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Heidelberg: Warum städtische Gebäude marode sind

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		Heidelberg:  Warum städtische Gebäude marode sind

Von Philipp Neumayr

Heidelberg. Heidelberg hat Sanierungsstau – und der ist enorm. Das verriet Bürgermeister und Baudezernent Jürgen Odszuck jüngst im Bau- und Umweltausschuss. Viele städtische Gebäude müssten instandgesetzt werden, bei einigen sei es höchste Zeit. Wie ein Verzeichnis dabei helfen soll und warum die Stadt auch über Verkauf nachdenken muss, erklärt Odszuck im Interview.

Herr Odszuck, im Ausschuss sprachen Sie von Gebäuden, die nicht nur ein bedenkliches Bild abgeben, sondern auch zur realen Gefahr werden können ...

Es ist tatsächlich so, dass bei einem Gebäude in der Hauptstraße zuletzt Sandsteinbrocken heruntergefallen sind. Die waren groß genug, um einem Menschen ernsthaft weh zu tun. Aus einem anderen städtischen Gebäude, das ist schon etwas länger her, ist ein Fenster herausgefallen. Das sind Zustände, die wir nicht akzeptieren können.

Warum ist man denn erst jetzt auf die Idee gekommen, die städtischen Gebäude und ihren Zustand zu erfassen?

Wir haben natürlich auch bisher unsere Gebäude überprüft, aber es gab keine zentrale Zuständigkeit. Die Gebäude wurden von verschiedenen Ämtern verwaltet, entsprechend gibt es keine einheitliche Struktur in den Akten und viele individuelle Verträge, zum Beispiel mit Hausmeisterdiensten. Jetzt haben wir eine neue Stabsstelle beim Hochbauamt, besetzt mit Herrn Berner, der sich seit dem Frühjahr um das Projektmanagement und die großen Prozesse kümmert und ein zentrales Gebäudeverzeichnis aufbaut.

Was soll das neue Verzeichnis leisten?

Wir wollen einen Überblick, damit wir mit dieser Menge an Gebäuden gut planen und die richtigen Prioritäten setzen können. Der gesamte Gebäudebestand wird auf eine einheitliche, systematische und IT-basierte Struktur gestellt. Das System erleichtert dann auch eine kontinuierliche Wartung – wenn zum Beispiel eine Brandschutztür oder eine Elektroanlage geprüft werden muss, poppt ein Arbeitsauftrag auf.

Wie viele Gebäude befinden sich derzeit in städtischer Hand?

Das ist ein bisschen wachsweich. Wenn wir es genau nehmen, sind es ein wenig mehr als 750, aber da sind dann zum Beispiel auch Friedhofstoiletten dabei. Wenn man nur die Gebäude mit Hauptnutzung nimmt, also ein Wohnhaus, ein Verwaltungsgebäude oder eine Schule, sind wir bei ungefähr 500.

Sind das im Vergleich mit anderen Städten vergleichbarer Größenordnung eher viele oder wenige Gebäude?

Eher viele. Für uns ist es vor allem mit einem Mal sehr viel, weil seit dem Jahreswechsel nun allein das Hochbauamt aus meinem Dezernat für den Bauunterhalt zuständig ist. Davor hatten wir nur einen kleinen Gebäudekreis in unserer Verantwortung und dafür zweieinhalb Stellen. Jetzt haben wir alles – aber nicht mehr Personal. Das ist schon ein Problem.

Und abgesehen von den dramatischen Beispielen von eben: In welchem Zustand befinden sich die städtischen Gebäude denn insgesamt?

Es ist nicht so, dass wir nur alte Bauten in der Stadt haben, im Gegenteil: Wir haben viele gut sanierte und tolle neue Gebäude, zum Beispiel das Bürgerhaus in der Bahnstadt am Gadamerplatz. Aber es gibt natürlich einige 60er/70er-Jahre-Bauten, die jetzt alle in das Alter kommen, wo man intensiver ran muss.

Hätte man nicht vorher schon darauf kommen können, dass manche Gebäude besonders sanierungsbedürftig sind?

