Dubioser Schlüsseldienst: Sekunden fürs Türöffnen kosten Meckesheimer 1000 Euro

Von Christoph Moll

Meckesheim. Fast jedem ist das wohl schon einmal passiert: Da passt man einen kleinen Moment nicht auf und - zack - ist die Haustür zugefallen. Und der Schlüssel liegt am denkbar ungünstigsten Platz, an dem er zu diesem Zeitpunkt sein könnte: nämlich im Haus.

Genau das ist auch Hansdieter Roßmannek passiert. Ausgerechnet am Pfingstmontag. Der Meckesheimer hatte keine Möglichkeit mehr, ins Haus zu kommen. In der Verzweiflung rief er einen Schlüsseldienst - und erlebte eine böse Überraschung.

Doch der Reihe nach: Hansdieter Roßmannek war gerade in der Garage, als die Tür zufiel. Mithilfe von Nachbarn fand er im Internet die Nummer eines "24-Stunden-Schlüsselnotdienstes" - vermeintlich günstig, denn er hatte eine kostenlose 0800er-Vorwahl.

Nach dem Telefonat habe es nicht lange gedauert, bis ein junger Mann angefahren kam, erzählt Roßmannek. Dieser habe den Ausweis verlangt, um sicherzugehen, dass er es auch mit dem Eigentümer des Hauses zu tun hat.

"Das schien alles sehr professionell", sagt der 70-Jährige. "Der war geschult." Das Öffnen der Tür habe nur wenige Sekunden gedauert. "Ich war froh, wieder ins Haus zu können", erzählt Roßmannek. Doch mit der Rechnung kam der Schock: 996,86 Euro. Gezahlt wurde der Betrag vor Ort per EC-Karte.

Doch mit etwas Abstand ist Hansdieter Roßmannek bewusst: "Die Situation wurde schamlos ausgenutzt", sagt der 70-Jährige. "Ich hätte die Polizei rufen sollen, das war kriminell."

Denn beim genaueren Betrachten der "Rechnung" tauchten noch mehr Ungereimtheiten auf: Auf dem Formular kreuzte der Mann vom Schlüsseldienst so ziemlich alles an, was ging: "Notdienst", "Montage" und "Beratung".

Der "Fallspezifische Einsatzwert" war zwar auf dem Formular mit 159 Euro angegeben, der Betrag wurde aber durchgestrichen. Handschriftlich wurden 299 Euro notiert.

Weil es der Pfingstmontag war, kam derselbe Betrag noch einmal als 100-prozentiger Feiertagszuschlag hinzu. Berechnet wurde auch eine "Mehrarbeit": Der Monteur vermerkte dreimal eine Viertelstunde zu je 59,90 Euro - statt 34,50 Euro wie auf dem Vordruck angegeben.

"Dabei hat er nur 20 Sekunden gebraucht", wundert sich Roßmannek. Hinzu kamen außerdem noch 60 Euro für An- und Abfahrt. Wohlgemerkt: Das waren alles Netto-Preise. Oben drauf also noch die Mehrwertsteuer von 19 Prozent. Machte unterm Strich stolze 996,86 Euro.

Zwar habe der Mann vor dem Beginn der Arbeiten die Preisliste vorgelegt, aber in dieser Situation sei man nicht in der Lage, diese detailliert zu prüfen, gibt Roßmannek zu bedenken: "Das ist doch Wucher."

Eine weitere Ungereimtheit: Der Betrag wurde von einem Konto mit einem anderen Namen abgebucht. Und die "Rechnung" sei keine solche, weil eine Rechnungsnummer fehle, so Roßmannek, der nachgeforscht hat: Im Internet werde vor vielen dubiosen Schlüsseldiensten gewarnt.

Davon kann auch Polizeisprecher Norbert Schätzle ein Lied singen. Immer wieder haben die Beamten mit dubiosen Schlüsseldiensten zu tun. "Mit ein paar 100 Euro muss man bei einer Türöffnung schon rechnen - je nach Anfahrt", sagt Schätzle.

"Aber bei 1000 Euro ist schon sehr fragwürdig, ob diese Kosten wirklich entstanden sind." Hier könne der Straftatbestand des Wuchers erfüllt sein. Betroffene könnten Anzeige erstatten - was Hansdieter Roßmannek inzwischen auch getan hat - und versuchen, den Betrag zivilrechtlich einzuklagen.

Generell seien bundesweit agierende Schlüsseldienste mit Vorsicht zu genießen, so Schätzle: "Besser ist es, einen lokalen Anbieter zu rufen." Schon am Telefon sollte ein ungefährer Preis vereinbart werden. "Geschieht dies erst vor Ort, gerät man unter Druck", weiß der Polizist. Gegebenenfalls sollte man auch fragen, von wo aus der Monteur anfahre.

Hansdieter Roßmannek will nun einen Schlüssel bei netten Nachbarn deponieren. Dann kann die Tür noch einmal zufallen - ohne böse Überraschung.