WAS FÜR EIN JAHR FÜR DIE DEUTSCHEN DAMEN! Noch vor wenigen Jahren hätte das sicher kaum jemand für möglich gehalten. Aber das zunächst zarte Pflänzchen war bereits bei der FIBA Women’s EuroBasket in Slowenien etwas gewachsen und stand dann Monate später in prächtiger Blüte – zunächst bei der Qualifikation zu den Olympischen Spielen und dann auch bei Olympia selbst. Eine ganz tolle Geschichte, die noch nicht zuende ist und die mit der FIBA Women’s EuroBasket 2025 (u.a. in Hamburg) und dem FIBA Women’s Basketball World Cup 2026 in Berlin eine hoffentlich erfolgreiche Fortsetzung findet. Wir blicken in unserem diesjährigen Jahresrückblick chronologisch zurück und starten mit der Olympia-Qualifikation im Februar 2024 im brasilianischen Belém.
JAAAA – DBB-Damen bei Olympia!
Feucht, warm und sehr grün … so empfing die brasilianische Millionenstadt Belém im Norden von Brasilien die deutsche Damen-Nationalmannschaft Anfang Februar 2024. Das Abenteuer Olympia-Qualifikation konnte beginnen!
Die Anreise nach Südamerika verlief mit Flügen von München nach Lissabon und dann von dort aus weiter nach Belém reibungslos, auch das Gepäck kam in vollem Umfang und rechtzeitig an. Sieben Spielerinnen plus Coach Sidney Parsons waren quasi als „Vorhut“ in Brasilien gelandet. Der Kader wurde erst in den folgenden Tagen schrittweise komplettiert, da die noch fehlenden Spielerinnen und Coaches ihre Pflichtspiele in Europa und Kanada zu absolvieren hatten.
Belém zeigte sich als interessante Stadt mit breiten Straßenzügen und einer im wahrsten Sinne des Wortes bunten Mischung aus (ur)-alten Häusern und modernen Gebäuden. Und vor allem: Es ist unglaublich grün. Überall säumen Bäume die Straßen, in den großen Parks fühlt man sich fast wie im richtigen Dschungel.
„Open air“-Training
Es ging zum ersten Mal zum Training, noch nicht in der offiziellen Spielhalle, sondern in einer „open air“-Halle in einem Sportkomplex. Die sportliche „Heimat“ der deutschen Mannschaft für die nächsten Tagen. Jede Fahrt mit dem Bus wurde von sieben Motorrädern begleitet, die, so gut es in dem engen Verkehr ging, eine reibungslose Fahrt ermöglichten. Eines sogar ausgerüstet mit brasilianischer und deutscher Flagge! „Egal, wie viele wir jetzt sind, egal, wie die Halle hier ist, egal, welche Reisestrapazen wir hatten … wir geben von Beginn an Vollgas und arbeiten immer mit voller Konzentration!“ Das das ausgegebene Motto von Assistant Coach Sidney Parsons.
Vier Tage vor dem Olympischen Qualifikationsturnier in Belém/Brasilien waren die DBB-Damen dann komplett, einen Tag später stieß Head Coach Lisa Thomaidis zum Team. Die Neuankömmlinge Leonie Fiebich, Luisa Geiselsöder, Marie Gülich, Nyara Sabally und Lina Sontag und wurden schnell auf die kommenden Inhalte eingestimmt. Die Belastung musste möglichst genau gesteuert werden. Im Training floss bei brütender Hitze bereits beim Warm-up der Schweiß in Strömen.
Zwei Tage vor dem ersten Spiel gegen Serbien konnte die deutsche Mannschaft erstmals zwei Trainingseinheiten in der Spielarena „Arena Guilherme Paraense“ absolvieren, die rund 9.000 Zuschauer:innen Platz bietet. Im Vorfeld des abendlichen „technical meetings“, bei dem der finale 12er-Kader benannt werden musste, fiel dann die Entscheidung, Frieda Bühner aus dem Kader zu streichen. Dann kam es zum Aufeinandertreffen mit Serbien.
Teuer bezahlter Auftaktsieg
Die deutschen Damen feierten einen ganz wichtigen Auftaktsieg und setzten sich mit 73:66 (19:12, 17:9, 17:25, 20:20) durch. Marschroute war anfangs, den Ball möglichst oft unter den gegnerischen Korb zu bringen, um dort die Vorteile auszuspielen. Beide Teams begannen nervös und leisteten sich frühe Ballverluste. Das DBB-Team verteidigte aber bärenstark, fand dann auch offensiv einen Rhythmus und lag mit 9:1 in Front (4.). Serbien fand offensiv überhaupt nicht statt, nach Fiebichs Treffern hieß es 17:5 (8.), dann 19:7. Deutschland dominierte die Rebounds und ließ den Gegner nicht zum Zuge kommen. Zu viele Ballverluste auf deutscher Seite sorgten aber dafür, dass es nach dem ersten Viertel „nur“ noch 19:12 stand.
