46ers-Fans körperlich attackiert
Unschönes Ende für Gießens Basketballer nach der 66:99-Niederlage im dritten Playoff-Halbfinale in Jena.
Unschönes Ende eines unschönen Spiels: Erst bezogen die GIESSEN 46ers in der Jenaer Sparkassen-Arena Prügel, dann traktierten Unbekannte einige Fans aus Mittelhessen auf dem Parkplatz vor der Halle mit Schlägen und Tritten.
Die Bilanz des in vieler Hinsicht schrecklichen Dienstagabends: Verletzte, Sanitäter vor Ort, zahlreiche Polizeibeamte, die die Vorkommnisse protokollierten und schließlich Team- und Fanbus in Richtung Autobahn eskortierten, aber auch viel Frust bei Trainern und Team nach der 66:99 (28:52)-Abreibung im dritten Playoff-Halbfinale der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA, in dem der Altmeister gegen den Hauptrundensieger aus Thüringen nicht nur in der Best-of-five-Serie mit 1:2 zurückliegt, sondern vor Begegnung vier an diesem Donnerstag (20 Uhr) in der Osthalle auch gefordert ist wie wahrscheinlich noch nie in dieser Saison.
„Raus oder Samstag nochmals nach Jena, mehr gibt es zum nächsten Aufeinandertreffen eigentlich nicht zu sagen“, fasste 46ers-Capitano Robin Benzing die Geschehnisse noch im Kabinengang treffend zusammen. „Wer einen solchen Auftritt wie wir hinlegt und mit bald 40 Punkten Differenz verliert, der braucht nichts zu analysieren. Wir haben den Arsch versohlt bekommen, fertig!“
Recht hatte der 36-Jährige mit seiner Darstellung in fast allen Punkten; dass die Abreibung am Ende „nur“ mit 33 Punkten Differenz ausfiel, nachdem die Saale-Städter fünf Minuten vor dem Ende sogar schon mit 41 geführt hatten, machte den völlig verkorksten Abend aus Gießener Sicht nicht besser. In fast allen Belangen waren die Gäste unterlegen. Sie hatten zur Halbzeit nur acht Feldkörbe zustande gebracht und erneut an der Freiwurflinie überschaubar (zehn von 17) getroffen. Sie sammelten unter dem defensiven Brett nur 13 Abpraller, Jena aber 29 ein. Sie ließen am Ende zwar nicht wie am Samstag 14, aber unter dem Strich auch acht Freiwürfe liegen, die Hausherren bei strammen 33 (!) zugesprochenen (Gießen 25) aber lediglich fünf.
Und sie hatten in Kevin McClain (null von drei), Robin Benzing (eins von sechs) und Simon Krajcovic (zwei von sieben) Leistungsträger in ihren Reihen, die zu wenig Zielwasser getrunken hatten. Da auch die Schiedsrichter drei Viertel lang nach Auffassung der Gäste viel zu kleinlich pfiffen und bei Gießen ganz andere Maßstäbe anlegten als bei Jena, war der Frust auf Seiten des Altmeisters, dessen Kabinentüren nach Spielschluss wackelten, gewaltig. Und entlud sich am Ende sogar in Sarkasmus.
„Hagen hat verloren“, spotteten die zu diesem Zeitpunkt noch ausgelassen gestimmten Fans Mitte des dritten Viertels, als Science City gerade auf 63:33 gestellt hatte. „Irgendwann, irgendwann einmal spielen wir im Europapokal …“ sangen die Anhänger auf der Stehtribüne, als die Thüringer mit 85:46 (32.) in Führung lagen. Und Cheftrainer „Frenki“ Ignjatovic zog in der anschließenden Pressekonferenz die Stirn in Falten: „Jena hat heute alles getroffen. Sogar in der Halbzeitpause hat ein Mädchen den Ball von der Mittellinie aus versenkt. Wenn das kein eindeutiges Zeichen war …“
Seine Männer indes agierten, so Ignjatovic, „zum zweiten Mal nach vergangenem Samstag wie der Frosch vor der Schlange“, ließen sich früh durch das äußerst aggressive Auftreten von Jena beeindrucken und hatten schon nach 90 Sekunden beim 0:8 den Anschluss verpasst. Kein einziges Mal lag Gießen in Führung. Beim 25:15 (9.) hatte Jena schon zehn, beim 46:26 (16.) 20, beim 66:36 (24.) 30 und beim 83:43 (31.) gar 40 Zähler zwischen sich und die ohne den an der Schulter verletzten Center Jonathan Maier angetretenen Gäste gelegt. Weshalb auch Nico Brauner von einer der „unnötigsten zweiten Halbzeiten, die ich je gespielt habe“, sprach, schließlich war jedem in der Halle klar, dass die Optik-Städter den Fuß auf dem Gaspedal hatten und die Partie niemals mehr würden aus den Händen geben.
