechen und krabbeln". Wie sieht ein Schmetterling die Welt? Wie bewegt sich die Spinne in ihrem Netz? Auf dieses Fragen gibt es hier die Antworten. Am Ziel in Amorbach ist schließlich die Station "Gesetze der Natur verstehen" installiert. Diese ist vor allem für kleine Baumeister interessant. Frei nach dem Motto "work smarter, not harder" erfahren die Kinder, wie leicht man mit einem Seilzug-Kran, über Förderbänder oder über Sandrutschen schwere Lasten bewegen kann.

"Für junge Familie ist der Smartpfad super", ist Vater Philipp Knapp begeistert. Besonders, wenn man ihn mit dem Fahrrad abfährt. Denn damit hat man nicht nur ohne großen Aufwand einen Tagesausflug organisiert, sondern "man ist auch an der frischen Luft und in der Natur", hebt Tobias Jost hervor. "Außerdem ist es gut, dass man immer ein Ziel vor Augen hat", ergänzt Ann-Katrin Knapp. "Da sind die Kinder nicht schon am Anfang genervt." Der Smartpfad sei eine Bereicherung für die Region, sind sich alle einig. "Und was die Schulz-Stiftung grundsätzlich für Mudau und die Region macht, ist einfach nur lobenswert", sagt Philipp Knapp.

Die Joachim & Susanne Schulz Stiftung wurde 2010 gegründet. Und zwar "mit der Leitidee, junge Menschen frühzeitig für Technik und Naturwissenschaften zu interessieren – auch, um Nachwuchs für die lokalen Firmen zu gewinnen und eine Abwanderung zu verhindern", erklärt Meike Wolf, die Projektleiterin des Smartpfads.

Stifter Joachim Schulz war ein Unternehmer in der Region. 1965 übernahm er die Firma Aurora in Mudau von seinem Vater, die international mit der Produktion von Heiz- und Klimageräten für Busse, Bau- und Landmaschinen erfolgreich ist. Und bereits damals waren Probleme, wie sie es heute noch immer gibt, virulent. "Schon seit vielen Jahren hat die Aurora Schwierigkeiten, genügend junge Menschen für die technischen Ausbildungsberufe zu begeistern", sagt Wolf. "So wie der Aurora geht es nicht nur vielen Firmen in der Region, sondern auch bundesweit."

Um junge Menschen für Technik und Naturwissenschaften zu gewinnen, hat die Stiftung unter Federführung von Meike Wolf den Smartpfad ins Leben gerufen – und der kommt gut an. "Das Angebot wird in der Region, aber auch überregional sehr gut angenommen. Wir konnten sogar schon Besuchergruppen aus Dortmund und Köln begrüßen", berichtet die Projektleiterin. "Bei jedem Besuch treffe ich lachende Kinder an, die kräftig kurbeln, pumpen, ausprobieren – und somit forschen."

Forschen im Kindesalter – das fördern auch die Schulen. Denn schließlich verändern sich vor dem Hintergrund der zunehmenden Technisierung und Digitalisierung die Anforderungen an den Arbeitsmarkt, wie Benedikt Reinhard, Pressereferent am Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, betont. "Die Mint-Fächer sind bereits sehr wichtig und werden immer wichtiger."

So habe man schon mit dem Bildungsplan 2016 die Bedeutung dieser Fächer gestärkt. Dies spiegelt sich auch in der Oberstufenreform wider, die für die Jahrgänge gilt, die 2021 und später das Abitur machen werden. Schüler können seit 2019 zwei Mint-Fächer als Leistungskurse wählen.

Darüber hinaus gibt es sogenannte Schülerforschungszentren, quasi Sportvereine für Mint-Athleten. Hier können Kinder und Jugendliche einzeln oder in kleinen Teams ihren eigenen Forschungsfragen nachgehen. Bundesweit gibt es inzwischen über 60 solcher Forschungszentren – wie etwa das Life-Science Lab am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg.

Dafür sind Nele, Nicla, Lotta, Tilda und Joris noch zu jung. Doch vielleicht werden ja aus ihnen eines Tages Naturwissenschaftler – viel Spaß hatten sie auf jeden Fall auf dem Smartpfad ...





Der Autor

Andreas Hanel

Er kommt aus Buchen, wo er auch die Lokalredaktion verstärkt. Der 35-Jährige hat an der Uni Heidelberg Latein und Geschichte auf Lehramt studiert. Seine Lieblingsthemen sind: Gesellschaft, Kultur und Wissenschaft.

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