Es blieb zunächst das größte Problem der DBB-Korbjägerinnen, dass nicht gut auf den Ball aufgepasst wurde. Insgesamt verlor die Partie deutlich an Tempo. Satou besorgte das 36:21 kurz vor Ende des zweiten Viertels und den bis dato höchsten Vorsprung. In der sich im Vorfeld des Brasilien-Spiels langsam füllenden Arena startete Serbien mit zwei „and ones“ in Viertel Nummer drei (36:28, 21.). Die DBB-Auswahl musste jetzt aufpassen. Serbien war im Spiel und kam auf 43:37 heran (27.). Jetzt ging es darum einen kühlen Kopf zu bewahren. Nach drei Vierteln lautete der Spielstand 53:46.
Verbissen wurde um jeden Ball gekämpft (55:49, 33.). Minutenlang konnte Deutschland nicht scoren, Serbien ging in Führung (55:56, 36.). und baute diese aus (59:63, 38.). Mit dem Rücken zur Wand wehrten sich die Deutschen. Satou passte in der Schlussminute auf Brunckhorst und die vollendete aus der Ecke einen 10:0-Lauf zum vorentscheidenden 69:63. Der Auftaktsieg war perfekt, musste mit den Verletzungen der beiden Sabally-Schwestern aber teuer bezahlt werden.
Direkt einen Tag später traf die DBB-Auswahl auf Australien, den Gruppenfavoriten. Die Geschichte des Spiels ist schnell erzählt. Ohne die beiden Saballys unterlag Deutschland mit 52:85. Vor dem abschließenden „Endspiel“ gegen Brasilien war klar, dass Deutschland wegen der Niederlage Serbiens gegen Australien mit bis zu sieben Punkten Differenz verlieren durfte. Unklar war hingegen, ob Satou und Nyara eingesetzt werden können. Beide entschieden sich dafür zu spielen, letztlich der mitentscheidende Faktor dafür, dass die Qualifikation gelang.
Wahre Energieleistung
Bis zum umjubelten 73:71 (19:14, 20:21, 18:19, 16:17)-Erfolg mussten Team und Fans doch so einiges aushalten. Im Hexenkessel der Arena Guilherme Paraense startete das DBB-Team wie gegen Serbien herausragend. Erst nach vier Minuten kam Brasilien zu den ersten Punkten und wirkte konsterniert. Kam dann aber besser ins Spiel, weil die DBB-Auswahl einiges liegen ließ (17:12, 8.). Die Halle war sofort da, Deutschland blieb jedoch vorne (19:14, 10.).
Es sah weiter richtig gut aus für die deutsche Mannschaft. Die musste jetzt alles daran setzen, den Gegner nicht in die Partie zu lassen, erst gar keine Euphorie aufkommen zu lassen. Deutschland behielt bis tief ins zweite Viertel die Kontrolle über die Partie. Brasilien ließ aber mit seiner Intensität nie nach und kam per „and one“ auf 35:32 heran (19.). Und glich dann unter dem Jubel der Fans aus (35:35). Die Führung wurde aber zur Halbzeitpause durch eine wahre Energieleistung von Satou und durch Fiebich zurückgeholt (39:35).
Kapitänin Brunckhorst checkte genau zum richtigen Zeitpunkt mit einem weiten Dreier ein (47:41, 24.), kassierte aber umgehend ihr viertes Foul und musste auf die Bank. Es blieb äußerst intensiv und nicht selten an der Grenze des Erlaubten. Die Arena explodierte förmlich, als die Gastgeberinnen per „and one“ das 47:46 machten (25.). Auch nach 30 Minuten lag das DBB-Team vorne (57:54).
Bei den Brasilianerinnen lief im vierten Viertel Dantas heiß und sorgte mit ihren Punkten für die südamerikanische Führung (61:63, 36.). Dann wuchs Brasiliens Vorsprung (63:67). In der Schlussminute folgte die Szene des Spiels, als Nyara per Block zu Stelle war und Satou aus der Transition nach eigenem Offensivrebound ausglich. Brasilien ging letztlich die Zeit aus und Deutschland gewann das Spiel mit 73:71. Der Traum war wahr geworden! Die deutsche Damen-Nationalmannschaft würde in Paris 2024 dabei sein und damit erstmals an den Olympischen Spielen teilnehmen. Noch auf dem Spielfeld begannen die Feierlichkeiten mit dem überdimensionalen Olympiaticket.
„Sprachlos“
Svenja Brunckhorst: „Ich bin einfach sprachlos. Vor und während des Turniers haben wir so viele Hürden gemeistert und uns nie entmutigen lassen. Für uns ist das einfach ein Traum, der gerade real wird. Ich bin unfassbar stolz.“
Lisa Thomaidis: „Der Wille und die Leidenschaft, die wir heute gezeigt haben, habe ich so noch nie erlebt. Ich bin einfach nur überglücklich. Eine historische Nacht, die sich diese Mannschaft verdient hat. Wir haben uns in den letzten acht Monaten stetig entwickelt und an uns gearbeitet. Olympia wird für uns alle eine wichtige Erfahrung.“