Natürlich, aber das ist ja genau das Problem. In der bisherigen Struktur hatten wir keinen guten Gesamtüberblick. Ein Beispiel: Wenn es in einem unserer Gebäude durch die Decke tropft, das aber nicht städtisch genutzt wird, dann erfahren wir das nur, wenn sich der Mieter, egal ob privat oder gewerblich, darüber beschwert. Es ist in solchen Fällen eher dem Zufall überlassen, ob man sich ankündigende Schäden früh genug erkennt oder es erst mitbekommt, wenn eigentlich schon alles zu spät ist. Und dann braucht es eine Riesenmaßnahme statt einer kleinen Reparatur.

Welche Rolle spielt der energetische Aspekt bei der Erfassung und Sanierung der Gebäude?

Natürlich wäre es schön, alle Gebäude auf einen Passivhausstandard zu bringen. Aber wir müssen immer zuerst die Pflichtaufgaben machen. Da geht es auch um unsere juristische Verantwortung. Wir streben also bei einem Gebäude nicht in erster Linie eine energetische Sanierung an, wenn wir nicht mit der Instandhaltung hinterherkommen. Bei der Erfassung der Gebäude ist es anders. Da unterscheiden wir ja in Gebäudetypen und erfassen die einzelnen Bauteile sowie die Anlagentechnik. Da bekommt man eine ziemlich klare Vorstellung, wie es um die energetische Situation steht.

Sie sagten im Ausschuss auch, dass sich die Stadt überlegen müsse, eigene Gebäude zu veräußern.

Wenn wir feststellen, wir können uns so viel Gebäudeunterhalt nicht leisten, dann müsste man versuchen, an einer anderen Stellschraube zu drehen und fragen: Welche Immobilien muss man nicht zwingend im Bestand haben? Eine Stadt muss meines Erachtens nicht zwingend Gaststätten im Bestand haben. Davon haben wir in Heidelberg eine ganze Reihe.

Läuft man dann aber nicht Gefahr, dass noch mehr historische Gebäude für Nutzungen hergegeben werden, die man eigentlich nicht anstrebt?

Das sind immer Einzelfall-Entscheidungen. Ich habe genau den gleichen Prozess schon einmal in Kronberg (dort leitete Odszuck von 2010 bis 2016 das Baudezernat, Anm. d. Red.) durchgemacht. Da haben wir gefragt: Welche Gebäude brauchen wir als Stadt unbedingt? Welche braucht man nicht? Welche sind wirtschaftlich und welche nicht? Zusätzlich haben wir Veto-Objekte ausgemacht, also etwa Kulturdenkmäler oder identitätsstiftende Gebäude. Und am Ende stand bei einigen Objekten dann die Entscheidung: Okay, die können wir veräußern.

Und solch ein Vorgehen könnten Sie sich auch in Heidelberg vorstellen?

Ja, aber nur unter der Voraussetzung, dass sich Verwaltung und Gemeinderat einig sind, dass sich die Stadt den aktuellen Gebäudebestand nicht weiter leisten will. Aber das wissen wir ja nicht. Stand jetzt ist die Annahme, dass wir den Etat für den Unterhalt des Baubestands deutlich nach oben schrauben müssen. Wenn das Geld aber anders eingesetzt werden soll, muss man sich eben von den Gebäuden trennen, von denen man sich am leichtesten trennen kann.

Inwieweit könnte die angespannte Haushaltslage bedingt durch die Corona-Krise die Finanzierung des Ganzen erschweren?

Sie wissen ja, dass momentan um jede Maßnahme und Ausgabe gerungen wird. Wenn wir keine Mittel bekommen, können wir viele Sanierungsmaßnahmen nicht angehen. Dann versuchen wir weiter, nach bestem Wissen und Gewissen, aus wenig viel zu machen. Aber das wäre sehr betrüblich. Daher ist es jetzt umso wichtiger, das Bewusstsein zu schaffen, dass wir hier eine große und dringende Aufgabe vor uns haben.

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