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Sommerfest des LSV Weinheim: Darum ist ein zweites Ramstein heute kaum vorstellbar

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		Sommerfest des LSV Weinheim:  Darum ist ein zweites Ramstein heute kaum vorstellbar

Von Philipp Weber

Weinheim. Nicole Ostwald, 50, ist Sprecherin des Luftsportvereins (LSV) Weinheim, der am Wochenende sein Sommerfest ausrichtet. Im Vorfeld des Fests, das zahlreiche Vorführungen von Segel- und Motorkunstfliegern beinhaltet, spricht die praktizierende Internistin im Interview über die Folgen der Flugkatastrophe von Ramstein, über Sicherheitsbestimmungen, aber auch über die unbändige Freude am Fliegen.

Frau Ostwald, vor 30 Jahren forderte das Unglück von Ramstein 70 Todesopfer. Können Sie sich noch an diesen Tag erinnern?

Ich war auf dem Flugplatz. Damals flog ich in der Segelfliegergemeinschaft Backnang (Raum Stuttgart, Anm. d. Red.). Von dem Unglück haben wir erst am Abend erfahren, in den Nachrichten. Internet auf Smartphones gab es 1988 ja noch nicht. Die Betroffenheit war groß. Auch am nächsten Tag an der Uni drehten sich die Gespräche darum. Auf mein Hobby hatte das aber kaum Auswirkungen: Die Katastrophe hatte sich bei der Show einer Jetformation ereignet. Solche schweren Flugzeuge hatten wir nicht.

Die Geschichte hat mich erst 2016 eingeholt, als der LSV Weinheim zum ersten Mal die Motorkunstfliegerformation der Royal Jordanian Falcons (diese kommen dieses Jahr nicht, Anm. d. Red.) zu Gast hatte. Dagegen gab es durchaus Bedenken. Aber mit den Risiken, die man in Ramstein eingegangen war, lässt sich das absolut nicht vergleichen.

Was tut der LSV, um die Zuschauer zu schützen?

Seit Ramstein sind die Auflagen immer weiter verschärft worden. Bei Flugschauen darf zum Beispiel nur in einer sogenannten Kunstflugbox geflogen werden. Das ist ein genau definierter Raum in der Luft, der horizontal eine Entfernung von mindestens 100 bis 230 Metern von der ersten Zuschauerlinie aufweisen muss - je nach Gewicht und Anzahl der Flugzeuge. Damit Sie sich das vorstellen können: In Weinheim liegt diese Zone hinter der Absperrung, dem Stellplatz für Flugzeuge, der Start- und Landebahn und dem unmittelbar angrenzenden Acker.

Außerdem dürfen Flugfiguren auf keinen Fall auf das Publikum zu geflogen werden. Ein Unglück unter Beteiligung von Zuschauern ist also ausgeschlossen, wenn alle Auflagen eingehalten werden. Deshalb will das Regierungspräsidium in Karlsruhe das Programm mit allen Flugfiguren vorab sehen. Bei Formationsflügen wird außerdem ein Abnahmeflug verlangt. Auch für den vertikalen Abstand zum Publikum gibt es Regelungen. Um als Segelkunstfliegerin bis auf 100 Meter Höhe heruntergehen zu dürfen, muss ich vor der Vorführung mindestens 30 Trainingsflüge absolviert haben. Die letzten drei davon im Monat davor. Langer Rede kurzer Sinn: Die Sicherheit des Publikums genießt allerhöchste Priorität.

Haben Sie in Ihrer Zeit als aktive Segelfliegerin schon brenzlige Situationen erlebt?

Nein, nie.

Soll das im Umkehrschluss heißen, dass der Segelkunstflug eine vollkommen sichere Sache ist?

Der Segelkunstflug erhöht sogar die Sicherheit beim Fliegen. Zunächst allein aus Trainingsgründen: Um die Kunstfluglizenz zu erhalten, braucht man 150 Kunstflugstunden. Dabei lernen die Piloten von der Pike auf, wie sie mit Luftströmungen und dem gefürchteten Trudeln umgehen. Vor Letzterem habe ich keine Angst, weil ich durch den Kunstflug gelernt habe, wie ich die Maschine wieder rausbringe.

Verglichen mit anderen Flugschauen in der Region ist das LSV-Sommerfest groß. Es dauert zwei Tage und enthält Vorführungen mit Motor- und Segelkunstfliegern sowie weitere Angebote. Ist der Raum Weinheim sehr luftsportaffin?

Innerhalb unseres Dachverbands, den Nordbadischen Fliegergruppen, sind wir tatsächlich ein größerer Verein. Außerdem haben wir - anders als andere Vereine - auch die nötige Infrastruktur, um so ein Fest ausrichten zu können. Es liegt aber auch in der Tradition des Vereins, Veranstaltungen auszurichten. Früher fanden große Jugendzeltlager statt. Auch das Sommerfest existiert schon seit den 1970er-Jahren. Unser Ziel ist und bleibt es, den Flugsport attraktiv, aber auch familienfreundlich darzustellen. Deshalb verlangen wir auch keinen Eintritt, sodass man alle Kunstflug-Vorführungen kostenlos verfolgen kann. Und wir wollen damit die Begeisterung für den Flugsport wecken.

Zuletzt eine persönliche Frage: Liedermacher Reinhard Mey singt davon, dass sich die Freiheit über den Wolken "grenzenlos" anfühle. Hat er recht?

Mey ist Motorflieger. Wir Segelflieger bewegen uns nicht über, sondern unter den Wolken. Trotzdem weiß ich, was er meint - und kann es nachvollziehen. Wenn man frei fliegt, die Luft um das Flugzeug herumströmt und die Landschaft Miniaturformat annimmt, scheinen Probleme wirklich "nichtig und klein" zu werden. Die Segelfliegerei bildet aber noch viel mehr ab. Sportlich ehrgeizige Hochleistungspiloten etwa versuchen, lange Strecken durchzuhalten. Dazu braucht man eine Menge Fitness. Andere fliegen eher zur Entspannung, so wie ich das tue.

Fliegen ist aber auch ein Hobby, das alle Altersklassen einbezieht. Mein 79 Jahre alter Vater ist ebenso aktiv wie meine Tochter. Aber auch auf Vereinsebene geht es zu wie in einer großen Familie. Man macht gemeinsame Urlaube, die jungen Mitglieder gehen abends gemeinsam aus, man hilft sich bei Umzügen. Hobbyflieger sind keineswegs elitär - sondern sehr solidarisch.

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