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Historische Bergrennstrecke: Viel Krach in den Haarnadel-Kurven im Eberbacher Wald

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		Historische Bergrennstrecke:  Viel Krach in den Haarnadel-Kurven im Eberbacher Wald

Von Rainer Hofmeyer

Eberbach. Eber-Rallye oder Eber-Rallye-Classic 2017, gemütliches Fahren im Odenwald, mit begrenzter Geschwindigkeit und über 200 Kilometer. Heute fast schon so was wie eine Kaffeefahrt in Etappen, was da jetzt der Eberbacher Motorsportclub (MSC) veranstaltet. Das war vor Jahrzehnten ganz anders. Da ging es um Höchstgeschwindigkeiten - auf einer Strecke von 2,5 Kilometern Richtung Schwanheim. Eberbach war der Nabel der Bergrennfahrerwelt. Teils zwei Mal im Jahr, im April und im Oktober, schickte der Veranstalter Mannheim-Heidelberg Sports Touring Club e.V. (MHSTC) die Fahrzeuge auf die Kehren.

Von 1959 bis 1970 wurden 17 internationale Wettbewerbe auf den Serpentinen durchgeführt. Alle großen Bergfahrer waren am Start. Ab 1961 wurde das Rennen "international". Die Eberbacher Rennen gehörten zu den offiziellen Läufen um die deutsche Meisterschaft. Neben deutschen Piloten fanden vor allem Schweizer und Luxemburger Fahrer den Weg in den Odenwald. Der deutsche "Bergkönig" Hans Stuck war schon bei der ersten Veranstaltung 1959 dabei und ließ es sich nicht nehmen, bis 1962 regelmäßig teilzunehmen. Auch Sepp Greger, immerhin europäischer Bergmeister, holte sich mit seinem Porsche 911 Wertungspunkte. Renn-Ass Eberhard Mahle fuhr in einem Jahr mit seinem NSU-Prinz in den Graben, triumphierte in der anderen Saison mit seinem starken Mercedes SL. Samstags war Training, tags darauf wurden zwei Wertungsläufe ausgetragen, die Zeiten addiert. Am Start der ganze Klassen-Querschnitt der Bergwertung: Tourenwagen, GT-Fahrzeuge und sogar Rennsportfahrzeuge der Formel 3. Vom NSU-Prinz bis zu großen Ferraris, Mercedes 300 SL und Porsche Carrera - alles auf der Eberbacher Piste. Dazu auch die Formel V - ein Monoposto auf der Basis Volkswagen-Käfer. Die Formel-V-Rennpremiere am Berg gab es übrigens in Eberbach.

Zu Beginn hatte das Rennen einen stark amerikanischen Hintergrund: "Eberbach Hillclimb". Etliche Fahrzeuge gingen mit grünen US-Army-Kennzeichen an den Start. Lieblingsautoschilder für Fahrer aus dem Stuttgarter Raum: "S-AU" plus Ziffer. Die Rennen waren offen, die Fahrer hatten keine Rennställe. Selbst der damals 28-jährige Allemühler Wolfgang Winkler ließ sich als Privatfahrer mit seinem DKW 3=6 per Frontantrieb in den Jahren 1963 und 1964 über die Piste ziehen. Für die Zuschauer aus der Region angesichts der Rennfahrerprominenz eine kleine Sensation.

Die Rennstrecke hatte vier herausfordernde Haarnadelkurven. Der Start: Beim Ortsschild auf der Schwanheimer Landstraße. Beim 1961-er Streckenrekord brauchte Hans Stuck mit seinem BMW 70 rund 1:51 Minuten bis oben ans Zielhaus. Der Schnitt: über 90 Stundenkilometer.

Der Eintritt für das Publikum kostete 1,50 Mark, einschließlich Versicherung. Die Zuschauerzahl schwankte zwischen 7 000 zu Anfang und 25.000.( 1961). Die Fans standen bei den scharfen Kehren und vornehmlich auf der Naturtribüne an der rechtwinkligen "Volvo-Kurve", benannt nach einem verunglückten Wagen bei einem der ersten Rennen.

