„Druck verspüre ich keinen, nur Freude“
46ers-Cheftrainer „Frenki“ Ignjatovic äußerst sich nur Stunden nach seiner Rückkehr aus Belgrad vor Journalisten zur neuen Saison.
Tag eins der neuen Saison sollte für „Frenki“ Ignjatovic nicht beispielgebend für weitere Vorhaben des kommenden Dreivierteljahres sein. Nach einer stressigen Rückfahrt aus seiner Heimatstadt Belgrad am Sonntag, 13 Stunden im Auto und einer sehr kurzen Nacht überkam den Cheftrainer der GIESSEN 46ers am Montagmorgen zu Hause in Ober-Ramstadt ein Unwohlsein.
„Vielleicht sollte ich mich in dieser Woche mal an den Medical-Checks meiner Jungs beteiligen“, war es dem 58-Jährigen am Nachmittag bei der in der Zentrale des Augenoptik- und Hörakustikers Neusehland stattfindenden Auftaktpressekonferenz zur Saison 2025/26 in der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA noch immer nicht ganz geheuer, was am Vormittag passiert war. „Mir hat noch nie etwas gefehlt“, gab er im Kreise der Journalisten zu, zumindest über sich selbst überrascht gewesen zu sein. „Ich muss dem Vorfall mal auf den Grund gehen.“
So angeschlagen der 46ers-Coach am Vormittag auch war, so ausführlich und informativ beantwortete er an der Schönen Aussicht in Wieseck eine Stunde lang aber alle Fragen …
Frenki, drei Monate Sommerpause klingen richtig gut: Erzähl uns, wie und wo du die Zeit verbracht hast …
Zunächst einmal im Mai und Juni mit vielen persönlichen Gesprächen und Telefonaten. Meine Frau hat an einem Tag mal mitgezählt; es waren 25 Agenten, die mich kontaktiert haben. Unter dem Strich darf ich aber sagen, dass wir eine gute Saison hatten und im Halbfinale standen. Das erleichtert die Argumentation. Insgesamt war ich ab Anfang Juli dann noch fünf Wochen unterwegs; in Kroatien, Bosnien, Griechenland und Serbien. Ich bin 8000 Kilometer mit dem Auto gefahren.
Du warst zuletzt in deiner Heimatstadt Belgrad. Ehrlich: Wie viele Tage hattest du nichts mit Basketball zu tun?
In Belgrad habe ich mir erlaubt, mal komplett abzuschalten. Ich habe aber schnell gemerkt, dass mir der Basketball fehlt. Ich brenne für diesen Sport, ich lebe ihn Tag und Nacht. Ich bin froh, dass es in dieser Woche endlich wieder losgeht.
Kurz nach deiner Abreise aus Deutschland haben unsere Gesellschafter Christiane Roth, Bernd Vitu und Lars Witteck wissen lassen, dass die 46ers nicht nur in die BBL gehören, sondern dass sie bis 2030 sogar zu den Top 12 in Deutschland zählen wollen. Bedeuten solche klar formulierten Worte Stress, Vorfreude oder Anspannung für dich?
Mich hat es riesig gefreut, dass wir in den drei Spielzeiten unter meiner Regie, die mit zwei Playoff-Halbfinals und einem zweiten Rang nach dem Ende der Hauptrunde endeten, nun endlich in der Führungsriege mutige Menschen mit Visionen haben. Druck verspüre ich keinen, dafür bin ich zu alt und viel zu lange im Geschäft. Außerdem war ich in deren Vorhaben eingeweiht und bin sehr glücklich, mit solchen Leuten zusammenarbeiten zu dürfen. Unsere Gesellschafter wissen, was sie tun.
Mit Luis Figge, Jonathan Maier, Roland Nyama, Simon Krajcovic, Kyle Castlin, Aiden Warnholtz und Kapitän Robin Benzing sind sieben Profis aus der vergangenen Saison übriggeblieben, wenn wir Kai Müsse dazu zählen, sind es sogar acht. Warum hast du dein Team nicht mehr durcheinandergewirbelt, nicht mehr aufgefrischt?
Jahre, ja eigentlich Jahrzehnte lang haben sich die Fans in Gießen gewünscht, dass Identifikations-Figuren bleiben, dass das Team nicht wieder komplett neu zusammengestellt wird. Dies ist uns nun endlich gelungen. Bei meinen beiden sportlichen BBL-Aufstiegen mit Kirchheim 2012 und Heidelberg 2021 hatte ich jeweils Teams, die im Kern zusammengeblieben waren. Meine Erfahrung zeigt, dass diejenigen, die hohe Ziele verfolgen, diese kaum erreichen, wenn sie komplett neuformierte Teams ins Rennen schicken.
Wir haben drei Neuzugänge: Was erwartest du von ihnen?
Till Gloger ist ein absoluter Gewinn für uns. Wir hatten sensationell gute Gespräche, er kommt aus Neuseeland topfit nach Mittelhessen. Daniel Norl, ein Mann mit einem deutschen Pass, wird uns als Schütze, aber auch als Regisseur wertvolle Dienste erweisen. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit ihm. Und Domagoj Vukovic ist ein Super-Talent, das seine Fähigkeiten zuletzt in der Adria-League unter Beweis stellen konnte. Ein Typ wie einst Enosch Wolf. Auch an ihm werden wir viel Freunde haben. Wenn alles funktioniert, werden wir in Kürze sogar noch eine weitere Ausländer-Stelle besetzen können. Das würde mich sehr freuen, unsere Gesellschafter jedenfalls haben ihr Go gegeben.
Gehst du bei der Behauptung mit, dass es kommende Saison einfacher ist, in die BBL zu kommen als in den vergangenen Jahren?
Ich habe das auch schon gelesen, ich gebe allerdings nichts auf irgendwelche Online-Veröffentlichungen, für die die Menschen nicht mal ihren richtigen Namen hergeben müssen. Das ist alles Schwachsinn! Tatsache ist, dass eine Saison sehr lang ist. Ein wenig Glück gehört immer zum Gelingen. Und frei von Verletzungen solltest du möglichst auch bleiben. Nicht nur wir haben Ziele, auch Teams wie Göttingen, Hagen und Crailsheim wollen nach oben. Das wird ein ganz harter Fight.
Gib uns bitte einen Überblick über die kommenden Wochen. Auf was legst du den größten Wert?
Ich bin ein Mann alter Schule. Wir trainieren zweimal pro Tag und absolvieren jede Woche ein Testspiel. Ich freue mich, die Jungs endlich zusammen zu sehen und die Neuen kennenzulernen.
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