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„Eine der besten Entscheidungen meines Lebens“

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Der in Hamburg lebende ehemalige MTV- und Nationalmannschafts-Regisseur Didi Kienast feiert an diesem Samstag seinen 85. Geburtstag.

Es dauert nur zwei, drei Sekunden, bis er den Hörer abnimmt. Bestes Sommerwetter, er aber ist zu Hause. Gerne zu Hause sogar. Weil für ihn Urlaub dort stattfindet, wo die Familie ist. „Ich bin für sie da und sie für mich!“ Außerdem: Er lebt dort, wo andere Urlaub machen. Speicherstadt. Landungsbrücken. Elbphilharmonie. Hafen. Mönckebergstraße. Michel. Außenalster. Vielleicht auch Reeperbahn. „Hamburg ist einfach eine interessante Stadt“, lässt sich Didi Kienast entlocken. „Wir haben hier ein Haus gebaut, wir fühlen uns wohl, pudelwohl.“

 Weil die Nordsee vor der Haustüre liegt. Weil Sport und Kultur jeden Abend füllen können. Vor allem aber, weil seine Frau Gabi die Metropole an der Elbe liebt und weil er seine beiden Töchter und seine vier Enkel jeden Tag um sich haben kann. „Mehr brauche ich nicht“, erzählt jener Mann, der den MTV 1846 Gießen zwischen 1965 und 1974 prägte. Als genialer Spielmacher. Als Coach. Als Nationalspieler. Und sogar als Nationaltrainer. An diesem Samstag wird Kienast 85 Jahre alt. Nicht nur aus Mittelhessen werden ihn Glückwünsche erreichen. 

Von einer der „besten Entscheidungen meines Sportlerlebens“ spricht Didi (seinen eigentlichen Vornamen Dietfried kennen nur die Wenigsten …) Kienast rückblickend, wenn es um das Thema geht, warum es ihn Mitte der 60er-Jahre, vom USC Heidelberg kommend, an die Lahn verschlug. „Erstens kannte ich die Stadt als jemand, der in Frankfurter aufgewachsen ist, recht gut“, zweitens habe er sich in Heidelberg nicht wertgeschätzt gefühlt. „Ich hatte dort nicht einmal eine richtige Wohnung, sondern musste in einer Duschkabine übernachten.“ Dass der damaligen MTV-Macher Heinz-Ewald Hirsch ihn schnell von einem Wechsel überzeugen konnte, war selbstredend. „Ich habe mich artig bedankt und meine sieben Sachen gepackt.“ 

Gießen kannte der in Schlesien geborene Kienast aber auch von seiner Zeit in Laubach. Weil der spätere Lehrer für Sport und Englisch als Knabe noch recht wenig mit der Schule zu tun haben wollte, steckte sein Papa ihn ins Internat. Zum Glück für Klein-Didi nach Laubach zu Theo Clausen, dem Basketball-Pionier schlechthin. Als Oberprimaner spielte er noch in Frankfurt und erhielt auch schnell seine erste Berufung in die Nationalmannschaft. Das Studium verschlug ihn zunächst nach Heidelberg, wo er 1964 seinen ersten deutschen Meistertitel mit dem USC gewann. Dann kam der Ruf für den Regisseur aus Gießen, der Ruf von Heinz-Ewald Hirsch. Und die Chance, mit Spielern wie Bernd Röder, Holger Geschwindner oder Klaus Jungnickel auf eine weitere Titeljagd gehen zu können. 

Didi Kienast wechselte an die Justus-Liebig-Universität und stieß – wie erwähnt – vor der Saison 1965/66 zum frisch gebackenen Meister von der Lahn. Dass der Klasse-Spielmacher maßgeblich dazu beitrug, dass der MTV unter Coach Laszlo Lakfalvi 1967 seinen zweiten Meistertitel gewann, versteht sich fast von selbst. 85:73 gegen den VfL Osnabrück vor 1400 Besuchern (darunter 600 aus Gießen) in der neutralen Mannheimer Carl-Diehm-Halle; ganz Gießen war aus dem Häuschen. 