„Das Ergebnis zählt aber schon Sekunden nach der Schlusssirene nichts mehr“, warnte Science-Trainer Björn Harmsen seine Truppe vor allzu großen Schlendrian. Schließlich versprach ihm „Frenki“ Ignjatovic für diesen Donnerstag einen „großen Fight. Wie ich meine Jungs kenne,
werden sie eine solche Abreibung nicht auf sich sitzen lassen.“ Robin Benzing ergänzte: „In Spiel vier wollen und werden wir einiges besser machen.“ Und Nico Brauner versprach: „Diese Schmach werden wir uns nicht gefallen lassen.“
Dass der 30-Jährige mit seinem Dreier zum 66:99-Endstand Sekunden vor Schluss, als viele Akteure schon zum Shakehands bereitstanden, der Wiesbadener an alter Wirkungsstätte aber nur abdrückte, um die Hausherren nicht noch einmal in Ballbesitz kommen zu lassen, erhitzte die Gemüter. Es kam zu Schubsereien, Wortgefechten und Rangeleien, die beiden Trainer Branislav Ignjatovic und Björn Harmsen warfen sich, wie es ein Journalist später formulierte, „wie Soldaten der Blauhelm-Friedensmission“ dazwischen.
Die tätlichen Angriffe hernach vor der Halle hatten mit diesem Scharmützel allerdings nichts zu tun. Laut Polizei Jena wurden vier 46ers-Fans verletzt und einer von drei Angreifern, die aus einer sechsköpfigen Gruppe, die dem Vernehmen nach offenbar der Fußball-Szene von Carl-Zeiss Jena zuzuordnen war, heraus agierten und die vorher schon in der Arena unangenehm aufgefallen waren, festgesetzt. Die Beamteten leiteten ein Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung ein. Ein 46ers-Anhänger musste sich am Mittwochmorgen nach der Rückkehr aus Thüringen nochmals in ein Gießener Krankenhaus zur Untersuchung begeben. Es war ein weiteres unschönes Ende eines unschönen Spiels …
Jena: Morgan (6), Falkenthal (12), Cooks (19), Carter (13), Christen (9), Lodders, Nelson (14), Moore (18), Bank (2), Haukohl (3), Krause, Herrera (3).
Gießen: Warnholtz 15), Castlin (7), McClain, Benzing (6), Figge (6), Nyama (5), Kovacevic (12), Vujic (5), Krajcovic (5), Brauner (5).
UND SONST NOCH …
- Unsere Starter: Kyle Castlin, Robin Benzing, Viktor Kovacevic, Simon Krajcovic, Nico Brauner.
- Unser Konditions-Wunder: Simon Krajcovic (30:44 Minuten).
- Unser stärkster Rebounder: Viktor Kovacevic (4).
- Unser erfolgreichster Passgeber: Simon Krajcovic (5).
- Unsere höchste Führung: 0.
- Unsere erfolgreichste Serie: 6:0 zum 15:19, 8. Minute.
- Unsere emotionalen Beobachter: 3125 Zuschauer in der Sparkassen-Arena in Jena, davon 80 aus Gießen.
- Unser nächster Auftritt: Donnerstag, 22. Mai (20 Uhr), in der Osthalle gegen Science City Jena.
Playoff-Halbfinale der 46ers: Spiel eins mit 84:80 in Jena gewonnen, Spiel zwei mit 77:87 gegen Jena verloren, Spiel drei mit 66:99 in Jena verloren, Spiel vier am Donnerstag, 22. Mai (20 Uhr), in Gießen, eventuelles Spiel fünf am Samstag (24. Mai, 18.30 Uhr), in Jena.
Das andere Playoff-Halbfinale, Spiel drei: VET-CONCEPT Gladiators Trier – Phoenix Hagen 87:69 (Playoff-Stand 3:0), Trier damit im Finale und BBL-Aufsteiger.
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