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1899 Hoffenheim: Wenn der verhinderte Bayern-Jäger in Schönheit stirbt

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		1899 Hoffenheim:  Wenn der verhinderte Bayern-Jäger in Schönheit stirbt

Von Joachim Klaehn

Sinsheim. Meteorologen sprechen gerade gerne vom Sommer-Herbst. Sonne satt, milde Temperaturen, die Natur zeigt noch einmal ihre bunte Farbenpracht. Am Sonntagnachmittag kreiste einsam ein Segelflugzeug über dem Sinsheimer Stadion, bei wolkenlosem Himmel.

Wir wissen nicht, was der Pilot vom Südwest-Derby der Bundesliga zwischen der TSG 1899 Hoffenheim und Eintracht Frankfurt (1:2) aus seiner Perspektive an eindrucksvollen Bildern mitbekam, doch manchmal tut die Außenansicht sicher gut. Aus 1000 Metern Höhe sieht alles wie im Miniaturformat aus. Die Hauptdarsteller auf dem Rasen, rund 30.000 Zuschauer im Stadion und erst recht dieser verflixte Ball, der bei den einen ins Tor will und bei den anderen eben nicht.

Super September, goldener Oktober? Gewiss nicht mehr bei den "Nagelsmännern", die Stimmung ist vor allem nach einer ergebnistechnisch niederschmetternden Woche getrübt, zumal die Mannschaft im Tableau bis auf Rang 13 abgerutscht ist und zumindest bis zum 20. Oktober in den Kellerregionen stecken bleibt. "Wir wollten da vor der Länderspielpause nicht hin", sagte Torhüter Oliver Baumann sichtlich geknickt, "für den ganzen Aufwand haben wir viel zu wenig Ertrag."

Das stimmt 1899-prozentig. Seit dem 15. September sind die Resultate bis auf den 3:1-Auswärtserfolg bei Hannover 96 unzureichend. 1:2 bei Aufsteiger Fortuna Düsseldorf, ein ärgerliches 2:2 in der Königsklasse bei Schachtar Donezk, ein für den BVB schmeichelhaftes 1:1 in Sinsheim, und dann binnen einer guten Woche drei vermeidbare 1:2-Niederlagen gegen RB Leipzig, Manchester City und Eintracht Frankfurt, im Kraichgau wurden die letztjährigen Himmelstürmer recht schnell von der rauen Wirklichkeit eingeholt.

Sie wollten sich vor Saisonbeginn gemeinsam mit anderen Vereinen zu Bayern-Jägern aufschwingen, doch sie zählen aktuell neben dem planlos wirkenden Abonnementmeister aus München, Bayer Leverkusen, Schalke 04 und den Kehrwochen-Schwaben des VfB Stuttgart zu den Krisenklubs. Will heißen: Zu denjenigen, die sich in lukrativeren Regionen der Tabelle wähnen und gerne heimisch fühlen würden.

Was nun? Spätestens nach dem jüngsten Rückschlag gegen die "Wenig-Aufwand-viel-Ertrag-Eintracht", die dank der Tore von Ante Rebic (40.) und Luka Jovic (46.) triumphierte und lediglich den Anschlusstreffer von Reiss Nelson (82.) zuließ, ist selbst für kühnste TSG-Optimisten erkennbar geworden, dass die Probleme sehr unterschiedlich ausfallen. Sie sterben meist den Chancentod im Kollektiv.

Ob Andrej Kramaric, Adam Szalai, Ishak Belfodil, oder wie gegen die Dusel-Hessen von Adi Hütter Leonardo Bittencourt oder Kerem Demirbay, die am Aluminium scheiterten, "im letzten Drittel fehlt die Qualität", meinte TSG-Trainer Julian Nagelsmann prägnant. Sky-TV-Experte Didi Hamann drückte es noch drastischer am Wochenende aus: "Sie sterben in Schönheit. Ihnen fehlt vorne und hinten die Entschlossenheit."

Die Statistik belegt es: 21:6 Torschüsse gab’s im emotionalen Vergleich und Stress-Spiel gegen Frankfurt. Die Gäste hingegen machten aus zwei Chancen zwei Tore. Höchst effizient, eiskalt und schnörkellos.

Fehlendes Spielglück also? Die Belastung der drei Englischen Wochen? Das große Lazarett mit bis zu zehn Verletzten im TSG-Team? Nagelsmann lässt dies nicht als Erklärungsmuster und schon gar nicht als Alibi gelten: "Jeder, der von Glück spricht, ist da schnell in einer Opferrolle. Und da begebe ich mich sehr ungern rein. Man könnte es sich leicht machen und auf den internationalen Wettbewerb schieben, aber den haben Frankfurt und der BVB auch - und gewinnen ihre Spiele."

Derweil häufen sich bei den Hoffenheimern die individuellen Schnitzer und Fehler im Defensivverbund. Vornehmlich Kevin Akpoguma und Stefan Posch unterliefen gegen Leipzig und ManCity kleine, folgenreiche Missgeschicke - gegen die traditionsreichen Adler leisteten sich Florian Grillitsch mit seinem fatalen Einwurf und Torhüter Oliver Baumann (Stellungsfehler, Abpraller) Unzulänglichkeiten. Die allgemeine Verunsicherung im TSG-Team ist deutlich spürbar - und offenbar auch ansteckend.

Nagelsmann hat seit seiner Amtsübernahme am 11. Februar 2016 noch keine solche Negativserie erlebt. Er tut sich schwer damit, flüchtet in beißende Ironie und betreibt auch schon mal Medienschelte. Die Leichtigkeit ist dem Senkrechtstarter der deutschen Trainergilde abhanden gekommen.

Nach dem kleineren Tief zu Beginn des Jahres 2018 steht der kernige Oberbayer vor seiner zweiten Bewährungsprobe als Krisenmanager. Er wird sie mit aller Macht zu meistern versuchen - im Oktober/Anfang November besteht gegen Nürnberg, Lyon, Stuttgart, Leipzig (im DFB-Pokal) und Leverkusen ausreichend die Gelegenheit dazu.

Mit allzu viel "königlicher" Fußballromantik ist es rund ums Sinsheimer Stadion erst einmal vorbei. Ach ja: Segelfliegen besteht auch nicht nur aus Thermik und überschäumenden Glücksgefühlen. Es ist zunächst ein Kraftakt, um in die Luft katapultiert zu werden und den überwältigenden Blick von weit, weit oben genießen zu dürfen.

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