1971 übernahm er den Cheftrainerposten beim MTV vom Tschechen Mita Ozarcuk. Darüber hinaus arbeitete er bei den Olympischen Sommerspielen 1972 in München als Assistent von Bundestrainer Torry Schober, den er danach sogar beerbte. Kienast aber blieb nur ein Jahr. „Weil die finanzielle Situation mit dem Deutschen Basketball-Bund ungeklärt war und ich meinen Job als Lehrer an der Herderschule nicht aufs Spiel setzen wollte.“

Die für Didi Kienast „tolle Gießener Zeit“ währte bis 1974. Nachdem der Nationalspieler drei Jahre zuvor seine Basketballschuhe als Aktiver an den Nagel gehängt hatte, wechselte er auf den Trainerstuhl. „Da war ich aber nur mäßig erfolgreich“. Warum? „Weil ich nie als Coach Deutscher Meister geworden bin.“

Dann suchte der Hamburger Basketball-Verband einen Landestrainer; und der mittlerweile ausgebildete Lehrer wechselte an die Elbe. „Ich war noch zu jung, um basketballerisch nur noch in der Vergangenheit zu leben.“ Am Hamburger Gymnasium Heidberg wurde Kienast Fachseminarleiter Sport, blieb dem Basketball aber erhalten. Den Hamburger TB führte er zusammen mit Hans-Dieter Niedlich zum Bundesliga-Aufstieg, allein coachte er den Club danach weitere zwei Jahre, in der Saison 1982/83 in einer Spielgemeinschaft mit dem TuS Alstertal auch in der Regionalliga.

1990 führte er die Damen des Ahrensburger TSV zum Aufstieg in die 2. Bundesliga, trat aber 1991 von seinem Amt zurück. Er war dann bis 1994 Trainer der Herren der Halstenbeker TS. Ab Mai 1994 war er Coach der Regionalliga-Herren des VfL Stade und übte das Amt bis April 1995 aus. Im Vorfeld des Spieljahres 1995/96 trainierte Kienast probehalber die BG ASV/TSG Bergedorf, zu einer Zusammenarbeit kam es dann jedoch nicht. Später war er Übungsleiter beim Altrahlstedter MTV und betreute ab Januar 1997 bis in die frühen 2000er Jahren erneut die Herrenmannschaft der Halstenbeker TS in der 2. Regionalliga.

Es sind Erlebnisse, die er mit früheren MTV-Mitstreitern wie Bernd Röder, Hans Heß, Roland Peters und Michael Breitbach noch einmal aufleben lassen wird. Vom 17. bis 19. Oktober kommen die Helden von einst in Gießen zusammen, um die Meisterschaften 1965 und 1975, die sich 2025 zum 60. beziehungsweise 50. Mal jähren, gebührend zu feiern. Und gar manchen Schwank wie jenen, als sich „Dschang“ Jungnickel für 100 Mark samt Lederjacke wegen einer Wette ins verdreckte Hafenbecken von Split fallen ließ, aufleben zu lassen. 

Raus aus Hamburg also und zurück an jene Wirkungsstätte, die ihm Heinz-Ewald Hirsch einst bei einem kurzen Telefonat so sehr schmackhaft gemacht hatte …

 

Meistermannschaft 1967. Hinten von links: Manager Heinz-Ewald Hirsch, Heinz Ross, Jochen Glock, Klaus Jungnickel, Wolfgang Dort, Gerhard Heindel, Didi Kienast, Trainer Laszlo Lakfalvi. Vorne von links: Holger Geschwindner, Bernd Röder, Jochen Wucherer, Rainer Jörg.

Der Beitrag „Eine der besten Entscheidungen meines Lebens“ erschien zuerst auf GIESSEN 46ers.

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