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Oberzent-Rothenberg: Selbstversuch beim Segelfliegen

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		Oberzent-Rothenberg:  Selbstversuch beim Segelfliegen

Von Jonas Haaß

Oberzent-Rothenberg. Der Start ist schon echt rasant: Von der Seilwinde gezogen neigt sich das Segelflugzeug nahezu senkrecht nach oben. Das Ganze geht so schnell, dass man erst später realisiert, wie weit oberhalb der Erdoberfläche man inzwischen schon angelangt ist.

Was für den passionierten Segelflieger Alltag sein mag, ist für mich absolutes Neuland - bisher bin ich nur in normalen Passagierjets geflogen. Dass ich mich trotzdem sicher fühle, hat auch etwas mit der Pilotin zu tun: Anja Kohlrausch hält den Weltrekord für weitesten Streckensegelflug, war schon deutsche Meisterin und Vize-Weltmeisterin.

Die Vorstellung, wie bei ihrem Rekordflug in Namibia neun Stunden im beengten Segelflieger zu bleiben, finde ich ziemlich heftig - und habe zugleich Respekt davor, eine solche Leistung zu erbringen. Das Sicherheitsgefühl im Flieger wird auch durch den Fallschirm gesteigert, den man tragen muss.

Als ich frage, ob sie diesen schon jemals benutzen musste, meint Anja Kohlrausch: "Das ist mir und auch Anderen in unserem Verein in Eberbach noch nie passiert". Offensichtlich ist es also ein ziemlich sicherer Sport, den die Mitglieder des Segelflieger-Clubs Eberbach von ihrem Flugplatz in Rothenberg aus betreiben.

Ganz routiniert steuert sie das Flugzeug und erklärt mir, dass sie stets Thermik suchen muss, damit wir in der Luft bleiben. Was das genau ist, verstehe ich erst, als sie mir erklärt, dass es sich dabei um die Aufwinde handelt, die den Segelflieger in der Luft halten. Und darauf sind wir auch wirklich angewiesen: Zwar besitzt der Segelflieger-Club Eberbach auch einen Motorsegler, der neben dem Wind auch einen Motor als Antrieb nutzen kann. Wir sitzen aber in einer doppelsitzigen "SF 34", die keinen Motor besitzt.

Leider finden wir beim ersten Versuch nicht genügend Thermik, und so geht es dann doch recht schnell wieder gen Boden. Die Landung ist dabei deutlich angenehmer, als ich es mir vorgestellt hätte. Wieder gelandet, wird das Flugzeug mit einem kleinen Traktor zurück zur Startposition gezogen. Ein schönes Symbol für die Bodenständigkeit, die das Segelfliegen durchaus ausstrahlt. Klar, beim Fliegen als Sport denken wahrscheinlich die allermeisten erst einmal an eine ziemlich elitäre Veranstaltung.

Dass diese Vorstellung nichts mit der Realität gemein hat, merke ich ziemlich schnell. Alle duzen sich, und vom Vereinsmitglied seit 1964 bis zum neueingestiegenen Jugendlichen sind alle dabei. Und auch die Kosten sind deutlich niedriger, als ich es mir im Vorfeld gedacht hatte: Wer als Segelflugschüler neu einsteigt, zahlt im ersten Jahr 300 Euro, in der zweiten Saison 210 Euro.

"Das ist wie eine Flatrate, da ist eigentlich alles inklusive", sagt der Vorsitzende André Foshag. Und das ist ja nicht wenig: Die Flugzeuge, die Geräte am Boden, das alles kostet Geld. Man spürt aber auch, dass alle hier mit Herzblut dabei sind, so wie Anja Kohlrausch, die sich "ja nicht nur wegen dem Rekord" neun Stunden da rein setzt, sondern weil "es wirklich wahnsinnig Spaß macht".

Aber wie kommt man überhaupt zum Segelfliegen? Die meisten "aus Zufall", meint Anja Kohlrausch. Der 15-jährige Giuliano ist da eine Ausnahme: "Mein Traumberuf ist schon immer Pilot gewesen", erzählt er. Seit Anfang des Jahres nimmt er Flugstunden bei Fluglehrer Dieter Gerbracht.

"Mit allen Gebühren für die Scheine etc. kommt man bei der Ausbildung am Ende ungefähr auf Kosten von 1000 Euro", sagt André Foshag - also weniger, als man für einen normalen Autoführerschein in der Regel zahlt. Bei meinem zweiten Flug mit Anja Kohlrausch wird mir dann klar, warum die aus allen Flugzeugen gut bekannten kleinen Tüten im Flugzeug hängen. Nachdem ich durch den Sucher meiner Kamera geschaut habe, wird mir nach dem total entspannten ersten Flug dann doch etwas übel.

Wohl auch, weil wir relativ lange auf der Suche nach Auftrieb in engen Kurven gekreist sind. Da hilft nur Anjas Tipp, konzentriert in Richtung Horizont zu schauen. Trotzdem bin ich froh, als wir ohne größere Komplikationen am Boden ankommen. Bei meinem dritten und letzten Flug darf ich dann eine Runde mit Fluglehrer Dieter Gerbracht drehen.

Er erklärt mir die verschiedenen Instrumente: Geschwindigkeit, Senken oder Steigen in Meter pro Sekunde, Höhe und Flugzeuge in der Nähe werden angezeigt. Auch wenn wir an diesem Tag nicht wirklich Glück mit dem Wind haben und nicht so weit kommen: Der Ausblick ist auch so super.

Fazit: Segelfliegen macht wahnsinnig viel Spaß. Und es ist wirklich nicht nur ein Vergnügen für alle, die zu viel Geld übrig haben. Zwar ist die diesjährige Saison bald zu Ende, im März geht der "Betrieb" auf dem Flugplatz in Rothenberg wieder los. Ich kann nur jedem raten, es selbst zu versuchen. Es lohnt sich!

Info: Kontakt zum Segelflieger-Club Eberbach e.V. über die Homepage des Vereins www.sce-rothenberg.de 

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