Nicht ganz so begeistert vom Geschehen an der Strecke war man in der stetig wachsenden Nachbarschaft im Elmele. Unmut vor allem über die Lärmbelästigungen machte sich breit. Als man seitens der Veranstalter den Anliegern persönlich schöne Blumentöpfe als kleinen Ausgleich für ihre Unannehmlichkeiten übergeben wollte, mussten sich die Club-Verantwortlichen anhören: "Jetzt wissen wir endlich, wer hinter dem ganzen Krach steckt."

Dabei hatte in Eberbach alles perfekt angefangen. Hier war eigentlich ein Ersatz für die gut ausgebuchte Krähberg-Strecke. Die Stadtverwaltung bot die allerbesten Bedingungen. Hermann Dorner, anfangs Streckensprecher und später Clubpräsident des MHSTC, erinnert sich noch namentlich an Bürgermeister Schmeißer: "Bei dem haben die Dinge generalstabsmäßig geklappt".

Der Rathauschef unterstützte anfangs, wo er konnte. Die Stadtverwaltung organisierte sogar den Vertrieb von Programmheften, die Eberbacher Schüler für den Preis von zuerst 1 Mark im Straßenverkauf an den Mann brachten. Nahe beim Startbereich wurde seitens der Stadt eigens ein großer Parkplatz eingerichtet. Es herrschte Grand-Prix-Stimmung in der Stadt.

Die Kosten der Veranstalter wurden durch den Einsatz von US-Army und Bundeswehr gedrückt. Die einen standen mit großem Bergungsgerät parat, die anderen organisierten den Funk an der Strecke. Die Einsätze wurden als militärische Übung angesetzt, es gab keine Rechnung. Sicherheit schrieb man in jenen Jahren allerdings noch nicht so groß wie heute. Das Bergrennen kostete Menschenleben und Verletzte. "Eberbach war eine schwierige Strecke", bestätigt der damalige Sicherheitschef Ernst Walz. Strohballen in den engen Kurven wurden erst 1962 aufgebaut. Diese Biegungen waren aber nicht das größte Problem. Die lange leichte Linkskurve vor dem Ziel konnte man mit Vollgas fahren, ungesichert an den Bäumen vorbei.

Es passierte immer etwas. 1960 gab es zwei leichtere Unfälle. Ein Jahr später erwischte es sogar den Schweizer Meister Karl Foitek in seinem Fiat-Abarth an einem ungesicherten Baum - leichte Gesichtsverletzungen. Im Jahr 1962 raste der 28-jährige Horst Becker aus Enkirch (Mosel) mit seinem Porsche Carrera gegen an einen am Rand stehenden Holzstoß, überschlug sich und landete an einem Stamm. Der junge Mann war sofort tot.

Die Bedingungen für eine behördliche Erlaubnis des Rennens wurden von Jahr zu Jahr immer strenger. Selbst die Eberbacher Stadtverwaltung und das Landratsamt wollten am Ende nicht mehr. Zur Gefahrenlage kam der sich immer mehr verbreitende Gedanke des Umweltschutzes. Seit Mitte der 1980er-Jahre sind Bergrennen in Baden-Württemberg sogar generell verboten

Der MHSTC reduzierte zunächst die Rennen auf den Frühjahrs-Lauf. Dann traf der Club selbst die Entscheidung, die Wettkämpfe nicht mehr auszutragen. "Die Auflagen wären nicht mehr zu erfüllen gewesen", hat sich bei Rennfunktionär Ernst Walz eingeprägt; ab 1963 war er bei den Eberbacher Rennen in der Organisation dabei, später fungierte er als Chef der Streckensicherheit bei den deutschen Formel-1-Wettbewerben.

Im Gegensatz zu anderen Bergrennstrecken bot Eberbach eine Spezialität, die besonderen Krach machte. Zwischen den regelmäßig zwei Wertungsläufen mussten die Wagen nicht wie andernorts am Ziel warten und dann geschlossen über die Strecke retour. Die Rennteilnehmer durften vielmehr über Schwanheim, Allemühl und Pleutersbach auf ganz normaler Straße zurück zum Parc Fermé beim Sportplatz in der Au fahren. Der Kleine Odenwald dröhnte. Bis zum Frühjahr 1970. Am Sonntag, 26. April 1970 fand nach 17 Veranstaltungen das letzte Internationale Eberbacher Bergrennen statt.

Fi Info: Eber-Rallye-Classic des MSC am 24. Juni. Recherche-Unterstützung: Stadtarchiv Eberbach.

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