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Heidelberg/Rhein-Neckar: Häusliche Gewalt nimmt in Corona-Zeiten noch zu

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		Heidelberg/Rhein-Neckar:  Häusliche Gewalt nimmt in Corona-Zeiten noch zu

Von Sabine Hebbelmann

Heidelberg/Rhein-Neckar. "Bleiben Sie Zuhause", lautet der Rat in Zeiten von Corona. Doch was, wenn es daheim kriselt? Wenn die Wohnung klein, aber die Anspannung groß sind? Wenn Beziehungsprobleme durch existenzielle Sorgen verschärft werden? Schon bisher ist das eigene Zuhause zu oft kein sicherer Ort. Darauf weist der Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe in Deutschland (bff) hin und warnt: "In der aktuellen Krisensituation mit starken Einschränkungen im öffentlichen Leben steigt die Gefahr für Frauen und Kinder, häusliche und sexualisierte Gewalt zu erfahren."

"Man hockt zwangsläufig aufeinander und kann sich nicht aus dem Weg gehen. Dadurch kann es verstärkt zur Eskalation kommen", macht Britta Schlichting deutlich. Sie ist Mitarbeiterin im Heidelberger Frauenhaus beim Verein ‚Frauen helfen Frauen‘. Häusliche Gewalt sei unabhängig von der sozialen Schicht oder der Religionszugehörigkeit. Das Risiko steige aber bei finanzieller Abhängigkeit und wenn ein restriktives Familien- und Gesellschaftsmodell vorherrsche. "Es geht immer um Macht und Kontrolle", beobachtet sie.

Körperliche Gewalt sei ein Teilaspekt, viele Frauen dürften kein eigenes Geld besitzen und würden sozial isoliert. Dass das Risiko durch die Pandemie noch verstärkt wird, weiß sie auch von Kolleginnen aus Italien, wo die Ausgangssperre schon Wochen anhält. Die schwierige Situation daheim treffe aufseiten der Frauenhäuser und Beratungsstellen auf ein überlastetes und defizitäres System. Zwei Frauenhäuser in Mannheim und das in Heidelberg versorgen den Rhein-Neckar-Kreis mit. Das Heidelberger Frauenhaus hat Platz für neun Frauen und bis zu elf Kinder. Im Laufe des vergangenen Jahres hatten 40 Frauen und 38 Kinder dort vorübergehend Zuflucht gefunden. "152 Frauen und 201 Kinder mussten wir abweisen, weil kein Platz frei, oder weil die Finanzierung nicht geklärt war", berichtet Schlichting.

Die wenigsten Frauen sind aus Heidelberg, denn je nach Gefährdungseinschätzung werden Betroffene auch gern weiter weg untergebracht. Das Jobcenter zahlt Tagessätze, doch wer – wie Rentnerinnen oder Studierende – nicht im Hartz-IV-Bezug ist, fällt durchs Raster. Schlichting betont: "Es wäre gut, wenn es durch eine einheitliche und einzelfallunabhängige Finanzierung möglich wäre, Frauen bundesweit unterzubringen."

Dass es im Rhein-Neckar-Kreis weder ein Frauenhaus gibt, noch eine Beratungsstelle für von häuslicher Gewalt Betroffene stört Claudia Felden, Vorsitzende der FDP-Kreistagsfraktion, schon länger. Das "Istanbul Konvention" genannte Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ist für Deutschland seit dem 1. Februar 2018 in Kraft. "Demnach müsste der Kreis entsprechend seiner Einwohnerzahl 54 Frauenhausplätze zur Verfügung stellen", betont sie.

Im Dezember 2018 hatte Felden mit "ihrer" Kreistags-Fraktion das Frauenhaus Bergstraße in Bensheim besucht. "Seither kämpfen wir für ein Frauenhaus im Rhein-Neckar-Kreis", sagt sie. Mit Erfolg, wie sich nun zeigt. In seiner jüngsten Sitzung hatte der Sozialausschuss des Kreistags geschlossen der Konzeption "Prävention von häuslicher Gewalt und Hilfen für Betroffene im Rhein-Neckar-Kreis" zugestimmt.

Im Jahr 2021 sollen ein Frauen- und Kinderschutzhaus, eine Fachberatungsstelle für häusliche Gewalt mit zwei Vollzeitstellen und eine Interventionsstelle mit weiteren zwei Vollzeitstellen aufgebaut werden. Die Angebote sollen im südlichen Rhein-Neckar-Kreis realisiert werden, da dieser aufgrund seiner Entfernung zu Heidelberg und Mannheim bisher weniger gut versorgt sei, heißt es in der Vorlage.

Bisher gewährt der Rhein-Neckar-Kreis dem Verein "Frauen helfen Frauen" sowie weiteren Heidelberger Initiativen einen kleineren Zuschuss. Diese Förderungen sollen nach dem Aufbau der Beratungsstelle im Rhein-Neckar-Kreis auf den Prüfstand kommen.

Um die Arbeit mit (potenziellen) Tätern geht es beim Heidelberger "Fairmann". Der Männernotruf und die Männerinterventionsstelle in Heidelberg sollen ab dem kommenden Jahr auf den Rhein-Neckar-Kreis ausgedehnt werden. Der Kreis wird sich mit einer halbe Psychologen-Stelle beteiligen. "Es ist gut, dass der Kreis endlich auch eigene Angebote für Betroffene von häuslicher Gewalt auf den Weg bringt. Für die aktuelle Krise aber kommen sie zu spät. Vielleicht lässt sich aber für Notfälle auch kurzfristig Platz schaffen, etwa im Stift Sunnisheim in Sinsheim", sagt Felden. Die Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung des Rhein-Neckar-Kreises hatte die Liberale als möglichen Standort für ein Frauenhaus ins Spiel gebracht.

An wen können sich von häuslicher Gewalt Betroffene wenden? Nachfolgend eine Auswahl:

> Frauenhaus Heidelberg, Telefon 06221 / 833 088

> Courage - Beratungsstelle für Frauen, Telefon 06221 / 84 07 40

> Interventionsstelle für Frauen und Kinder, Telefon 06221 / 75 01 35

> Frauennotruf gegen sexuelle Gewalt, Telefon 06221 / 18 36 43

> Männerinterventionsstelle fairmann, Telefon 06221 / 60 01 01

> Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" kostenfrei erreichbar unter 08000 / 116 016

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